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So, 18:22 Uhr
27.10.2013

Lochthofen las und begeisterte

Noch vor Beginn der Lesung stand ein gut gelaunter Sergej Lochthofen im Foyer des Kinos und begrüßte sein Publikum. Er war begeistert – nachdem er bereits in Nordhausen, im Eichsfeld und auf der Burg in Großbodungen gelesen hatte, hier in Bleicherode immer noch auf eine so große Zuhörerschaft zu treffen...

Lochthofen in Bleicherode (Foto: Regina Englert) Lochthofen in Bleicherode (Foto: Regina Englert)

Rund einhundert Menschen hatten sich auf den Weg gemacht ihn zu erleben. Selbst aus Halle war ein Ehepaar angereist; in ihrer Stadt hatte es keine Lesung gegeben. Ein Abend mit Lochthofen ist ein Gesamtpaket – erzählen, lesen, Grammophonmusik abspielen, Rede und Antwort stehen, Buch signieren, alles in großer Gelassenheit und mit durchaus trockenem Humor.

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Da sitzt der schlanke grauhaarige Mann allein im Halbdunkel auf der Bühne und erzählt vom Leben seiner Familie im russischen Straflager und später in der DDR. Das freie Wort liegt ihm am Herzen und macht diesen Abend so lebendig. Wie war es als Kind in einem Straflager aufzuwachsen, zwischen Wachtürmen, Hunden und Gefangenen zu spielen? Warum waren in Workuta überhaupt so viele hochkarätige Wissenschaftler inhaftiert? Bei der Arbeit mit der Schaufel unter Tage konnten diese Männer nicht wirklich produktiv sein.

Doch darum ging es auch gar nicht. Bei -40 Grad Celsius sollten in der Tundra Rohstoffe gefunden und gewonnen werden. Da ging niemand freiwillig hin, nicht einmal für Geld. Mit fadenscheinigen Begründungen wurden also Lehrer, Professoren und Ingenieure inhaftiert, um dort zu arbeiten. Knallharte ökonomische Gründe zwangen ganze Familien ins vom Kohlestaub schwarz gefärbte Eis.

Lochthofen in Bleicherode (Foto: Regina Englert) Lochthofen in Bleicherode (Foto: Regina Englert)

Lochthofen berichtet, dass viele seiner Zuhörer froh sind, dass diese Geschichte endlich erzählt wird. Betroffene haben oftmals bis 1990 sogar innerhalb der eigene Familie geschwiegen, aus Angst, dass die Kinder unbedacht in der Schule darüber sprechen könnten. Das Ergebnis wäre eine erneute Inhaftierung gewesen und das wollte niemand riskieren.

Eigentlich hätte man all dies nachlesen können, sein Buch „Schwarzes Eis“ ist nun über ein Jahr auf dem Markt. Was hatte also die Bleicheröder Zuhörerschaft trotzdem ins Kino gelockt? Der Autor selbst hatte für Klaus Schweineberg, wie für viele andere auch, die meiste Zugkraft. Als erster Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen ist er eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Margot Keßler hingegen lag die Aufarbeitung der Geschichte am Herzen, sie habe noch niemanden kennengelernt, der je bereit war darüber zu sprechen. Bernd Reinhardt hatte das Buch gelesen: „Ich bin sehr gespannt, wie Lochthofen die Geschichte nun persönlich rüberbringt.“ Seine Frau erzählte derweil, dass sie das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe.

Dass es begeistern muss, zeigten die vielen Exemplare, die plötzlich aus den Taschen gezogen wurden, als Lochthofen anfing zu signieren. Doch auch wer noch keines besaß, hatte Glück. Buchhaus Rose hatte auf Bitten der Bibliothekarin Monika Thiesler einen Büchertisch aufgebaut, so dass niemand ohne persönliche Signatur nach Hause gehen musste. Das volle Kino und der große Applaus am Ende eines unterhaltsamen und informativen Abends waren für Monika Thiesler ein schöner Beweis, dass sich ihr Engagement diesen Abend zu initiieren wirklich gelohnt hatte.

Diese Veranstaltung fand im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche „Treffpunkt Bibliothek“ statt, die durch den Freistaat Thüringen und die Sparkassen- und Kulturstiftung Hessen-Thüringen gefördert wird.
Regina Englert
Autor: red

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