Fr, 15:39 Uhr
14.10.2022
Rathausplatz Nordhausen
LastSeen-Ausstellung eröffnet
Gestern wurde die mobile Ausstellung #LastSeen auf dem Rathausplatz in Nordhausen durch Oberbürgermeister Kai Buchmann, PD Dr. Karsten Uhl, Leiter KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora und Dr. Wolfram G. Theilemann, Leiter Stadtarchiv als Vertretung für die Arolsen Archives, eröffnet...
Die Ausstellung auf der Ladefläche eines historischen LKWs ist Teil einer neuen Initiative der Arolsen Archives. Es geht dabei um die Suche nach bisher unbekannten Fotos von NS-Deportationen und ein tieferes Verständnis der Bilder.
Wir benötigen als Stadt und Gesellschaft neue Formate und Projekte, um unsere um das Erinnern für kommende Generationen wach zu halten. Der jüngst an der Hochschule Nordhausen gezeigte Film Colette über die Reise eine Frau aus Frankreich nach Nordhausen sowie die Projekte LastSeen und Faces for The Names ergänzen Gedenktermine, den Schulunterricht und die Arbeit der Gedenkstätte. Mehr noch, bringen die Bilder der Menschen, die hier und anderswo tausend- und millionenfaches Leid erfuhren, sie zurück in unsere Stadt, unsere Gesellschaft, unserer Mitte, so Oberbürgermeister Kai Buchmann.
Den Leidensweg von Jakob Gerste stellte PD Dr. Karsten Uhl im Rahmen der Eröffnung vor: Der Sinto wurde bei Gotha geboren und lebte mit seinen Eltern seit den 1930ern in Nordhausen. Schon als 14-Jähriger musste er schwerste Zwangsarbeit in Nordhausen leisten. Mit 16 Jahren wurde er mit seinen Familienangehörigen im März 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Fast alle Angehörigen – bis auf seine Schwester Emma – wurden dort ermordet. Jakob Gerste aber galt als arbeitsfähig und wurde im April 1944 nach Buchenwald transportiert. Kurze Zeit später kam er zurück nach Nordhausen: in das KZ Mittelbau-Dora, wo er im Stollen Zwangsarbeit für die Rüstungsproduktion leisten musste. Anfang April 1945 wurde das Lager vor den anrückenden amerikanischen Truppen geräumt – Jakob Gerste überlebte diesen Todesmarsch und wurde in Bergen-Belsen befreit. Soweit wir wissen, ist dies der einzige Fall eines Nordhäusers, der zunächst zur geplanten Ermordung in ein Vernichtungslager in den Osten verschleppt wurde und dann zurück nach Nordhausen – ins KZ Mittelbau-Dora - gebracht wurde, um dort als KZ-Zwangsarbeiter ausgebeutet zu werden.
Wenn wir an Deportationen denken, dann haben wir oft Bilder von Zügen vor Augen, von Viehwaggons, Gleisen und Bahnrampen. Doch vielerorts waren es LKW, die die Deportierten auf dem Weg zu den großen Sammelpunkten und Deportationsbahnhöfen zuerst besteigen mussten. Daran erinnert der LKW, den Sie hier sehen. Dieser Mercedes-LKW stammt aus den 1950er Jahren, doch baugleiche Modelle kamen auch in den 1930er Jahren bei Deportationen häufig zum Einsatz. In einer aufwendigen Recherche suchen wir in Archiven, Nachlässen und lokalhistorischen Publikationen nach bisher unbekannten Fotografien. Wir gehen aber auch davon aus, dass es noch Fotos in Privatbesitz gibt auf Dachböden oder in Kellern, in Familienalben oder Schuhkartons. Die Ausstellung #LastSeen ist also ausdrücklich auch eine Einladung an Sie, die Besucherinnen und Besucher, sich an dieser Recherche zu beteiligen. Suchen Sie in Ihrem eigenen Umfeld nach Bildern, helfen Sie uns bei der Identifizierung von Personen und Orten. Wenn Sie selbst Fotos kennen oder besitzen, die eine Deportation zeigen könnten, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Alle Informationen dazu finden Sie auf unserer Website lastseen.org oder im Flyer zur Ausstellung, so das Grußwort Dr. Alina Bothe, Projektleiterin von #LastSeen.
Noch bis zum 25. Oktober ist der LastSeen-LKW vor dem Rathaus zugänglich. Danach folgen in 2023 die Städte in Düsseldorf, Bad Driburg und Dortmund.
Autor: redDie Ausstellung auf der Ladefläche eines historischen LKWs ist Teil einer neuen Initiative der Arolsen Archives. Es geht dabei um die Suche nach bisher unbekannten Fotos von NS-Deportationen und ein tieferes Verständnis der Bilder.
Wir benötigen als Stadt und Gesellschaft neue Formate und Projekte, um unsere um das Erinnern für kommende Generationen wach zu halten. Der jüngst an der Hochschule Nordhausen gezeigte Film Colette über die Reise eine Frau aus Frankreich nach Nordhausen sowie die Projekte LastSeen und Faces for The Names ergänzen Gedenktermine, den Schulunterricht und die Arbeit der Gedenkstätte. Mehr noch, bringen die Bilder der Menschen, die hier und anderswo tausend- und millionenfaches Leid erfuhren, sie zurück in unsere Stadt, unsere Gesellschaft, unserer Mitte, so Oberbürgermeister Kai Buchmann.
Den Leidensweg von Jakob Gerste stellte PD Dr. Karsten Uhl im Rahmen der Eröffnung vor: Der Sinto wurde bei Gotha geboren und lebte mit seinen Eltern seit den 1930ern in Nordhausen. Schon als 14-Jähriger musste er schwerste Zwangsarbeit in Nordhausen leisten. Mit 16 Jahren wurde er mit seinen Familienangehörigen im März 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Fast alle Angehörigen – bis auf seine Schwester Emma – wurden dort ermordet. Jakob Gerste aber galt als arbeitsfähig und wurde im April 1944 nach Buchenwald transportiert. Kurze Zeit später kam er zurück nach Nordhausen: in das KZ Mittelbau-Dora, wo er im Stollen Zwangsarbeit für die Rüstungsproduktion leisten musste. Anfang April 1945 wurde das Lager vor den anrückenden amerikanischen Truppen geräumt – Jakob Gerste überlebte diesen Todesmarsch und wurde in Bergen-Belsen befreit. Soweit wir wissen, ist dies der einzige Fall eines Nordhäusers, der zunächst zur geplanten Ermordung in ein Vernichtungslager in den Osten verschleppt wurde und dann zurück nach Nordhausen – ins KZ Mittelbau-Dora - gebracht wurde, um dort als KZ-Zwangsarbeiter ausgebeutet zu werden.
Wenn wir an Deportationen denken, dann haben wir oft Bilder von Zügen vor Augen, von Viehwaggons, Gleisen und Bahnrampen. Doch vielerorts waren es LKW, die die Deportierten auf dem Weg zu den großen Sammelpunkten und Deportationsbahnhöfen zuerst besteigen mussten. Daran erinnert der LKW, den Sie hier sehen. Dieser Mercedes-LKW stammt aus den 1950er Jahren, doch baugleiche Modelle kamen auch in den 1930er Jahren bei Deportationen häufig zum Einsatz. In einer aufwendigen Recherche suchen wir in Archiven, Nachlässen und lokalhistorischen Publikationen nach bisher unbekannten Fotografien. Wir gehen aber auch davon aus, dass es noch Fotos in Privatbesitz gibt auf Dachböden oder in Kellern, in Familienalben oder Schuhkartons. Die Ausstellung #LastSeen ist also ausdrücklich auch eine Einladung an Sie, die Besucherinnen und Besucher, sich an dieser Recherche zu beteiligen. Suchen Sie in Ihrem eigenen Umfeld nach Bildern, helfen Sie uns bei der Identifizierung von Personen und Orten. Wenn Sie selbst Fotos kennen oder besitzen, die eine Deportation zeigen könnten, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Alle Informationen dazu finden Sie auf unserer Website lastseen.org oder im Flyer zur Ausstellung, so das Grußwort Dr. Alina Bothe, Projektleiterin von #LastSeen.
Noch bis zum 25. Oktober ist der LastSeen-LKW vor dem Rathaus zugänglich. Danach folgen in 2023 die Städte in Düsseldorf, Bad Driburg und Dortmund.
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