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Sa, 11:06 Uhr
09.10.2021
Zum Gedenken an Dr. Hans Silberborth

Wer wandern will

Jetzt im Herbst wäre eine Wanderung in das Kirchholz zu empfehlen, nördlich von Nordhausen gelegen, auf dessen höchstem Punkt die Gaststätte Harz-Rigi steht. Heidelore Kneffel war hier unterwegs, auch im Gedenken an einen Nordhäuser Historiker...

Dieser Landschaftsteil hat sich in letzter Zeit sehr verändert, er muss sich neu finden. Der Borkenkäfer hat auch hier voll gewütet und den Fichtenbestand arg angegriffen. Man kann nun sehen, wie sich die Natur nach dem Abholzen entwickelt. Ein Ziel könnte bei dieser Wanderung die Gedenkstätte/Grabstätte eines Mannes sein, dessen Todestag der 9. Oktober 1949 war, der sich um die Nordhäuser Geschichte und die der Region, die diese Stadt umgibt, verdient gemacht hat, Dr. Hans Silberborth.

Die Ruhestätte Dr. Silberborths bei Harzrigi (Foto: Heidelore Kneffel) Die Ruhestätte Dr. Silberborths bei Harzrigi (Foto: Heidelore Kneffel)


In Nordhausen weist auch die Dr.-Silberborth-Straße nahe des Petersberges, vormals Schützenstraße, auf ihn hin. Am 9. 10. 1999 veranlasste der Geschichts- und Altertums-Verein das Anbringen einer Erinnerungstafel an dem Eckhaus Wilhelm-Nebelung-Straße und Löbnitzstraße, wo er mehrere Jahre gewohnt hatte. Dieser „Geschichtsschreiber“ der Stadt, wie man ihn auch gern bezeichnet, hatte sich diesen Platz in der Natur als seine Ruhestätte ausgesucht. Hier, nahe der Stadt, in der er ab 1913 bis 1937 als Lehrer am Realgymnasium tätig war, verehrt von der Schülerschaft, geachtet von der Bürgerschaft, wollte er begraben sein. Am 21. Mai 1950 wurde an diesem intimen Plätzchen des Kirchholzes seine Urne in feierliche Form beigesetzt. Ein großer, heller Braunkohlenquarzit, dessen Oberflache relativ glatt wirkt, mit schwarzen Schriftzeichen besetzt, weist auf ihn hin, eine immergrüne Eibe umgibt diesen von hinten und von den Seiten. Ein kleines Halbrund vor dem Stein gibt Raum für Blumenschmuck, der mit den Jahren immer seltener wurde. Zwei Bänke laden zum Verweilen ein, sie wurden kürzlich vom Nordhäuser Umweltamt erneuert, angeregt vom Denkmalbeirat, da sie morsch geworden waren. Sie sind so angeordnet, dass man von der einen in die Landschaft schauen kann. Der Blick reicht über die Hügelungen bis hin zum Kyffhäusergebirge. Die zweite Bank gewährt einen Blick hin zur Grabstätte. Die Zeit bleibt ja nicht stehen, so dass diese Blicke durch nachgewachsenes Gebüsch nicht mehr uneingeschränkt möglich waren. Auch da sind Mitarbeiter des Nordhäuser Umweltamtes tätig.
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Silberborth, der Deutsch, Geschichte und Erdkunde studiert hatte, ist nur 63 Jahre geworden, denn seine Gesundheit war geschwächt durch heftiges Rheuma und ein starkes Augenleiden. Deshalb wurde er im November 1916 als dienstuntauglich aus der Armee entlassen, so dass er weiterhin in Nordhausen als Lehrer und Forschender tätig sein konnte. Nach Magdeburg, wo er am 30. Januar 1887 geboren worden war, wollte er nicht zurück, denn die Landschaft um die Stadt zwischen Harz und Kyffhäuser hatte es ihm angetan, die er ausgiebig erwanderte. 1921 wollte er die Menschen dieser Breiten daran teilhaben lassen, er verfasste sein Büchlein „Wer wandern will. 84 Ausflüge in die Umgebung Nordhauses: Südharz, Kyffhäuser, Hainleite, Bleicheröder Berge u. nahes Eichsfeld.“ Die Schrift verkaufte sich gut, die in Wimmer’s Buchhandlung Markt 3 in Nordhausen herauskam. Im Nordhäuser Archiv hat sich ein Exemplar erhalten.

Ich habe mir eines in der Fernleihe ausgeliehen, so dass ich die 87 Seiten der Wanderungen in mich aufnehmen konnte. Hinzu kommen im Anhang zahlreiche Anzeigen, die für uns heute noch zusätzliche Auskünfte über die Region geben. Silberborth führt die Wandernden mit Versen von Joseph Viktor von Scheffel zu seinem Text: „Mir ist zum Geleite / In lichtgoldnem Kleide / Frau Sonne bestellt; /Sie wirft meinen Schatten / Auf blumige Matten, / Ich fahr‘ in die Welt.“ In seinem Vorwort weist er auf seine Intensionen hin, z. B. mit den Worten: „ …, daß im kleinen … beschränkten Kreise der Heimat doch die Geschichte der ganzen Menschheit lebendig ist und das in den Wundern der engen heimatlichen Natur doch die Schönheit der ganzen weiten Gottesnatur gesehen und begriffen werden kann.“ Das Inhaltsverzeichnis listet von A bis Z alles auf, was der Autor vorstellt, von Achat bis Zorgeblick. Die Stichwörter umfassen über sieben Seiten, zweispaltig gedruckt. Für die historischen Fakten waren ihm die Schriften von Karl Meyer und Heinrich Heine unentbehrlich. Sein Hauptratgeber jedoch waren seine Augen. Es handelt sich um Ausflüge, die in Nordhausen starten, und bis auf eine Ausnahme einen Tag umfassen.

Blick von der Grabstätte Silberborths (Foto: Heidelore Kneffel) Blick von der Grabstätte Silberborths (Foto: Heidelore Kneffel)


Die Marschdauer ist in Stunden angegeben, wobei 1 km etwa 12 Minuten dauert. Zuerst wird Nordhausen und seine nähere Umgebung erwandert. Ich greife die Route heraus, die über die Stolberger Landstraße Richtung Harz-Rigi hin zum Kirchholz führt, das aus Buntsandstein besteht. Es zeigt sich ihm als unbewaldeter Hügel, die höchste Erhebung beträgt 327 Meter. Von hier bietet sich 1920/21 ein „wundervolles Panorama. Im Westen erblickt man die Bleicheröder Berge, die Hasenburg, das Ohmgebirge mit den seltsamen Formen … Im Süden liegt die Aue mit ihren lachenden Fluren. Auf dem langen Zug der Hainleite erblickt man den Aussichtsturm auf dem Possen. Im Südosten, steil nach Ost und Nord abfallend, erhebt sich der sagenumwobene Kyffhäuser, dessen Denkmal zumeist deutlich erscheint. Sogar die Rotenburg ist bei guter Fernsicht sichtbar … im Norden erscheint der Rand des Harzes … Am schönsten ist der Rundblick bei halbbedecktem Himmel gegen Abend. Wenn die Wolkenschatten über die rötlichen Felder der Goldenen Aue spielen, … genießt man ein unvergleichliches Bild.“ Nach diesem Wanderbuch wandte sich Silberborth intensiv der wissenschaftlichen Erforschung der hiesigen Historie zu. Aber das ist ein anderes Kapitel in seinem Leben. Damit sein Wirken lebendig bleibt, wären Lesungen aus seinen Werken in der Stadt, von der er sagte, dass sie sein Schicksal sei, sehr angesagt.
Heidelore Kneffel
Autor: red

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