Mi, 15:00 Uhr
14.04.2021
Hinter verschlossenen Türen wird Gutachten vorgestellt
Gibt Nordhausen den ÖPNV ab oder nicht?
Am späten Nachmittag treffen sich die Nordhäuser Stadträte in der Ballspielhalle. Diesmal jedoch steht keine Sitzung des Stadtrates an, sondern die Vorstellung eines Gutachtens, wie es mit dem öffentlichen Verkehr in Nordhausen weitergehen soll…
Den Takt könnte künftig der Landkreis bestimmen. (Foto: nnz)
Die Öffentlichkeit ist dazu nicht eingeladen, auch im Stadtratskalender ist davon nichts zu finden. Komisch, denn ÖPNV geht doch eigentlich alle Nordhäuser etwas an. Die allerdings machen sich keine Gedanken, wie der Transport von Männlein oder Weiblein aller Altersklassen finanziert werden soll. Dafür wurden die Stadträte gewählt.
Bislang war das eigentlich kein Problem in Nordhausen, denn der Querverbund zwischen dem Energielieferanten und der Verkehrsgesellschaft sowie der Badehaus GmbH lief problemlos. Die Gewinne des einen schlossen die Finanzierungslücken des anderen. Das aber ist seit Jahren immer schwieriger geworden, denn die Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Gas sind nicht nur in Nordhausen geschmolzen. So sehr, dass die Stadt vermutlich ab dem kommenden Jahr Zuschüsse zahlen müsste, um das Fahren von Bussen und Straßenbahn zu garantieren. 916.000 Euro sollen es 2022 sein, zwei Jahre später sogar 1,337 Millionen Euro. So steht es zumindest in einem Gutachten der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Der Rathausspitze gefällt das überhaupt nicht und so wurde die mögliche Rückgabe des Öffentlichen Personennahverkehrs an den Landkreis in den Ring der politischen Diskussion geworfen. Einfach mal so, doch die Stadträte, voran die Fraktion der AfD, wollten das Schwarz auf Weiß, wollten belastbare Zahlen, um letztlich eine Entscheidung zu treffen, ob man dem Ansinnen der Verwaltung nachkommen sollte oder nicht. Das Gutachten ist geschrieben, wird allerdings irgendwie geheim gehalten, zumindest vor der interessierten Öffentlichkeit.
Mit dem Ersteller des Gutachtens blieb man sich treu. Wie im Jahr 2015 wurde die BDO beauftragt. Damals kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass der ÖPNV weiterhin in städtischer Hand bleiben solle, dem schlossen sich die Fachämter des Rathauses an und so beschloss es der Stadtrat Ende 2015. Damals allerdings flossen noch drei Millionen Euro innerhalb der HVV von der EVN an die Verkehrsgesellschaft Nordhausen.
Zurück zur heutigen Zusammenkunft und dem über 30 Seiten schweren” Gutachten der BDO. Sie kommt zu dem Schluss: Die Rückgabe der Aufgabentragerschaft führt dazu, dass sich für die Stadt in unserer Berechnung eine Ersparnis in Höhe von bis zu 18 Prozent der Kosten des städtischen ÖPNV bzw. von bis zu 55 Prozent der ansonsten städtischen Haushaltsbelastung ergibt.” Das bedeutet, dass im kommenden Jahr die Stadt selbst bei Rückgabe der Aufgabenträgerschaft noch 470.000 Euro und zwei Jahre später 735.000 Euro zahlen müsste.
Allerdings weist die BDO auch auf Risiken der Abgabe an den Landkreis hin. So würden diese dadurch entstehen, dass künftig der Landkreis den Einschätzungsspielraum für das angemessene Angebot für den städtischen ÖPNV” vorgeben könne, auch von eventuell zurückzuzahlenden Fördermitteln ist die Rede. Da im Kreistag mehr Mitglieder aus dem Landkreis als aus der Stadt zu finden sind, werden diese nicht tatenlos zusehen, dass in Nordhausen die Straßenbahn alle zehn Minuten über die Gleise rollt, wohingegen in den ländlichen Regionen frühmorgens und am Nachmittag ein Bus ankommt und wieder abfährt. Da wird es Änderungen geben, denn allein durch das Hochsetzen der Taktfrequenz der Straßenbahn, zum Beispiel auf 20 und 30 Minuten könnten Einspareffekte im sechsstelligen Bereich erzielt werden. Berichten Fachleute der nnz.
Sollte es zu Übernahmegesprächen zwischen der Stadt und dem Landkreis kommen, dann entscheidet der Landkreis nicht nur über die Qualität des künftigen Verkehrsangebotes für die Stadt, sondern der Landkreis entscheidet auch über die Durchführungsvariante. Möglich wären die vollständige Übernahme der Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH, die Gründung einer eigenen ÖPNV-Gesellschaft oder eine Ausschreibung der Leistungen.
Bislang, das haben Recherchen der nnz ergeben, gibt es in den Fraktionen ein mehrheitliches Votum gegen eine Rückübertragung des ÖPNV an den Landkreis. Man traute der Verwaltung schon deshalb nicht, weil einfach eine Einsparung von einer Million Euro kommuniziert wurde. Zur endgültigen Entscheidungsfindung soll dann heute die Vorstellung des Gutachtens in der Ballspielhalle dienen. Viel Zeit für eine finale Entscheidung, die einzig und allein der Stadtrat treffen muss, bleibt allerdings nicht, denn der nächste Nahverkehrsplan steht vor der Tür und ein solcher Übergang beanspruche laut Experten eine Zeit von rund zwei Jahren.
Peter-Stefan Greiner
Update: Es gibt das eine neue nnz-Umfrage
Autor: psgDen Takt könnte künftig der Landkreis bestimmen. (Foto: nnz)
Die Öffentlichkeit ist dazu nicht eingeladen, auch im Stadtratskalender ist davon nichts zu finden. Komisch, denn ÖPNV geht doch eigentlich alle Nordhäuser etwas an. Die allerdings machen sich keine Gedanken, wie der Transport von Männlein oder Weiblein aller Altersklassen finanziert werden soll. Dafür wurden die Stadträte gewählt.
Bislang war das eigentlich kein Problem in Nordhausen, denn der Querverbund zwischen dem Energielieferanten und der Verkehrsgesellschaft sowie der Badehaus GmbH lief problemlos. Die Gewinne des einen schlossen die Finanzierungslücken des anderen. Das aber ist seit Jahren immer schwieriger geworden, denn die Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Gas sind nicht nur in Nordhausen geschmolzen. So sehr, dass die Stadt vermutlich ab dem kommenden Jahr Zuschüsse zahlen müsste, um das Fahren von Bussen und Straßenbahn zu garantieren. 916.000 Euro sollen es 2022 sein, zwei Jahre später sogar 1,337 Millionen Euro. So steht es zumindest in einem Gutachten der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Der Rathausspitze gefällt das überhaupt nicht und so wurde die mögliche Rückgabe des Öffentlichen Personennahverkehrs an den Landkreis in den Ring der politischen Diskussion geworfen. Einfach mal so, doch die Stadträte, voran die Fraktion der AfD, wollten das Schwarz auf Weiß, wollten belastbare Zahlen, um letztlich eine Entscheidung zu treffen, ob man dem Ansinnen der Verwaltung nachkommen sollte oder nicht. Das Gutachten ist geschrieben, wird allerdings irgendwie geheim gehalten, zumindest vor der interessierten Öffentlichkeit.
Mit dem Ersteller des Gutachtens blieb man sich treu. Wie im Jahr 2015 wurde die BDO beauftragt. Damals kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass der ÖPNV weiterhin in städtischer Hand bleiben solle, dem schlossen sich die Fachämter des Rathauses an und so beschloss es der Stadtrat Ende 2015. Damals allerdings flossen noch drei Millionen Euro innerhalb der HVV von der EVN an die Verkehrsgesellschaft Nordhausen.
Zurück zur heutigen Zusammenkunft und dem über 30 Seiten schweren” Gutachten der BDO. Sie kommt zu dem Schluss: Die Rückgabe der Aufgabentragerschaft führt dazu, dass sich für die Stadt in unserer Berechnung eine Ersparnis in Höhe von bis zu 18 Prozent der Kosten des städtischen ÖPNV bzw. von bis zu 55 Prozent der ansonsten städtischen Haushaltsbelastung ergibt.” Das bedeutet, dass im kommenden Jahr die Stadt selbst bei Rückgabe der Aufgabenträgerschaft noch 470.000 Euro und zwei Jahre später 735.000 Euro zahlen müsste.
Allerdings weist die BDO auch auf Risiken der Abgabe an den Landkreis hin. So würden diese dadurch entstehen, dass künftig der Landkreis den Einschätzungsspielraum für das angemessene Angebot für den städtischen ÖPNV” vorgeben könne, auch von eventuell zurückzuzahlenden Fördermitteln ist die Rede. Da im Kreistag mehr Mitglieder aus dem Landkreis als aus der Stadt zu finden sind, werden diese nicht tatenlos zusehen, dass in Nordhausen die Straßenbahn alle zehn Minuten über die Gleise rollt, wohingegen in den ländlichen Regionen frühmorgens und am Nachmittag ein Bus ankommt und wieder abfährt. Da wird es Änderungen geben, denn allein durch das Hochsetzen der Taktfrequenz der Straßenbahn, zum Beispiel auf 20 und 30 Minuten könnten Einspareffekte im sechsstelligen Bereich erzielt werden. Berichten Fachleute der nnz.
Sollte es zu Übernahmegesprächen zwischen der Stadt und dem Landkreis kommen, dann entscheidet der Landkreis nicht nur über die Qualität des künftigen Verkehrsangebotes für die Stadt, sondern der Landkreis entscheidet auch über die Durchführungsvariante. Möglich wären die vollständige Übernahme der Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH, die Gründung einer eigenen ÖPNV-Gesellschaft oder eine Ausschreibung der Leistungen.
Bislang, das haben Recherchen der nnz ergeben, gibt es in den Fraktionen ein mehrheitliches Votum gegen eine Rückübertragung des ÖPNV an den Landkreis. Man traute der Verwaltung schon deshalb nicht, weil einfach eine Einsparung von einer Million Euro kommuniziert wurde. Zur endgültigen Entscheidungsfindung soll dann heute die Vorstellung des Gutachtens in der Ballspielhalle dienen. Viel Zeit für eine finale Entscheidung, die einzig und allein der Stadtrat treffen muss, bleibt allerdings nicht, denn der nächste Nahverkehrsplan steht vor der Tür und ein solcher Übergang beanspruche laut Experten eine Zeit von rund zwei Jahren.
Peter-Stefan Greiner
Update: Es gibt das eine neue nnz-Umfrage
Kommentare
Kontrapost
15.04.2021, 08.58 Uhr
Das Straßenbahngutachten muss öffentlich sein
Schlimm, das man im Rathaus im Jahr 2021 so etwas unter Verschluss hält. Das Gegenteil müsste der Fall sein, nämlich das Angebot zu einer breiten Diskussion.
Hier geht es um erhebliche Summen und um ein Kernstück der Stadtidentität. Dieses Misstrauen gegen den Bürger ist unverschämt.
Hier geht es um erhebliche Summen und um ein Kernstück der Stadtidentität. Dieses Misstrauen gegen den Bürger ist unverschämt.
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leon28
15.04.2021, 09.22 Uhr
ÖPNV in Nordhausen
Leider muss man feststellen, dass die Stadt Nordhausen in letzten Jahren nichts daran getan hat um mehr Fahrgäste in die Straßenbahn zu bekommen oder das Netz auszubauen, bez. zu erweitern. ich könnte mir eine Verlängerung der Linie 1 vom Bahnhof über Bochumerstraße bis nach Salza vorstellen. Hier besteht auch das Fahrgastpotenzial was die Steuermittel rechtfertigt.
Sollte sich die Politiker zur Taktausdünnung entschließen, dann wäre dass der Anfang vom Ende der Nordhäuser Straßenbahn.
Auch sollten sich die Stadtobersten daran erinnern, dass die Stadt 1991 nach 2 Gutachten entschieden haben die Straßenbahn auszubauen und nicht einzustellen.
Das ist Meinung von Leon_28
Sollte sich die Politiker zur Taktausdünnung entschließen, dann wäre dass der Anfang vom Ende der Nordhäuser Straßenbahn.
Auch sollten sich die Stadtobersten daran erinnern, dass die Stadt 1991 nach 2 Gutachten entschieden haben die Straßenbahn auszubauen und nicht einzustellen.
Das ist Meinung von Leon_28
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Boris Weißtal
15.04.2021, 10.04 Uhr
gut argumentiert
im Artikel, diese Münze hat in der Tat zwei Seiten. Solange die Stadt im Boot bleibt, behält sie das Sagen aber auch die Sorgen (Kosten) für den ÖPNV im Stadtgebiet.
Desaströs und unverantwortlich ist daher das Verhalten der SPD. Im Stadtrat fordern die Genossen ständig kürzere Taktungen der für Nordhausen kaum noch finanzierbaren Straßenbahn und gefährden somit des Nordhäusers liebstes Kind. Gleichzeitig bringen Jendrickes Lakaien im Stadtrat regelmäßig zu Wahlkampfzeiten unbezahlbare Ausbaupläne der Straßenbahn ins Spiel (Mc-Donalds-Express nach Bielen, Wackerfankutschen nach Krimderode). Somit zwingt die SPD die verantwortlich Denkenden in der Stadt dazu, den ÖPNV an den Landkreis abzugeben.
Ist dies erstmal geschehen, kommt das böse Erwachen:
- Taktungen werden zwangsläufig erheblich verlängert,
- Ausbaupläne verschwinden,
- die Kreisumlage wird massiv erhöht, um das Defizit durch die Straßenbahn zu bezahlen,
- die Landkreisgemeinden revoltieren und stellen die Straßenbahn in Frage UND
- der Landkreis kann seine kriselnde Service GmbH nicht mehr länger heimlich durchfüttern.
Konsequenzen für die Stadt:
- massive Verschlechterung des ÖPNV
- trotz höherer Kreisumlage und evtl. zurück zu zahlender Zuschüsse wird die Stadt viel mehr Geld sparen und endlich andere wichtige Projekte finanzieren können
- die Existenz der Straßenbahn wird durch den Landkreis zwangsläufig irgendwann in Frage gestellt.
Reaktion von Matthias Jendricke:
Wie immer! Schuld ist immer der ANDERE, egal ob er Joachim Claus, Klaus Zeh oder Kai Buchmann heißt...
Desaströs und unverantwortlich ist daher das Verhalten der SPD. Im Stadtrat fordern die Genossen ständig kürzere Taktungen der für Nordhausen kaum noch finanzierbaren Straßenbahn und gefährden somit des Nordhäusers liebstes Kind. Gleichzeitig bringen Jendrickes Lakaien im Stadtrat regelmäßig zu Wahlkampfzeiten unbezahlbare Ausbaupläne der Straßenbahn ins Spiel (Mc-Donalds-Express nach Bielen, Wackerfankutschen nach Krimderode). Somit zwingt die SPD die verantwortlich Denkenden in der Stadt dazu, den ÖPNV an den Landkreis abzugeben.
Ist dies erstmal geschehen, kommt das böse Erwachen:
- Taktungen werden zwangsläufig erheblich verlängert,
- Ausbaupläne verschwinden,
- die Kreisumlage wird massiv erhöht, um das Defizit durch die Straßenbahn zu bezahlen,
- die Landkreisgemeinden revoltieren und stellen die Straßenbahn in Frage UND
- der Landkreis kann seine kriselnde Service GmbH nicht mehr länger heimlich durchfüttern.
Konsequenzen für die Stadt:
- massive Verschlechterung des ÖPNV
- trotz höherer Kreisumlage und evtl. zurück zu zahlender Zuschüsse wird die Stadt viel mehr Geld sparen und endlich andere wichtige Projekte finanzieren können
- die Existenz der Straßenbahn wird durch den Landkreis zwangsläufig irgendwann in Frage gestellt.
Reaktion von Matthias Jendricke:
Wie immer! Schuld ist immer der ANDERE, egal ob er Joachim Claus, Klaus Zeh oder Kai Buchmann heißt...
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Gudrun1974
15.04.2021, 10.41 Uhr
Rathaus will Arbeit abgeben
Klar, liebe Stadtoberen, immer weiter alles, was Arbeit macht abgeben und NDH weiter schwach machen.... Wofür werdet ihr aber eigentlich noch bezahlt?
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wyski
15.04.2021, 10.58 Uhr
Frage
Wann werden die Ortsteile ans Strassenbahnnetz angebunden.
Es wurde ja mal vor Jahren diskutiert !
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