Mi, 06:09 Uhr
12.07.2017
nnz-doku
Jürgen Hohberg schreibt offenen Brief
Seit Jahren schleppt die Nordhäuser Kreisverwaltung in ihrem Haushalt einen Soll-Fehl-Betrag von rund 20 Millionen Euro mit sich herum. Alle Bemühungen, diesen Betrag abzubauen, seien gescheitert. Das habe Ursachen, die nicht der Landkreis zu verantworten habe, schreibt Jürgen Hohberg in einem offenen Brief an die Landesregierung...
Hohberg ist seit Jahren der Vorsitzende des Finanzausschusses im Kreistag. Während dieser Zeit drängte und drängt er vehement auf die Verringerung des Soll-Fehl-Betrages und bekommt dabei auch eine Mehrheit.
Doch der Sparwillen von Kreistag und Verwaltung werde durch ständig steigende Sozialausgaben sowie durch ständig zurückgehende Zuweisungen vom Land immer wieder zunichte gemacht. Und das in einer Art und Weise, dass sich der Soll-Fehl-Betrag nicht verringern kann. Im Gegenteil, er erhöht sich.
Hier nun der Brief in vollem Wortlaut:
Offener Brief an den Ministerpräsidenten und die Finanzministerin des Freistaates Thüringen:
Kommunen dürfen mit den finanziellen Lasten in der Jugendhilfe nicht allein gelassen werden!
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Frau Ministerin,
als Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und Rechnungsprüfung im Kreistag Nordhausen wende ich mich persönlich an Sie.
Unser Landkreis befindet sich seit 2012 in der Haushaltskonsolidierung. Wir arbeiten sehr intensiv daran, den mittlerweile auf über 21 Mio. angestiegenen Sollfehlbetrag abzubauen.
Mit unserem Haushaltssicherungskonzept wurde gegen zum Teil große politische Widerstände erreicht, durch Mehreinnahmen und Einsparungen bei Ausgaben jährliche Konsolidierungsbeiträge zwischen 1,8 Mio. und 4,9 Mio. zu erwirtschaften. Leider zehren Ausgabensteigerungen, vor allem im Jugend- und Sozialbereich, und Mindereinnahmen in den allgemeinen Landeszuweisungen diese Effekte im Haushaltsvollzug sofort wieder auf.
Wir benötigen daher nach meinem Erachten dringendst und möglichst zeitnah Ihre konkrete Hilfe.
Die finanziellen Belastungen der Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Jugendhilfe sind in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gestiegen, ohne dass die Einnahmen adäquat mitwachsen. Am Beispiel des Landkreises Nordhausen zeigt sich dies wie folgt:
Grafik (Foto: Landratsamt)
In Folge finanzieller Einschnitte sind daneben fachlich wertvolle Projekte in ihrem Bestand bedroht.
Eine Unterfinanzierung ist ab 2017 im Bereich der schulbezogenen Jugendsozialarbeit zu verzeichnen. Über diese besondere Form der Jugendsozialarbeit nach dem SGB VIII werden seit 2013 im Rahmen eines Landesprogrammes Lehrer und Erziehungsberechtigte durch in den Schulen eingesetzte sozialpädagogische Fachkräfte unterstützt. Finanzielle Kürzungen seitens des Landes führen zu Einschnitten in diesem Bereich, welche vor allem zu Lasten sozial benachteiligter Kinder, Jugendlicher und Eltern gehen.
Ähnliches ist ab 2018 für die Bundesinitiative Frühe Hilfen zu befürchten, welche über Familienhebammen Eltern und Familien unabhängig von Leistungen der Krankenkassen in besonderen Lebenssituationen unterstützt. In Folge einer Veränderung von Verteilungsschlüsseln ist für den vergleichsweise einwohnerschwachen Landkreis Nordhausen die Fortführung dieses Programms in Frage gestellt.
Grafik (Foto: Landratsamt)
Ich bitte Sie nun mit diesem offenen Brief um die erforderliche Unterstützung. Ob dies auch im Interesse anderer Kommunen eine Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes erforderlich macht, bitte ich Sie zu prüfen. Gerade in Anbetracht der zuletzt veröffentlichten, sehr positiven Entwicklung der Steuereinnahmen des Freistaates ersuche ich Sie, meinen hiermit geäußerten Appell nicht zu überhören oder zu ignorieren.
In der Hoffnung auf Ihre Unterstützung gegebenenfalls auch gegenüber dem Bund - verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
Jürgen Hohberg (parteilos)
Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und
Rechnungsprüfung des Kreistages Nordhausen
Den offenen Brief zum Download können wir Ihnen hier anbieten.
Autor: redHohberg ist seit Jahren der Vorsitzende des Finanzausschusses im Kreistag. Während dieser Zeit drängte und drängt er vehement auf die Verringerung des Soll-Fehl-Betrages und bekommt dabei auch eine Mehrheit.
Doch der Sparwillen von Kreistag und Verwaltung werde durch ständig steigende Sozialausgaben sowie durch ständig zurückgehende Zuweisungen vom Land immer wieder zunichte gemacht. Und das in einer Art und Weise, dass sich der Soll-Fehl-Betrag nicht verringern kann. Im Gegenteil, er erhöht sich.
Hier nun der Brief in vollem Wortlaut:
Offener Brief an den Ministerpräsidenten und die Finanzministerin des Freistaates Thüringen:
Kommunen dürfen mit den finanziellen Lasten in der Jugendhilfe nicht allein gelassen werden!
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Frau Ministerin,
als Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und Rechnungsprüfung im Kreistag Nordhausen wende ich mich persönlich an Sie.
Unser Landkreis befindet sich seit 2012 in der Haushaltskonsolidierung. Wir arbeiten sehr intensiv daran, den mittlerweile auf über 21 Mio. angestiegenen Sollfehlbetrag abzubauen.
Mit unserem Haushaltssicherungskonzept wurde gegen zum Teil große politische Widerstände erreicht, durch Mehreinnahmen und Einsparungen bei Ausgaben jährliche Konsolidierungsbeiträge zwischen 1,8 Mio. und 4,9 Mio. zu erwirtschaften. Leider zehren Ausgabensteigerungen, vor allem im Jugend- und Sozialbereich, und Mindereinnahmen in den allgemeinen Landeszuweisungen diese Effekte im Haushaltsvollzug sofort wieder auf.
Wir benötigen daher nach meinem Erachten dringendst und möglichst zeitnah Ihre konkrete Hilfe.
Die finanziellen Belastungen der Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Jugendhilfe sind in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gestiegen, ohne dass die Einnahmen adäquat mitwachsen. Am Beispiel des Landkreises Nordhausen zeigt sich dies wie folgt:
Jugendhilfe nach dem SGB VIII
Der Zuschussbedarf in der Jugendhilfe nach dem SGB VIII ist in den zurückliegenden fünf Jahren um 1,3 Mio. bzw. 23 % angestiegen, insbesondere bei den Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe.Grafik (Foto: Landratsamt)
In Folge finanzieller Einschnitte sind daneben fachlich wertvolle Projekte in ihrem Bestand bedroht.
Eine Unterfinanzierung ist ab 2017 im Bereich der schulbezogenen Jugendsozialarbeit zu verzeichnen. Über diese besondere Form der Jugendsozialarbeit nach dem SGB VIII werden seit 2013 im Rahmen eines Landesprogrammes Lehrer und Erziehungsberechtigte durch in den Schulen eingesetzte sozialpädagogische Fachkräfte unterstützt. Finanzielle Kürzungen seitens des Landes führen zu Einschnitten in diesem Bereich, welche vor allem zu Lasten sozial benachteiligter Kinder, Jugendlicher und Eltern gehen.
Ähnliches ist ab 2018 für die Bundesinitiative Frühe Hilfen zu befürchten, welche über Familienhebammen Eltern und Familien unabhängig von Leistungen der Krankenkassen in besonderen Lebenssituationen unterstützt. In Folge einer Veränderung von Verteilungsschlüsseln ist für den vergleichsweise einwohnerschwachen Landkreis Nordhausen die Fortführung dieses Programms in Frage gestellt.
Vollzug des Unterhaltsvorschussgesetzes
Das Unterhaltsvorschussgesetz wurde durch den Bund zum 01.07.2017 geändert, die bisherige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten wurde aufgehoben und die Höchstaltersgrenze von bisher 12 auf nunmehr 18 Jahre heraufgesetzt. Die Ausgaben werden sich nach Schätzung der Kommunalen Spitzenverbände um 135 % erhöhen. Eine Finanzierung dieser, seitens der Kommunen fachlich ausdrücklich unterstützten, Gesetzesänderung ist allerdings nicht sichergestellt.Grafik (Foto: Landratsamt)
Bund und Länder stehen in der Pflicht
Gerade in der Jugendhilfe als einem wichtigen und sensiblen Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge müssen der Bund, welcher über seine Gesetzgebung maßgeblich Standards und das Leistungsspektrum vorgibt und die Länder im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleiches ihrer Mitverantwortung gerecht werden. Dafür sind weitere gezielte finanzielle Entlastungen der Kommunen erforderlich, die vor allem auch dort ankommen müssen, wo sie benötigt werden anders, als dies seitens des Freistaates Thüringen für 2018/2019 in Folge der Anrechnung von Bundesentlastungen in Höhe von jährlich 157 Mio. auf den Kommunalen Finanzausgleich, etwa für die Grundsicherung im Alter oder die Eingliederungshilfe, vorgesehen ist.Ich bitte Sie nun mit diesem offenen Brief um die erforderliche Unterstützung. Ob dies auch im Interesse anderer Kommunen eine Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes erforderlich macht, bitte ich Sie zu prüfen. Gerade in Anbetracht der zuletzt veröffentlichten, sehr positiven Entwicklung der Steuereinnahmen des Freistaates ersuche ich Sie, meinen hiermit geäußerten Appell nicht zu überhören oder zu ignorieren.
In der Hoffnung auf Ihre Unterstützung gegebenenfalls auch gegenüber dem Bund - verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
Jürgen Hohberg (parteilos)
Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und
Rechnungsprüfung des Kreistages Nordhausen
Den offenen Brief zum Download können wir Ihnen hier anbieten.
Kommentare
Schultze
12.07.2017, 15.21 Uhr
Mehr Flüchtlinge macht auch mehr Kosten
Wir haben mehr Flüchlinge im Landkreis Nordhausen aufgenommen als wir mussten. Da sind sicherlich viele Kosten was die Flüchtlinge beanspruchen können.
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