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Geologen als Täter

Mittwoch, 04. September 2002, 09:30 Uhr
Nordhausen (nnz). Unter diesem provokanten Titel lädt die KZ-Gedenkstätte „Mittelbau-Dora“ zum Tag des offenen Denkmals zu einem Vortrag ein. Was die Besucher am Sonntag noch alles erwartet, das hat die nnz zusammengetragen. Vorab allerdings schon ein Einblick in den nicht alltäglichen Vortrag.


Um 14.00 Uhr referiert Dr. Wagner mit einem Vortrag über Geologen als NS-Täter über ein bislang wenig beachtetes Thema. Tausende KZ-Häftlinge starben 1943 bis 1945 beim Ausschachten von Stollenanlagen, deren Pläne von Geologen erstellt wurden, die eng mit der SS zusammenarbeiteten. Geowissenschaftler wie der aus Ilfeld stammende Direktor des Geologischen Institutes der Universität Göttingen, Prof. Walter Schriel, und renommierte Geologen wie Fritz Dahlgrün, Georg Spackeler, Hans Joachim Martini und andere haben mit Ihren Forschungen und Untersuchungen das „Unternehmen Mittelbau“ erst möglich gemacht. Sie erarbeiteten nicht nur die Pläne für neue Stollenanlagen, sondern erstellten auch hydrogeologische Gutachten für die Be- und Entwässerung der Konzentrationslager im Südharz. Sie waren tätig in einem Netzwerk, das Universitäten, Bergämter, Bergbauunternehmen, geowissenschaftliche Einrichtungen, die Wehrmacht und nicht zuletzt die SS umfasste.

Mit seinem Vortrag versucht Dr. Wagner, einen neuen Focus auf das Thema der gesellschaftlichen Verantwortung von Wissenschaftlern zu legen. Bisher lag das Augenmerk beim Stichwort „Wissenschaftler und KZ Mittelbau-Dora“ ausschließlich auf Wernher von Braun und seinen Peenemünder Kollegen. Der Blick auf die Geologen zeigt jedoch, dass auch Wissenschaftler aus scheinbar „unverdächtigen“ Disziplinen ihr Wissen für die NS-Verbrechen zur Verfügung gestellt haben. Der Vortrag mit anschließender Diskussion findet im Medienraum des Verwaltungsgebäudes der Gedenkstätte statt. Alle Interessierten sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.

Bereits um 10.00 Uhr lädt Gedenkstättenleiter Dr. Jens-Christian Wagner zu einer Führung durch die Gedenkstätte Mittelbau-Dora ein. Hier wird die neue Konzeption, welche die Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge in den Mittelpunkt stellt sowie die geplante Neugestaltung des Gedenkstättengeländes der Öffentlichkeit vorgestellt. Auch hierzu ist der Eintritt frei.
Autor: nnz

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