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Wieder schwere Vorwürfe wegen Tierschutzverletzungen

Aktivistin entdeckt verwahrloste Hunde in Werther

Dienstag, 28. März 2023, 06:42 Uhr
Auf einem abgelegenen und zugemüllten Grundstück fand die Tierschutzaktivistin Jana Hoger drei Hunde, die unter tierschutzwidrigen Bedingungen in (Zitat Hoger:) „völlig verkoteten und mit Knochenteilen überfüllten Zwingern leben müssen.“ Die nnz ging auf Spurensuche und verlangte Antworten vom beschuldigten Amt

Ein neuer Fall von Tierquälerei im Landkreis ereignete sich in Werther (Foto: J.Hoger) Ein neuer Fall von Tierquälerei im Landkreis ereignete sich in Werther (Foto: J.Hoger)

Auf einem abgelegenen und zugemüllten Grundstück fand die Tierschutzaktivistin Jana Hoger drei Hunde, die unter tierschutzwidrigen Bedingungen in (Zitat Hoger:) „völlig verkoteten und mit Knochenteilen überfüllten Zwingern leben müssen.“ Die nnz ging auf Spurensuche und verlangte Antworten vom beschuldigten Amt …

Versteckt vor der Öffentlichkeit und in verrosteten Gehegen hielte der Besitzer zwei Hunde nebeneinander und eine Staffordshire-Hündin isoliert von den Artgenossen in einem völlig durchnässten und nicht isolierten Zwinger. „Ein Labrador“, so Hoger weiter, „leidet zudem an einem faustgroßen Tumor am Hoden. Zum Zeitpunkt der Kontrolle haben die Hunde kein Wasser.“

Die Tierschützerin dokumentierte alle Verstöße und wendete sich an das zuständige Veterinäramt des Landkreises. Schon zwei Stunden nach dieser Meldung wurde von den Beamten die Tierhaltung kontrolliert und die Hunde aufgrund der schlimmen Umstände sichergestellt, berichtete Dirk Schimm, der zweite Beigeordnete des Kreises gestern im Kreisausschuss. Die Hunde wurden ins Nordhäuser Tierheim gebracht, wo sie medizinisch untersucht und versorgt wurden. Jana Hoger beklagt nun, dass nur wenige Tage nach dieser Rettung der Halter seine Hunde wieder zurückbekam.

"Die Zustände und die Haltung vor Ort machen mich bis heute fassungslos. Es ist absolut unverständlich, wie ein Mensch Hunde so vernachlässigen kann und ihnen solch ein Leid zufügt", sagte sie. "Das Veterinäramt macht sich in diesem Fall mitschuldig für das massive Tierleid und muss endlich handeln, denn laut neuesten Informationen leiden die Hunde noch immer in der traurigen Haltung.“

Dem widerspricht das Amt und teilte uns auf Anfrage mit: „Alle drei Hunde befanden sich bei gutem Allgemeinbefinden ohne Verhaltensauffälligkeiten in gutem Ernährungs- und Pflegezustand. Der Hoden des Rüden war deutlich umfangsvermehrt, er zeigte ein normales Verhalten, bewegte sich uneingeschränkt ohne Schmerzäußerungen und ohne Vermeidung bestimmter Bewegungsabläufe. Zum Zeitpunkt der Kontrolle traten keine Anhaltspunkte für ein schmerzhaftes bzw. fortgeschrittenes Tumorgeschehen auf. Der Rüde war und ist auch aktuell aufgrund des Hodentumors in tierärztlicher Kontrolle.“

Die Hunde waren anderweitig pfleglich untergebracht, bis die Haltung nach den Anforderungen der Tierschutz-Hundeverordnung sichergestellt war, argumentiert das Veterinäramt weiter, das dem Hundehalter entsprechende Auflagen erteilte. Innerhalb einer Woche später wurden die Auflagen zur weiteren Hundehaltung schriftlich verfügt. Für den durchnässten Zwinger wurde ein dauerhaftes Haltungsverbot für Hunde erteilt. Aufgrund der vorgefundenen Missstände leiteten die Mitarbeiter sofort ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, zu dem die Ermittlungen derzeit noch laufen.

Laut Whistleblowerinformationen sei das Veterinäramt bereits 2021 über die tierquälerische Haltung der Hunde informiert worden. „Somit ist davon auszugehen, dass die Hunde seit Jahren unter ähnlichen Bedingungen leiden und das Amt scheint weiterhin untätig zu sein“, mutmaßt Hoger weiter und vermutet, die Tiere seien ausrangierte Zuchthunde. Der Halter sei dafür bekannt, Hunde zu vermehren und auf diversen Internetportalen zu verkaufen.

Unter schlimmen Bedingungen werden die Tiere laut Jana Hoger gehalten (Foto: J.Hoger) Unter schlimmen Bedingungen werden die Tiere laut Jana Hoger gehalten (Foto: J.Hoger)

Auch diese Behauptung bestätigte uns das Nordhäuser Veterinäramt. Im November 2021 wurde ebenfalls aufgrund einer Anzeige die Hundehaltung kontrolliert, wobei es sich damals um denselben Rüden, aber eine andere Hündin handelte. „Auch damals“, heißt es in der schriftlichen Antwort auf unsere Fragen, „war ein Vorwurf, dass die Zwinger stark verunreinigt waren, mit Bildmaterial hinterlegt. Bei der Vor-Ort-Kontrolle konnte dies so nicht bestätigt werden konnte. Dennoch wurde der Halter ermahnt, die Tierschutz-Hunderverordnung einzuhalten.“
 
Das Veterinäramt kontrolliert laut eigener Aussage aktuell die Haltung der Tiere regelmäßig. Zur letzten unangekündigten Kontrolle Ende Februar entsprach die Hundehaltung den Mindestanforderungen der Tierschutz-Hundeverordnung, die Tiere waren versorgt und erhielten Auslauf auf dem Grundstück. Die drei Hunde sind in zwei teilweise überdachten, ausreichend großen Zwingern untergebracht, sie haben eine wärmegedämmte Hütte und eine wärmegedämmte, trockene, verformbare Liegefläche. Wasser war vorhanden. Die Zwinger können geöffnet werden. Beide Hündinnen werden nicht zur Zucht verwendet, dies ist auch vom Besitzer nicht geplant. Er wurde noch einmal amtlich belehrt und beauflagt, den Kot täglich zu entfernen.
 
Für das Amt sind die gesetzlichen Mindestanforderungen derzeit erfüllt. Um andere Maßnahmen einleiten zu können, sind die Mitarbeiter weiterhin auf Zeugenaussagen und Bildmaterial angewiesen. Die tierschutzgerechte Haltung soll weiterhin durch unangemeldete Kontrollen überprüft werden. „Das Veterinäramt nimmt grundsätzlich Hinweise auf Missstände in einer Tierhaltung entgegen und bearbeitet diese“, heißt es abschließend. „Organisationen wie Peta hätten es gerne, dass wir Hellseher sein sollen. Unsere Veterinäre sind alle mit Achtsamkeit unterwegs aber nur da handlungsbefugt, wo sie einen Fall auch kennen. Und wir können Tiere nicht pauschal einkassieren, auch da herrscht keine Willkür sondern die gesetzlichen Rahmenbedingungen“, nahm Landrat Matthias Jendricke seine Angestellten gestern in Schutz.
Olaf Schulze


Autor: osch

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