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Pläne und Meinungen der Parteispitze im OB-Wahljahr

Ein wichtiges Jahr für die Nordhäuser SPD

Donnerstag, 05. Januar 2023, 14:30 Uhr
Vor der Nordhäuser SPD steht ein spannendes Jahr. Wie die Genossen aus der Kanzlerpartei das in Nordhausen angehen wollen, erläuterten sie heute in einem Pressegespräch. Über allen behandelten Themen schwebte dabei die 2023 fällige Wahl zum Oberbürgermeister, für die Nordhausens Sozialdemokraten einen Wechsel an der Verwaltungsspitze im Rathaus erhoffen …

Geballte Erfahrung vor politischen Vorbildern: Die Nordhäuser SPD-Spitze mit Hans Georg Müller, Barbara Rinke und Andreas Wieninger  (Foto: oas) Geballte Erfahrung vor politischen Vorbildern: Die Nordhäuser SPD-Spitze mit Hans Georg Müller, Barbara Rinke und Andreas Wieninger (Foto: oas)

Vor drei Jahren habe die Fraktion ein eigenes Handlungsprogramm für die Stadt entworfen, begann Hans Georg Müller die Diskussion; und bei einem Blick in dieses Papier könnten einige Ziele abgehakt werden, ein ganzer Teil steht aber noch zur Bearbeitung an. Das läge auch an der Stärke seiner Fraktion im Stadtrat, resümierte Müller, die immer mehrere Partner brauche, um Projekte umsetzen zu können. Bis zur nächsten Stadtratswahl im nächsten Jahr ändert sich daran auch nichts, ein neuer Oberbürgermeister könnte aber auch für diese Wahl entscheidende Weichen stellen.

Aus finanzpolitischer Sicht ärgerte sich der hauptamtliche Leiter des Schulverwaltungsamtes im Landratsamt über die Diskrepanz zwischen Planung und tatsächlicher Ergebnisse im Haushalt. Seit 2018 wären die Einnahmen immer höher gewesen als ursprünglich veranschlagt, was es den Stadträten schwer mache, mit eigenen Ideen und Projekten in die Offensive zu gehen. Und als es im vergangenen Jahr dann einmal einen Nachtragshaushalt gab, wurden von Seiten des Oberbürgermeisters wieder drastische Steuereinnahmen befürchtet, die sich letztlich nicht bewahrheiteten. Da fehlt den SPD-Stadträten zunehmend das Vertrauen und Müller bemängelt eine fehlende Verlässlichkeit der getätigten Aussagen. „Mehr Mut für den Haushalt“, wünschte sich auch die einstige Oberbürgermeisterin Barbara Rinke, die aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß, dass derjenige am Ende mit geringeren Zuweisungen bestraft wird, der immer nur fleißig gespart hat. Er ginge dem politischen Streit um einzelne Sachverhalte aus dem Weg, warfen Müller, Rinke und Andreas Wieninger dem amtierenden Kai Buchmann vor. „Eine Stadtverwaltung ist kein Unternehmen. Sie muss keine Gewinne erwirtschaften und keine Rücklage bilden“, sagte Georg Müller. Vielmehr müsse sie für die Bürger das vorhandene Geld zielgerichtet einsetzen. „Hier handelt ein Controller und kein Gestalter“ war das einhellige Fazit der drei SPD-Funktionäre über den OB.

Barbara Rinke machte diese Erkenntnis beispielsweise an einer nicht weitergeführten Museumskonzeption fest. Ihre Partei will nun Initiativen zur Würdigung des 90. Jahrestages der Bücherverbrennungen durch die Nationalsozialisten und zum Gedenken an den Volksaufstand in der DDR vor 70 Jahren gegen das kommunistische Regime auf den Weg bringen. Gerade zum 17. Juni gäbe es in Nordhausen mit dem Sozialdemokraten und Gewerkschafter Otto Reckstadt eine bedeutende Persönlichkeit und es hätten immerhin 1.600 Arbeiter in Nordhausen an den Protesten teilgenommen. Für die Würdigung des Aufstandes sei eine Zusammenarbeit mit dem IFA-Museum angestrebt.

Auch liefen die Vorbereitungen zu 500 Jahre Bauernkrieg in anderen Städten aus dem ehemaligen Nordthüringer Städte-Netz wie Mühlhausen und Bad Frankenhausen bereits auf Hochtouren; in Nordhausen rege sich jedoch noch nichts. Und schließlich sei es ihr eine Herzensangelegenheit, sagte das ehemalige Stadtoberhaupt, dass Nordhausen möglichst auch in der „Initiative für lebenswerte Städte und Gemeinden" mitarbeite, die den Teilnehmern eine größere Autonomie in verkehrs- und umwelttechnischen Fragen bescheren soll. Die SPD möchte dem Netzwerk gern beitreten, dem bereits 350 Städte und Gemeinden in Deutschland angehören.

Auch Andreas Wieninger treibt als Ausschussvorsitzenden die Stadtplanung um und er beschrieb die Baustellensituation der Stadt im letzten Jahr mit dem Wort „Chaos“. Hier sei mit den verschiedenen Bauträgern in Zukunft eine bessere Abstimmung vonnöten und Wieninger hofft auf den neuen Stadtplaner, der auch in punkto Straßenverkehr zuständig ist. „Die Potentiale der Stadt müssen besser genutzt werden“, verlangte Wieninger, der mit einer Statistik vorrechnete, dass die Stadt im Landkreis-Vergleich überdurchschnittlich an Einwohnern verliere. Die Lebensqualität sei entscheidend, ob sich Menschen für oder gegen Nordhausen entschieden. Querelen wie um den Thomas-Mann-Club oder die Seniorenbegegnungsstätte seien dabei schädlich. Auch beim Wohnungsbau müssten andere Wege beschritten werden, meinte der Gewerkschafter, der daran erinnerte, dass ein vom Stadtrat beschlossener Antrag aus dem Februar 2020 zur Reduzierung der geplanten Friedhofserweiterungsfläche und damit einhergehenden Ausweisung von Baugrundstücken in diesem Areal noch immer nicht weiter bearbeitet wurde. Hier werden nach Wieninger Auffassung Chancen vertan, die Stadtentwicklung zu fördern.

Was das Trio fast zwangsläufig zum Thema Oberzentrum Nordhausen führte. Barbara Rinke war es, die daran erinnerte, dass im Jahre 1994 sogar die Kreisfreiheit der Stadt ein Thema in der Landespolitik gewesen sei. Seit 1996 wurde der Anspruch auf eine Oberzentrum immer wieder auf Stadtratssitzungen erneuert. Ohne diese Bemühungen wäre z.B. eine städtische Beteiligung am Klinikum unmöglich gewesen. Jetzt, da die Entscheidung gefallen sei, Eisenach zu einem Oberzentrum zu machen, müsse verstärkt um den Status für Nordhausen gekämpft werden. „Auch im Hinblick auf das Industriegebiet ist das eine enorm wichtige Forderung“, betonte Rinke. „Ein Zuschlag als Oberzentrum hilft viele Zukunftsfragen für Nordhausen zu klären“, ist sie überzeugt.

Beim Thema Kilmawandel und Verbesserung der Qualität der Grünanlage in der Stadt wollen die Genossen sich ebenfalls weiter einbringen und verweisen auf den 300 Seiten umfassenden Klimagestaltungsplan für Nordhausen, der von der Hochschule erarbeitet wurde. Darin seien viele Anregungen und Ziele formuliert, die in die Praxis überführt werden können. Gerade erst hat das Land Thüringen der Stadt 90.000 Euro aus dem Sonderlastenausgleich für ähnliche Projekte genehmigt. „Da möchten wir über die Verwendung gerne mitbestimmen“. Die energetischen Möglichkeiten der Stadt und beispielsweise der Kiesgewässer sollen intensiver genutzt werden, wünschen sich die drei Lokalpolitiker und erwarten, dass die Stadtverwaltung (spätestens nach der anstehenden OB-Wahl) hier aktiver wird, um Fördergelder für entsprechende Anliegen einzuwerben.

An ihrem politischen Wunsch nach einer Abwahl des derzeitigen Oberbürgermeisters machen sie kein Hehl, wenngleich noch nicht über einen eigenen Kandidaten entschieden ist. Das sollen die Mitglieder in einer Abstimmung tun, aber „ein Wechsel mit einem Vertreter aus dem demokratischen Lager ist von uns klar angestrebt“, hieß es heute Vormittag. Die Sozialdemokraten erhoffen sich dann ein besseres Arbeiten für die Stadträte. Der Dauerzwist mit dem Amtsinhaber habe als positiven Aspekt die einzelnen Fraktionen einander näher gebracht und sachliche Erwägungen wieder vor ideologische gestellt. Die fortwährenden Konflikte um Kleinigkeiten mit der Stadtverwaltung raubten den Abgeordneten allerdings auch zunehmend die Energie, was an der Zahl der zurückgegangenen Anträge aus den Reihen der Fraktion ablesbar sei.

Sollte sich kein eigener Kandidat finden lassen, kann sich der SPD-Stadtvorstand auch vorstellen, einen anderen Kandidaten gegen Buchmann zu unterstützen. Namen wurden heute keine genannt und die Nachfragen der Reporter zur naheliegenden Kandidatur einer SPD-Frau und Bürgermeisterin tapfer beschwiegen. Im Frühjahr könnten die internen Bewerber aus der Deckung kommen und die Befragung der Parteimitglieder durchgeführt werden. Schon möglich, dass dann der Name Alexandra Rieger doch hin und wieder ausgesprochen wird.
Olaf Schulze
Autor: osch

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