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Zu Besuch bei Königs:

“Wenn es so weitergeht, müssen wir schließen”

Donnerstag, 08. Dezember 2022, 14:23 Uhr
Nicht nur in Neustadt ist die Bäckerei König eine Instanz, auch weit darüber hinaus sind Brot, Brötchen, Gebäck, Torten oder Kuchen bekannt. Aktuell stehen die Stollen ganz oben auf der Liste der Kunden. Dennoch könnte es die letzte Stollensaison der Bäckerei in der Neustädter Burgstraße gewesen sein…

Christian und Ulrich König (Foto: nnz) Christian und Ulrich König (Foto: nnz)
Es ist Montagvormittag. Ruhetag bei den Königs. Zeit für ein Gespräch. Ulrich König öffnet. Er grüßt freundlich. Natürlich wird Kaffee und Stollen angeboten. Schmeckt alles super.

Die Welt für die Königs könnte doch besser nicht sein. Ist sie aber nicht. Vorfreude auf das Weihnachtsfest im Kreis der Familie könnte diesmal vermutlich keinen gebührenden Platz bekommen. “Ich gebe es unumwunden zu: wenn das alles hier so weitergeht, dann werden wir im kommenden Jahr dicht machen”, sagt der Bäckermeister. Fragt man nach dem, was “alles” konkret bedeutet, gibt es faktische Antworten. “Die Einkaufspreise für Mehl, Milch und Zucker haben sich in diesem Jahr verdoppelt, von insgesamt 2.000 Euro alle zwei Wochen auf 4.000 Euro. Ähnlich bei Strom und Gas. Aktuell beläuft sich der monatliche Abschlag auf 2.000 Euro beim Strom und 1.000 Euro bei Gas. Hinzu kommt eine Nachzahlung von 4.500 Euro, die für den Strom steht noch aus. Die Löhne und Gehälter sind gestiegen. Das alles können wir nicht auf die Preise unserer Erzeugnisse umlegen”, sagt der erfahrene Handwerker mit einem leicht wütenden Unterton.

Zudem muss der 65jährige einst erhaltene Corona-Hilfen zurückzahlen, 5.500 Euro sind das. “Wir kleinen Handwerker haben in der Politik keine Lobby und ich bin mit vielen Kollegen einer Meinung: diese Regierung ist die schlimmste, die wir bislang ertragen mussten. Die in Berlin machen keine Politik, sondern wollen uns ihre links-grüne Ideologie mit allen Mitteln überstülpen”, sagt König, der 1982 seine Bäckerei in Neustadt eröffnete und in diesem Jahr das 40jährige Jubiläum beging.

Ulrich König ist wütend. Wütend auf die Regierenden, die nun mit dem Bürgergeld seiner Meinung nach den Anreiz zur Arbeit weiter nach unten ziehen. “Alle, die gesund und unter 50 Jahre sind, die dürften kein Bürgergeld erhalten. Vor allem die Jugend wolle nicht mehr im Handwerk arbeiten, technische Berufe werden kaum noch erlernt oder studiert. Stattdessen kleben die sich auf dem Asphalt oder auf Start- und Landebahnen fest.”

Immer noch klingelt bei Königs der Wecker um 2 Uhr, die Arbeit beginnt. Aufgrund der Energiesituation verzichteten Ulrich König, sein Sohn Christian und seine Ehefrau Carola auf das Brotbacken an Mittwochen und Donnerstagen. Drei Mitarbeiterinnen werden für den Verkauf und das Café benötigt, händeringend wird eine Verkäuferin gesucht. Bislang vergeblich. Ulrich König nervt die Doppelmoral der aktuellen Politik, die sich bis in die Fußballweltmeisterschaft in Katar hineinzieht. “Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Regierung uns - also die kleinen Handwerker und den Mittelstand - abschaffen will. Ich habe mit 25 Jahren als Bäcker begonnen, wir sind 1982 nach Neustadt gezogen und haben unter den Bedingungen des Sozialismus unsere Bäckerei aufgebaut. Dass nun vielleicht das Ende kommen soll, das wir nicht verschuldet haben, das kann ich mir nicht vorstellen”. Das macht ihn selbst im Gespräch immer wieder fassungslos.

Geplant war, dass Christian das Geschäft weiterführt. Er hat seinen Konditormeister in der Tasche. “Ich mache mir um unseren Sohn nicht die großen Sorgen. Gute Fachleute werden immer gebraucht." Eigentlich aber sollte die Familientradition, die in Auleben begann, hier in Neustadt ihre Fortsetzung erfahren und nicht ihr Ende. Aber: es steht fest, wenn sich die Gesamtsituation in diesem Land nicht bessert, wenn diese Regierung nichts mehr für ihr Volk unternimmt, dann werden in der Bäckerei an der Burgstraße in Neustadt die Lichter im nächsten Jahr ausgehen. Ulrich König ist sich sicher - in vielen anderen Orten dieses Landes wird es unternehmerisch gleichermaßen dunkel werden. Übrig bleibt das Brötchen vom Discounter.
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg

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