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Fragen eines nnz-Lesers an seltsame Zeitgenossen

„Wenn in der Birne nur noch ein Teelicht glimmt“

Mittwoch, 07. Dezember 2022, 20:07 Uhr
„Ich weiß nicht, wie man eine solche Aktion beschreiben soll. Ist es ein dummer Streich, eine Mutprobe oder ein neuer Trendsport? Mir fehlen jedenfalls die Worte.“ So beginnt ein außergewöhnlicher Leserbrief von Thomas Kleemann, der dann doch wieder Worte gefunden hat. Mitunter drastische; aber das liegt wohl am Thema …
Es ist nicht das erste Mal, das auf meinen Baustellen die Dixi-Klos umfallen. Zuletzt geschah es im Sommer an der Brandenburg. Schön im Biergarten, am Brunnen, sensationell.

Heute war ich mit dem Tiefbauamt unterwegs und erfuhr von den Kollegen, dass es sich wie ein roter Faden durch die Stadt zieht. Das Dixi-Klo auf meiner Baustelle war nicht das einzige das nächtens bewegt wurde.

Es gibt sicherlich schönere Dinge, über welche man in der Adventszeit schreiben könnte. Aber so ein Dixi-Klo macht schon echt etwas durch. Es rettet manchem Bauarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes das Leben. Besonders in Extremsituationen, wenn einem der Schweiß auf der Stirn steht und die Augen vor dem Kopf. Sicher, diese Plastikbox ist bekanntlich nicht die beste Lösung im Winter bei 0°C, auch ist mitten auf der Straße nicht der ideale Platz. Aber jeder Bauarbeiter der hier einmal Erleichterung gefunden hat, ist dankbar, dass so ein Teil auf den Baustellen steht. Hut ab auch vor den Mitarbeitern, welche täglich die kleinen stillen Örtchen entleeren und säubern, damit sie im Fall X ihren Dienst zu 100 Prozent erfüllen können.

Eine Frage an diejenigen, die sinnfrei durch die Straßen der Stadt ziehen: Habt Ihr einen Job mit Zugang zum WC oder seid ihr den ganzen Tag zu Hause?

Dann könnt Ihr zufrieden sein, Ihr wisst ja, wenn es im Bauch rumort und wo Ihr Erleichterung findet. Schön mit Blümchenduft bei 25°C, mit leiser Musik im Hintergrund, die Zeitung in der Hand und bestenfalls noch WLAN. Was aber machen die Leute, die jeden Tag auf den Baustellen unterwegs sind? Sie können nicht einfach ins Gebüsch gehen, oder hinters Auto. Also: was macht bitte ein Dixiklo falsch, dass man es von der Baustelle in der Waisenstr. / Ecke Dr. - Külz – Str. bis an die Johannistreppe schleppen muss und dann umwirft?

Glimmt bei manchen Zeitgenossen nur noch ein Teelicht im Kopf? War es ein Glühwein zu viel auf dem Weihnachtsmarkt? Was bitte läuft da schief? Wo ist der Respekt, die Achtung vor fremdem Eigentum, wo sind Anstand und Grundwerte geblieben? Alles vergessen, nie gelernt, oder handelt es sich hier um einen neuen Trendsport?

Hoffentlich sind diejenigen, die letzte Nacht durch die Straße gezogen sind, jetzt schön gesprenkelt und gezeichnet; bestenfalls vom Gesicht bis zu den Füßen. Hoffentlich sind die Designerklamotten und Schuhe schön eingefärbt. Hoffentlich hat es sich für Euch so richtig gelohnt. Das Dixi war gut gefüllt.

Bedauerlicherweise muss jetzt wieder einer, im wahrsten Wortsinn, einen „Scheißjob“ machen. Habt Ihr einmal darüber nachgedacht? Sicher nicht, ist ja auch nicht das einzige Dixi, welches dieser Tage in der Stadt umgestoßen wurde. Vielleicht steht ihr irgendwann einmal da und müsst Euch alles zukneifen und erreicht nicht rechtzeitig die nächste Toilette. Spätestens dann, wenn es warm wird am Bein, vielleicht fällt es Euch dann wieder ein – ein Dixiklo kann Leben retten. Aber nur wenn es senkrecht steht!

Liebe Leser der nnz online, bitte verzeihen Sie meine Wortwahl, aber manchmal fällt einem nichts besseres ein für eine aus meiner Sicht völlig sinnlose Aktion.
Thomas Kleemann
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Autor: red

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