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Eine etwas andere Adventsgeschichte

Dienstag, 06. Dezember 2022, 12:57 Uhr
Unser Autor Hans-Georg Backhaus hat in den vergangenen Tagen einige Beobachtungen in Nordhausen gemacht, ist Menschen in unterschiedlichen Berufsständen und Aktionen begegnet, hat Fragen gestellt und einen Vorschlag/Anregung unterbreitet. Geplant war ein kleiner Artikel. Doch es ist eine längere Geschichte daraus geworden, die er den Lesern der nnz nicht vorenthalten will…

Es ist Sonntag, der 27. November – 1. Advent in Nordhausen. Mein Weg führt mich am Nachmittag zunächst zum Altentor. Vor den Schaufenstern der Musikschule Kolbe steht ein Weihnachtsbaum, der von einer Lichterkette geziert wird. Doch wirkt er einsam und verlassen. Und ich schaue nach oben: Keine Lichterketten und keine Sterne, wie sonst in den Jahren zuvor! Dabei ist doch schon Advent!

Und ich frage mich, ob man in diesem Jahr erstmals die Altstadt mit vorweihnachtlichem Glanz vergessen hat? Oder ist es schlichtweg eine erste Reaktion auf mögliche starke Strompreiserhöhungen? Da will oder muss man wohl sparen, bin ich bemüht, mir meine Frage selbst zu beantworten. Eine andere Erklärung will mir auch nicht einfallen.

Die Nordhäuser Altstadt erstrahlte mit etwas Verzögerung im Lichterglanz (Foto: Hans-Georg Backhaus) Die Nordhäuser Altstadt erstrahlte mit etwas Verzögerung im Lichterglanz (Foto: Hans-Georg Backhaus)


Ich gehe weiter durch die Barfüßerstraße und erreiche den Blasii-Kirchplatz, will mir den alternativen Advents- und Handwerkermarkt anschauen. Da läuft mir in der Höhe des Gemeindehauses Frank Tuschy fast in die Arme. Kurzerhand konfrontiere ich ihm mit dem Hinweis auf die fehlende Beleuchtung in der Altstadt. Doch er kann mir dazu nichts sagen. Ich spüre, er ist in Eile. Der Markt vor der Blasii-Kirche, den er seit Jahren mit organisiert, fordert ihn ständig.

Meinen Bummel setze ich fort und steuere zunächst den Lutherplatz an und beobachte die Kinder, die offensichtlich reichlich Spaß am Karussell fahren haben. Wenig später auf dem Nordhäuser Weihnachtsmarkt. Abermals habe ich eine zufällige Begegnung. Diesmal ist es der Pressesprecher der Stadt Nordhausen, Lutz Fischer, der seit geraumer Zeit auch als Büroleiter des OB fungiert.

Ich nutze die Gelegenheit und frage nach Gründen für die fehlende Festbeleuchtung in der Altstadt. Er scheint verwundert über die Situation, wirkt aus meiner Sicht überfragt. Will aber für Aufklärung sorgen. Ich setze ihn in Kenntnis, dass ich vorhabe, einen kleinen Artikel darüber zu schreiben. Der aber noch ein weiteres Thema – eine Anregung – zum Inhalt haben soll.

Nämlich folgende: Wäre es denkbar, aus Solidarität mit den ca. 1.400 Flüchtlingen aus der Ukraine die Nordhäuser Weihnachtsbeleuchtung bis zum 7. Januar 2023 erstrahlen zu lassen? Denn ein Großteil der Ukrainer wie auch viele russischstämmige Mitbürger bekennen sich zum orthodoxen Glauben. Sie aber feiern ihr Weihnachtsfest erst am 6. und 7. Januar – nach dem julianischen Kalender.

Dies alles „verpacke“ ich am Montag in eine ausführliche E-Mail und sende sie mit der Bitte um Bearbeitung an die Pressestelle der Stadtverwaltung Nordhausen. Und ich begebe mich am selben Tag nochmals in die Altstadt – und traue meinen Augen kaum: Mitarbeiter der Stadtwerke sind mit entsprechender Technik unterwegs und befestigen Lichterketten und Sterne. Seit diesem Abend erstrahlt nun auch ein Teil der Altstadt – wenn auch etwas verspätet – im Lichterglanz.

Hier wird die Weihnachtsbeleuchtung in der Altstadt angebracht (Foto: Hans-Georg Backhaus) Hier wird die Weihnachtsbeleuchtung in der Altstadt angebracht (Foto: Hans-Georg Backhaus)


Am Dienstag, 29. November, findet im Tabakspeicher ein Vereinsabend der Nordhäuser Geschichtsfreunde statt. Im Anschluss komme ich mit Pfarrer i.R. Richard Hentrich ins Gespräch. Er stand über ein Jahrzehnt der Domgemeinde vor. Und stelle die Frage: Wann beginnt und wann endet eigentlich die Weihnachtszeit? Es wird aus meiner Sicht da viel verwechselt. Denn nicht selten wird die Adventszeit mit der Weihnachtszeit gleichgesetzt.

Die Antwort des Geistlichen ist sinngemäß folgende: Die Adventszeit beginnt am 1. Advent und endet mit dem Heiligen Abend. Mit den festlichen Christmetten, Christvespern und Krippenspielen wird zugleich die (eigentliche) Weihnachtszeit eingeläutet. Diese endete früher am 2. Februar, Mariä Lichtmess.

Doch seit etwa vierzig Jahren hat sich die Sichtweise auf die Dauer der Weihnachtszeit geändert. Hentrich verweist darauf, das aus heutiger (kirchlicher) Sicht am Fest der Taufe Jesu, welches am Sonntag nach dem Dreikönigsfest (6. Januar) begangen wird, die Weihnachtszeit ihr Ende findet. Im kommenden Jahr fällt zudem der 8. Januar auf einen Sonntag. Bis zu diesem Tag erstrahlen in den Kirchen auch die Weihnachtsbäume, und auch die Krippen bleiben bis zu diesem Tag stehen.

In der Tat: Am Sonntag, 2. Advent, berichten Fernsehsender vom Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz in Rom, der seit diesem Tag bis einschließlich 8. Januar 2023 im festlichen Lichterglanz erstrahlt. - Da immer noch keine Antwort aus dem Rathaus bei mir eingegangen ist, erinnere ich in zwei weiteren E-Mails an meine Anfrage.

Am Montagnachmittag endlich eine kurze E-Mail, man habe noch keine abschließende Antwort und bitte noch um etwas Zeit. Auch bis zur Fertigstellung dieser Geschichte am heutigen Dienstag (10.30 Uhr) geht aus dem Rathaus keine Nachricht über eine Entscheidung bezüglich der zeitlichen Verlängerung der Weihnachtsbeleuchtung in der Rolandstadt ein.

Vielleicht überraschen uns ja die Verantwortlichen in dieser Angelegenheit (auch ohne Antwort an die nnz) ja noch mit festlicher Beleuchtung in unserer Stadt bis zum 7. oder gar 8. Januar 2023. Nordhausen würde damit solidarische „Lichtzeichen“ setzen. Seien wir also zuversichtlich!
Hans-Georg Backhaus
Anmerkung der Redaktion:
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Autor: red

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