nnz-online
Nachgefragt

Die verheimlichten Millionen

Mittwoch, 21. Juli 2021, 12:30 Uhr
In diesen Zeiten gelten Krisen immer wieder für die Rechtfertigung von höheren Preisen. Die Bewältigung der Klimakrise für höhere Spritpreise und die Corona-Krise für höhere Baupreise. Das versteht jeder, doch in Nordhausen denken 37 Menschen, die anderen würden es nicht verstehen...

Bis ins Jahr 2024 soll hier um- und ausgebaut werden (Foto: nnz) Bis ins Jahr 2024 soll hier um- und ausgebaut werden (Foto: nnz)
Es gibt verschiedene Arten der medialen Manipulation. Zum Beispiel berichtet man falsch oder: es wird überhaupt nicht berichtet. Letzteres kommt immer häufiger im Nordhäuser Stadtrat vor.

Es ist noch nicht so lange her, da versprachen ein OB und - zwei Jahre später - der 36köpfige, gerade frisch gewählte Stadtrat denen, die sie gewählt haben, dass von nun an Transparenz statt Kungelei in die kommunale Politik Einzug halten solle.

Natürlich versteht jeder aufgeweckte Nordhäuser, dass in öffentlichen Sitzungen von Stadtrat und diversen Ausschüssen auch mal hinter verschlossenen Türen zu reden ist. Zum Beispiel wenn es um Personen oder Grundstücke geht. Warum aber über unterschiedliche Meinungen der Fraktionen zu Angelegenheiten der Mantel des politischen Schweigens gehangen werden soll, das erschließt sich mir persönlich seit mehr als 30 Jahren nicht. Ist es nicht gerade der gepflegte Streit um Themen, die angeblich alle Bürger betreffen, der eventuelle Sympathien oder das Gegenteil bewirken und für die nächste Wahl, für die zumindest ein Teil der Bürger gebraucht wird, vielleicht ausschlaggebend sein kann?

Scheinbar ist es den Gewählten völlig egal, ob die Wahlbeteiligung in drei Jahren bei 60, 40 oder 20 Prozent liegt. Hauptsache, man ist gewählt und kann sich über bezahltes ehrenamtliches Engagement freuen und Politik machen. Warum also aufregen?

Bringt ja doch nichts. Doch wir wollen nicht klein beigeben. Vor allem nicht, wenn es um unser aller Geld geht, das von den Gewählten verwaltet und ausgegeben wird. Denn, man merke, das Bruttoinlandsprodukt wird durch die politische Arbeit nicht um einen Cent erhöht. Das ist nicht schlimm, das ist eben so.

Aber, wenn es eben auch mein oder ihr Geld ist, dessen Verwendung da bewilligt wird, dann dürfte ein kleiner Funken Interesse vorliegen. Nicht unbedingt bei der Portokasse, wohl aber schon bei Beträgen im Millionen-Euro-Bereich.

Und so sind wir genau beim Thema angekommen. Wir, die Bürger, also auch die Finanzierer der Politik, mussten schon zusehen, als mehr als 30 Millionen Euro für einen Theater-Umbau zur Verfügung gestellt wurden. Egal, ob Land, Bund oder Kommune - alles Steuergeld. Wenn dieser Brocken aber noch teurer wird, als uns einst suggeriert, dann sollte doch ein gewisses Maß an Offenheit durch unsere Oberen an den Tag gelegt werden. Wird es aber nicht, statt dessen hinter der für die Öffentlichkeit verschlossenen Tür der Ballspielhalle als Herrschaftswissen der 37 (36 Stadträte und ein OB) geteilt.

Aber wir wollten es wissen und telefonierten, wie man das so macht als Redaktion. Wir schrieben auch Mails - an die Fraktionen des Stadtrates und deren Antworten wollen wir nicht vorenthalten. CDU-Fraktionsvorsitzender Iffland äußerte sich zwar nicht zur "Höhe der Erhöhung", er teilte mit, dass ihm die Gründe für eine mögliche Teuerung nicht detailliert vorliegen würden.

Die Grüne Fraktion schrieb, dass sie dazu nichts schreiben wolle, aber der Stadtsprecher antwortete: "Wie bereits in der vergangenen Woche in den Medien und auch durch Bauunternehmen, Verbände sowie Institutionen berichtet, sind die derzeitigen Baustoffpreise extrem volatil. Dies führt bei allen - großen wie kleinen- Baumaßnahmen zu möglichen Kostensteigerungen aufgrund von am Markt erzielten höheren Baustoffpreisen. Die Kosten für das große Bauvorhaben Generalsanierung Theater Nordhausen liegen entsprechend der bisher erzielten Ausschreibeergebnisse noch im festgelegten Kostenrahmen. 20 von rund 60 bisher vergebenen Losen liegen rund 200.000 Euro unter den veranschlagten Kosten. Insofern konkretisieren sich Kostenüberschreitungen durch externe Ereignisse faktisch erst nach Ausschreibung und durch die Vergabe. Diese potentiellen Mehrkosten mit Blick auf die derzeitigen Marktpreise, müssen allerdings einkalkuliert und natürlich dem Fördermittelgeber entsprechend der HU-Bau-Vorgaben umgehend angekündigt werden. Ob diese Mehrkosten am Ende der Bauausführung tatsächlich in voller Höhe zu Buche schlagen, kann zu diesem Zeitpunkt noch niemand abschließend bewerten.

Die Stadtverwaltung Nordhausen wird gemeinsam mit den Planern und Architekten versuchen, mögliche Mehrkosten im Rahmen von abgestimmten Umplanungen sowie Optimierungsmaßnahmen zu kompensieren."

Na bitte, geht doch, die Höhe der Mehrausgaben, könnte dementsprechend richtig hoch sein, wenn die restlichen 40 Lose höher als die veranschlagten Kosten liegen. Bislang ist ein Auftragsvolumen von mehr als elf Millionen Euro vergeben worden, ein Drittel der gesamten Volumina. Die Bauzeit am Theater erstrecke sich bis in das Jahr 2024 hinein, heißt es in der Antwort des Rathauses auf eine Anfrage der AfD-Fraktion von Anfang Juni.

Ja, da ist noch die SPD im Stadtrat. Die nennt zwar auch keine konkreten Zahlen, vermutlich, weil sie keine konkrete Aufstellung dahinter kennt. Für die Sozis ist aber wichtig, dass der Fördermittelgeber "eine Schippe" drauflegen soll. Eventuell könne für die Mehrkosten auch ein Darlehen aufgenommen werden und drittens: es müsse nach Einsparpotentialen gesucht werden. Innerhalb und außerhalb der Verwaltung.

So ist das nun, wenn man auf der Suche nach einer einzigen Zahl ist. Dennoch wurden all unsere Mühen wirklich auch am Ziel belohnt. Fast durch einen Zufall erfuhren wir, dass die Verwaltungsspitze die Mehrkosten für den Umbau des Kulturtempels wohl auf 4.800.000 Euro schätzt. Bislang...
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de