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Duo Mimikry experimentiert im Zappelini Zelt

Ein Griff in die kulturelle Keksdose

Donnerstag, 24. Juni 2021, 14:30 Uhr
Schwarzer Humor, eine kräftige Prise Ironie und viel Zeit zum experimentieren: morgen gastiert das „Duo Mimikry“ wieder im Zappelini Zelt und zeigt moderne Pantomime. Was das eigentlich genau ist, warum man sich vom Klischee des traurigen Mimen guten Gewissens verabschieden kann und was das alles mit Keksen zu tun hat, dass haben die beiden Künstler der nnz verraten…

Wieder in Nordhausen zu Gast: das Duo Mimikry präsentiert im Zappelini Zelt "Tasty Biscuits" (Foto: Duo Mimikry) Wieder in Nordhausen zu Gast: das Duo Mimikry präsentiert im Zappelini Zelt "Tasty Biscuits" (Foto: Duo Mimikry)


Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon und von allem nur das Beste, dass was den eigenen Gaumen am genehmsten ist. Was die Pantomimen Elias Elastisch und Nicolas Rocher für ihr neues (hoffentlich) Post-pandemisches Programm zusammengerührt haben, ist ein bisschen wie eine Keksauswahl beim sonntäglichen Kaffeekränzchen. Jeder greift zu und für jeden ist etwas dabei. So kam's auch zu dem Namen für die neue Tollerei: „Tasty Biscuits“ - schmackhafte Kekse.

Als „Duo Mimikry“ stehen die beiden seit 2017 auf der Bühne und sind im blauen Zappelini Zelt keine Unbekannten. Es ist bereits der fünfte Besuch der Berliner im beschaulichen Südharz und nach Monaten ohne Bühnenauftritte ist die Vorfreude der beiden groß. Durch die Pandemie sei man trotz allem ganz gut durchgekommen, sagt Elias Elastisch, man war in der glücklichen Lage in der Kirche einer Berliner Baptistengemeinde proben zu können. „Natürlich hat uns das Publikum als Ansprechpartner gefehlt. Theater funktioniert nunmal im Austausch und entsprechend freuen wir uns auf Nordhausen. Das wird die reale Premiere für unser Programm. Der letzte Auftritt im Zelt war wirklich der Hammer und wir hoffen das die Leute morgen genauso glücklich aus der Show gehen."

Gutes Vorraussetzungen das dass klappt hat man. Denn wenn man in der Pandemie eines hatte, dann war es Zeit. Zeit sich Neues auszudenken. Zeit zu experimentieren. Zeit, sich und die eigene Kunst vor Herausforderungen zu stellen. Im Falle von „Tasty Biscuits“ kann man die ganz konkret benennen: das Pantomime-Duo will sich an Dingen auslassen, die dezidiert von Sprache leben, vor allem in Sachen „Show-Biz“. Die will man, der Natur der Sache nach, ohne Worte im gewohnt schwarzhumorigen Stil aufs Korn nehmen und bedient sich dabei frei bei anderen Kunstformen. Man habe sich, wie bei der Keksdose, Sachen rausgepickt, die „knackig“ sind und eigentlich nicht oder nur schwer als „visuelles Theater“ umzusetzen sein sollten, erklären die beiden. Wie stellt man eine Stand-Up Comedian dar, ohne selber sprechen zu können? Oder einen Bauchredner? Das gehe verblüffend gut, wenn man den Trick einmal raushabe, meint Nicolas Rocher. „Ich war da selber komplett überrascht aber irgendwann fällt einem gar nicht mehr auf dass da gerade nicht gesprochen wird. Es geht auch ohne.“

An diesem Punkt darf man sich getrost und ohne schlechtes Gewissen vom traditionellen Bild des Pantomimen verabschieden. Keine gestreiften Hemden und geschminkte Tränen, kein imaginäres Tauziehen und was die Klischeekiste sonst noch hergibt. Auf der Bühne geht es beim „Duo Mimikry“ laut und bunt zu. Es gibt Musik, es gibt Kostüme und klare Bilder statt verschachtelter Geschichten und schwer fassbarer Zeitsprünge. „Der Stil den man bis in die 80er Jahre hinein gepflegt hat ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Das war alles noch sehr still und passt einfach nicht mehr zu den Sehgewohnheiten des Publikums heute.“, erklärt Nicolas Rocher. Die Vorstellung von dem was Pantomime ist, sei aber immer noch in der lang vergangenen Hochphase der Kunstform verhaftet. Aussprechend modern und anders soll es deswegen in den eigenen Vorstellungen abgehen. „Visuelle Komödie“ statt angestaubter „Pantomime“. Kunst sei immer auch ein Spiegel der Gesellschaft und ihrer Entwicklungen, so Nicolas weiter. Konzepte wie „slow motion“ oder ein „split screen“ sind für den Zuschauer von heute leicht zu erfassen. Oder anders: mann muss der Tradition nicht verhaftet bleiben, wenn sich die Welt weiter bewegt hat.

Wer die beiden schon einmal im Zelt gesehen hat, der weiß das Nordhausen morgen wieder eine kleine Perle von besonderer, kultureller Güte ins Haus steht, die man vor Ort so sonst nicht zu sehen bekommt. Allen anderen sei die „visuelle Komödie“ des Duo Mimikry wärmsten ans Herz gelegt. Die Vorstellung findet am morgigen Freitag, um 20 Uhr im Zappelini Zelt am Altentor statt. Mehr Informationen gibt es auf der Website der Zappelinis.
Angelo Glashagel
Autor: red

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