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Klimaschutz geht uns alle an - Teil 2:

Radel-Wahnsinn! Dem Klima am liebsten

Freitag, 11. Juni 2021, 10:06 Uhr
Im Sommersemester veranstaltet Professor Viktor Wesselak an der Nordhäuser Hochschule ein Seminar zum Thema "Nachhaltigkeit". Wir werden in der nnz einige der Beiträge in einer losen Reihe vorstellen...


Fahrradfahren (trendig mit einem Ebike) hat in der Coronazeit eine große Beliebtheit erfahren. Fahrradfahren bringt Menschen nach draußen an die frische Luft, hält fit und bringt schnell von A nach B. Und sogar fürs Klima ist es gut. Denn es stößt merklich weniger Treibhausgase aus als für die gleiche Strecke das Auto zu nutzen.

Der Verkehrssektor steht in Bezug auf Treibhausgas- Emissionen besonders schlecht da. In den vergangenen 30 Jahren gab es kaum Einsparungen und stagnierend hohe Werte. Der Trend zum SUV setzt sich weiter fort. Alternative Antriebe wie das E-Auto können in Bezug auf den Klimaschutz nur einen begrenzten Beitrag leisten. Obwohl deren Klimabilanz besser ist als eines benzin- oder dieselbetriebenen Fahrzeugs, ist der Energieaufwand für Herstellung und Nutzungsphase sehr hoch im Vergleich zum ÖPNV oder Radverkehr.

Das eigene Verkehrsverhalten erhöht den persönlichen CO2-Fußabdruck und wirkt den Klimazielen, die wir uns bis 2050 gesteckt haben, entgegen. Andere, autofreie(re) Möglichkeiten für die Erledigungen des täglichen Lebens und die Fahrt zur Arbeit sind längst gegeben. Busse, Züge, Straßenbahnen, Fahrgemeinschaften und Fahrräder transportieren Menschen CO2-ärmer zum Ort der Begierde und ebnen den Weg zur Mobilitätswende.

Züge und anderen öffentliche Verkehrsmittel schaffen eine effizientere Nutzung der verwendeten Transportenergie und des aufgewendeten Platzbedarfs. Denn auch ist das Auto als Verkehrsmittel dramatisch ineffizient. Die Fläche pro transportierter Person und nötige Parkflächen zeigen, wie viel mehr Platz Autos im Kampf um städtische Flächen benötigen. Abstellflächen konkurrieren mit Wohn-, Spiel- oder Grünflächen.
Die Mobilitätswende benötigt allerdings auch Infrastruktur: So muss der Ausbau des ÖPNVs dringend vorangetrieben werden, um auch die ländliche Bevölkerung nicht abzuhängen. Der Ausbau von Rad- und Fußgängerwegen ist nötig, damit Kurz- und Mittelstrecken gut, schnell und sicher bewältigt werden können. Der Langstreckenausbau des Radwegnetzes in Deutschland steigert zudem die Attraktivität, auch die Urlaubstage auf dem Rücken des Drahtesels zu verbringen.

Nordhausen hat dafür viel Potenzial. Viele notwendige Schritte könnten schnell und praktisch umgesetzt werden. Mehr Möglichkeiten Fahrräder sicher abzustellen, Radwege, auf denen Lastenräder und Räder mit Anhänger gut fahren können oder eine rad- und fußgängerfreundliche Ampelschaltung sind nur drei Beispiele, wie die Stadt Nordhausen schon morgen fahrradfreundlicher sein könnte.

Es gibt Städte, in denen Radfahrer von der Politik wie vollwertige Verkehrsteilnehmer behandelt werden. Das kann auch eine Kommune wie Nordhausen leisten, um attraktiver zu werden. Der „Arbeitskreis Thüringer Radverkehr“, der am 8.6.2021 vom Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Thüringen gegründet wurde, will die Radverkehrsinfrastruktur durch z. B. die Förderung von kommunales Vorhaben zum Ausbau von Radwegebau verbessern. Eine Steigerung des Radverkehrsanteils auf 15 Prozent bis 2030 hat sich die Thüringer Landesregierung zum Ziel gesetzt. 2017 betrug der Anteil in Thüringen 7 Prozent.
Zu Laufen oder mit dem Fahrrad zu fahren muss auch für Dienst- und Arbeitsweg attraktiver gemacht werden, um den Ausstoß an Treibhausgasen zu verringern. Finanzielle Unterstützung, Fahrräder mehr zu nutzen, sind an manchen Orten schon gegeben. Das Land Thüringen schafft mit den Förderprogramm Cargo Invest Anreize, um auf das Fahrrad als Verkehrs- und Transportmittel umzustellen und einige Firmen ermöglichen es ihren Mitarbeitern Firmenräder als Geschäftswagen zu nutzen.

Grafik (Foto: V.Wesselak) Grafik (Foto: V.Wesselak)

Die Grafik zeigt einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Mobilitätsverhalten im CO2-Rechner des Umweltbundesamts. Es wird eine jährliche Fahrstrecke von 8000 km angenommen. Während der deutsche Durchschnitt (rechter Balken) jährlich ca. 6000 km mit dem PKW und 2000 km mit Verkehrsmitteln des ÖPNVs zurücklegt, wird links ein klimafreundlicheres Verkehrsverhalten dargestellt. 4000 km werden hier mit ÖPVN zurückgelegt, 2000 km mit dem Rad und immer noch 2000 km mit PKW, der beispielsweise für Großeinkäufe genutzt wird. Es wurde bewusst nicht komplett auf das Auto verzichtet, um darzustellen, dass einige Fahrten nicht adäquat durch ÖPVN und Rad ersetzt werden können. Man erkennt, dass dieser moderate Wechsel des Verkehrsmittels schon einen Einfluss von 0,78 t CO2-Äquivalenten bewirkt.

Der Klimawandel ist bereits jetzt schon deutlich zu spüren und jeder sollte sich bewusst werden, dass das eigene Verhalten diesen beeinflusst- mit dem Rad, zu Fuß oder dem ÖPNV viel weniger als mit dem Auto.
Viktor Wesselak
Autor: red

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