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Wie links sind heute die Medien?

Sonntag, 16. Mai 2021, 17:00 Uhr
Natürlich, ich war ja ein Teil dieser Meute, die denkt, um sie und ihre Meinung muss sich tagtäglich die Welt drehen. Die Journalisten. Eigentlich bin ich es immer noch. Auch weil ich denke, ich müsste es noch eine Weile sein...


"Hab' viel begonnen, manches nicht beendet. Doch ich hab' was getan" - eine Zeile aus dem Song "Über mich" von Herbert Dreilich. Passt irgendwie zu mir, denke ich immer noch: Medizinstudium begonnen, nicht beendet, Facharbeiter gemacht, Meisterschule erfolgreich absolviert. Journalismus studiert - irgendwie in den "Wirren" der Wende zu Ende gebracht. Bei gedruckten Zeitungen gearbeitet, beim Rundfunk ein Regionalstudio geleitet, dann ins "Internet" gegangen.

Heute, mit satten 65, kann ich "Über mich" zurückblicken. Eigentlich könnte ich loslassen, so richtig loslassen. Doch darauf habe ich keinen Bock. Vor allem keinen Bock, weil ich sehe, dass und wie sich die Welt ändert und verändert, und das nicht immer zum Guten, wie ich das Geschehen in diesem Land für mich interpretiere.

Auch wie sich mein Berufsstand verändert hat, der normalerweise doch ein wesentlicher Teil des Kitts sein könnte, nein müsste, der unser Gemeinwesen zusammenhalten könnte. Aber: der Kitt bröckelt und daran sind auch die Medien schuld. Und das in einem nicht unerheblichen Maße.

Wir starten auf der Straße: In Dresden, dort wo sich schon vor Beginne des ungeregelten Zustroms von Asylsuchenden die Pegida-Bewegung etablierte. Dort fiel dann auch zum ersten Mal wahrnehmbar das Wort "Lügenpresse". Die demonstrierenden und ein großer Teil der nichtdemonstrierenden Menschen hatten es dann - vor allem in den Jahren 2015 und 2016 - einfach satt, die medialen Jubelgesänge über immer mehr hier ankommende Familien und Kindern mit großen traurigen Augen zu hören und zu sehen. In ihrer Realität jedoch waren es überwiegend junge Männer, die von ihren Familien im arabischen Raum auf die Reise ins vermeintlich gelobte Land geschickt wurden.

Zunehmend ging die Schere zwischen erlebter Realität und servierter Medienwelt auseinander. Vor allem aber war es das Belehrende und Unterstellende, dass jeder, der auch nur ansatzweise Kritik übte, zuerst in die rechte, dann in die rechtsextreme und schließlich in die faschistische Ecke verbannt wurde.

Woran lag und liegt es immer noch, dass die sich selbst Qualitätsmedien nennenden Verlage, Konzerne und öffentlich-rechtlichen Anstalten, so weit von der Welt eines sehr großen Teils ihrer Rezipienten entfernt haben? Eine Antwort auf diese Frage ist: es liegt am eigenen Personal.

Das zumindest ist die Grundaussage von Prof. Christian Hoffmann von der Uni Leipzig in einem längeren MDR-Interview von heute. Nahezu alle Studien würden belegen, dass heutzutage Journalisten vorwiegend links eingestellt seien. "Also, wenn man untersucht, wo stehen Journalistinnen und Journalisten politisch, dann kenne ich keine einzige Studie, die nicht zu dem Ergebnis kommt, dass das weit überwiegend links der politischen Mitte ist", sagt Hoffmann in dem Gespräch bei mdr aktuell.

Das komme in vielfältiger Weise zum Ausdruck, zum Beispiel "wer wird wie häufig zitiert oder eingeladen", welche Bilder werden ausgewählt oder wie werde kommentiert. Vor allem komme der Linksruck bei den Medienmachern hervor, wenn es um etwas "Größeres" oder "Überraschenderes" gehe, wie zum Beispiel die Flüchtlingskrise in Deutschland oder die Klimakrise.

Möglich wäre, so die Aussage des Kommunaktionswissenschaftlers, dass die politische Debatte vergiftet wurde, wenn der überwiegende Teil des Medienangebotes in die linke Richtung ausschwärme. Das sei zum Beispiel bei Trump, AfD oder Brexit der Fall gewesen. Die Ursachen liegen vor allem darin begründet, dass Journalisten nicht die Berührung zu Menschen hätten, die Trump interessant fanden oder für den Brexit seien. Hier sei das Berufsfeld des Journalismus zu homogen geworden.

Deutlich sichtbar und bestätigt wurden diese Aussagen durch eine Untersuchung und Veröffentlichung von politischen Ansichten der Volontäre der ARD und des Deutschlandradios. Demnach würden bei einer Bundestagswahl 57 Prozent die Grünen, 23 Prozent die Linke und drei Prozent die Union wählen. Die AfD kommt in der Auswertung überhaupt nicht vor.

Die Umfrage hatte die aktuelle Situation zum Thema. Wer will jedoch belegen, dass diese Momentaufnahme eben keine Moment-, sondern eine über Jahre hinweg gleichbleibende Bestandsaufnahme ist. So könnte es sein, dass diejenigen Kolleginnen und Kollegen der "Öffentlichen", die vor 10 oder 15 Jahren ihr Volontariat erfolgreich absolvierten, heute leitende Positionen bei ARD oder ZDF inne haben und so maßgeblich Inhalt und Ausrichtung der Berichterstattung bestimmen.

Kein Wunder also, dass sich immer mehr Menschen den alternativen Medien zuwenden. Für mich sind das zum Beispiel "Achgut" oder "Politico", aber auch "Tichys Einblicke". Gebe es die mit ihren gestandenen Journalisten nicht, dann zum Beispiel hätte sich vermutlich der Berliner Tagesspiegel nicht gemüßigt gefühlt, sich für seine Berichterstattung zu "#allesdichtmachen" mehrfach zu korrigieren und zu entschuldigen.

Alternativen zu haben ist immer gut. Ich schreibe das, weil ich fünf Jahre in einem System diesen Job machte, das mir beruflich keine alternative Meinung zubilligte. Ich hoffe, dass sich viele meiner jungen Kolleginnen und Kollegen dessen bewusst sind und den Anfängen der Ächtung anderer Meinungen mit der Macht trotzen, mit der sie diese Berufung ausstattet.
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg

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