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Der Brandanschlag am Nordhäuser Rathaus wirft Fragen auf

Galt der Anschlag auch der deutschen Fahne?

Sonntag, 16. Mai 2021, 11:30 Uhr
Aufgrund der Gewalteskalation letzte Woche in Israel und Gaza wurde der Brandanschlag auf das Nordhäuser Rathaus in der Öffentlichkeit schnell als Angriff auf die israelische Flagge eingeordnet. Fotos vom Tatort belegen aber, dass auch die deutsche Staatsflagge angegriffen wurde. Eine Betrachtung von Olaf Schulze …

Im Polizeibericht vom Freitagmorgen zum nächtlichen Überfall heißt es lediglich: „Die israelische Flagge und die daneben gehisste Deutschlandflagge blieben unbeschädigt. An der Fassade sind Verrußungen zu sehen.“

Unterhalb der deutschen Fahne befindet sich der Sockel, auf dem der Stofffetzen brannte (Foto: oas) Unterhalb der deutschen Fahne befindet sich der Sockel, auf dem der Stofffetzen brannte (Foto: oas)

Genauer betrachtet sind die Verrußungen am neuen Rathaus links des Eingangsportals auf dem Sockel zu sehen, wo der brennende Stofffetzen eines Molotov-Cocktails gelandet ist. Über diesem Sockel weht aber die deutsche und nicht die israelische Fahne. Hätten die Angreifer es nur auf die israelische Flagge abgesehen, hätten sie den Brandsatz rechts vom Eingangsportal werfen müssen. Es ist kaum anzunehmen, dass sie so schlecht gezielt haben und die israelische Flagge um mehrere Meter verfehlten.

Die Ermittlungen des Staatsschutzes laufen derzeit noch und bisher wurde von dieser Seite nicht bekannt gegeben, wie viele Brandsätze die Täter warfen. Im Polizeibericht steht allerdings „Wurfgeschosse“, was nahe legt, dass mindestens zwei, vermutlich aber sogar drei Geschosse auf das Rathaus geworfen wurden. Zeugen haben drei Verdächtige vom Tatort fliehen sehen und möglicherweise hatte jeder Täter einen Brandsatz dabei.

Angesichts der verstörenden Bilder der Gewalt, die gestern bei so genannten „pro palästinensischen Demonstrationen“ in ganz Deutschland entstanden, wo Tausende Menschen offen ihren Judenhass zum Ausdruck brachten, ist auch der Verdacht der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Nordhäuser Anschlag habe sich gegen die Flagge des Staates Israel gerichtet, durchaus begründet und nachvollziehbar.

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow verurteilte die symbolische Attacke gegen den Staat im Nahen Osten auf das Schärfste. Aufmärsche vor Synagogen und in mehreren deutschen Innenstädten, bei denen „Scheiß-Juden“ skandiert oder die Vernichtung des Staates Israel gefordert wird, sind beschämend und nicht tolerabel.

Ein bekennender Einsatz für die Rechte der Palästinenser und Solidaritätsbekundungen mit den Menschen im Gaza-Streifen dürfen nicht zu unverhohlenen, antisemitischen Ausschreitungen führen, bei denen sogar Menschen verletzt und Fahnen verbrannt werden. Hier sind alle deutschen politischen und gesellschaftlichen Kräfte sowie der deutsche Staat gefordert, sich solchen Entwicklungen entschieden in den Weg zu stellen und sich so klar wie die Nordhäuser Stadtverwaltung nach dem Brandanschlag zu positionieren: „Jetzt wird die Fahne als Signal der Solidarität mit den Menschen in Israel und unserer Partnerstadt Bet Shemesh weiter über den 14. Mai - der Staatsgründung Israels - hinaus am Rathaus gehisst bleiben. Die Stadt Nordhausen zeigt damit klare Haltung gegen jegliche Form von Hass, Gewalt und Antisemitismus. Eine wehrhafte Demokratie darf diese Art der Gewalt weder dulden noch vor ihr zurückschrecken und muss deutlich sichtbare Zeichen setzen.“

Aufnahmen unmittelbar nach der Tat. Über dem Sockel hängt die deutsche Fahne (Foto: Polizeiinspektion Nordhausen) Aufnahmen unmittelbar nach der Tat. Über dem Sockel hängt die deutsche Fahne (Foto: Polizeiinspektion Nordhausen)

Als ehemaliger DDR-Bürger, der als Kind mit den Ereignissen des Sechs-Tage-Krieges aufwuchs, als die komplette arabische Welt beim Versuch den Staat Israel zu zerstören kläglich scheiterte und die kommunistische Propaganda des realen Sozialismus nicht müde wurde, uns den jungen Staat der Juden als imperialistischen Aggressor darzustellen, applaudiere ich diesem klaren Bekenntnis der Nordhäuser Rathausspitze.

Und mir kamen gestern bei den geschwenkten Palästinenserfahnen neben roten mit Hammer und Sichel auch die brutalen Terrorakte während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München wieder ins Gedächtnis. Elf israelische Sportler und ein Polizist wurden im olympischen Dorf bei dem Versuch ermordet, die Freilassung arabischer Terroristen und der linksextremen deutschen Baader-Meinhoff-Gruppe zu erpressen. Bis heute hat sich diese kriminelle Liaison deutscher Linksextremer mit der Terrororganisation Hamas fortgesetzt, wie die Aufmärsche gestern beweisen.

Der Staat Israel aber wird sich auch im momentanen Konflikt als wehrhafte Demokratie - wie schon 1972 - weder von individuellem Terrorismus, noch vom Bombenterror der Hamas oder den politischen Zielen links- oder rechtsradikaler Judenhasser aufhalten lassen.
Olaf Schulze
Autor: osch

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