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Intrasol - im Lichte eines Sterns

Freitag, 12. März 2021, 09:00 Uhr
Nahezu jeder Stern verglüht einmal. Gut, dass sich unsere "Mutter Erde" damit noch ein wenig Zeit lassen wird. Einem anderen Stern, der im beschaulichen Nordhausen zu einem "Riesen" aufgeblasen wurde, ging nun die Energie und damit das Licht aus...


Nein, das soll hier keine Häme sein, doch Kollegen von mir und gute Freunde werden bestätigen, dass ich die "Intrasol-Sonne" stets mit einem kritisch-gesunden Unbehagen beobachtet habe. Eigentlich schade, dass ich Recht behalten sollte.

Das Unbehagen begann bereits in den ersten Tagen, da der Stern des Unternehmens entzündet wurde. Allein dieser Prozess dauerte mehrere Monate, in denen die regionalen Medien (auch die nnz) nicht nahezu euphorisch berichteten. PR verstanden die beiden Jungstars Kupfer und Benkenstein bestens, vermutlich auch, weil das heutzutage zu jedem Studium als Hauptfach dazugehört.

Es gab nur noch Superlative und nahezu jeder Politiker oder kommunale Anführer stand parat als es galt, mal wieder eine E-Zapfsäule, einen Ladepark einzuweihen oder einfach mal wieder ein Gruppenfoto mit künftigen Preisträgern zu "machen". Man wollte einfach dabei sein. Es fehlte eigentlich nur noch die Bundeskanzlerin und ihr Wirtschaftsminister als begleitende Prominenz.

Vielleicht war das hier schon der Beginn des "mehr Schein als Sein"? Wir wissen es momentan noch nicht. Weil: es flossen Fördermittel - also auch meine und ihre Steuergelder - und vermutlich auch Einlagen stiller Teilhaber in Strömen. Das ist meist der Anfang vom Ende, wenn nicht auch mal vom Ende her gedacht wird.

Das erste Büro konnte nicht schick genug sein, die angekündigten Projekte überschlugen sich. Auch wir als Medien haben nicht nachgehakt, ob denn welches Projekt nicht nur beendet, sondern auch mit einem gewissen Erlös realisiert wurde. Herrlich war es, dass eine Idee aus Nordhausen schier die halbe Welt zu erobern schien. Ja, bei der inzwischen gegründeten Intelligent Traffic Solutions GmbH flutschte es und als eine der ersten Marken gründeten die Gründer "mobility.easy,efficient.electric", auch mobeee, genannt.

So konnte es munter weitergehen, denn die deutsche Welt war beseelt von den alternativen Energien, nannte junge Menschen, die Tagebaue stürmen, die Bandstraßen besetzen und die Polizisten mit ihrem eigenen Kot aus Baumhäusern heraus beschmissen, Aktivisten, applaudierte über den freien Schulfreitag. Alles, was vier Räder hatte und weniges als 3,5 Tonnen wog, musste plötzlich elektrisch fahren. Angetrieben von Akkus und sonst nix.

Allerdings: das Volk da draußen, außerhalb der "Shared Mobility"- und der "mobility.easy,efficient.electric"-Blase, das stand und steht weiterhin auf Autos, die meist im Viertakt oder als Zünder funktionieren. Komisch diese Menschen, die überhaupt nicht so funktionieren wie die grünen Visionäre sich das vorstellen. Aktuell wurde verkündet, dass Deutschland in elektrischen Neuzulassungen nach China und vor den USA natürlich, den zweiten Platz in der runden Welt einnimmt. Toll und Gratulation zu dieser statistischen Meisterleistung.

Was aber wäre, wenn es in Deutschland die großzügige Förderung von E-Autos, die Anwendung der 0,25 Prozent- oder 0,5-Prozent-Regel statt der 1-Prozent-Variante bei Firmenwagen nicht gebe? Was, wenn der Strom aus Windrädern oder Solaranlagen nicht großzügig gefördert und von uns allen bezahlt würde?

Was, wenn der ländliche Raum überhaupt nicht für die E-Mobilität taugt? Darüber hatten sich die Intrasol-Gründer scheinbar keine Gedanken gemacht. Fördermittel waren da, man hatte schließlich das richtige Thema. Und es war, nein es ist immer noch die richtige Zeit. Und trotzdem: Nun ist die Insolvenz da, Arbeitsplätze gingen verloren. Das allein ist bitter. Verloren sind auch die schönen künftigen Motive für die Politiker, die sie in den bevorstehenden Wahlkämpfen so dringend brauchen. Mit "mobility.easy,efficient.electric" zusammen auf einem Foto - das wäre es doch.

Vielleicht kamen Kupfer und Benkenstein zu früh mit ihrer Idee, vielleicht an einem falschen Ort? Mag ja sein oder die Zeit war und ist einfach noch nicht reif für die Transformation der Gesellschaft. Nachgefragt, ob sie, die Gesellschaft, das mehrheitlich überhaupt will, haben die einstigen Sterne am Nordhäuser E-Mobilitäts-Himmel nicht. In dieser Beziehung gleichen die jungen Männer schon fast einigen, nein, vielen Politikern.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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