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Werna

Generalüberholung für das Spiegel’sche Haus

Sonnabend, 27. Februar 2021, 07:30 Uhr
Gute 50 Meter lang, 16 Meter breit, rund 2000 Quadratmeter Nutzfläche auf zwei Etagen und die einzigen Bewohner sind Fledermäuse. Das eindrucksvolle „Spiegel’sche Haus“ in Werna steht seit 1992 leer. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Die ersten Schritte zur Renaissance des Fachwerkbaus werden gerade gemacht…

Nach 30 Jahren Stillstand soll das Spiegel'sche Haus aus dem Dornröschenschlaf geholt werden (Foto: agl) Nach 30 Jahren Stillstand soll das Spiegel'sche Haus aus dem Dornröschenschlaf geholt werden (Foto: agl)

Das Spiegel’sche Haus in Werna ist etwas besonderes. Der größte Fachwerkbau der Region aus der Zeit kurz nach dem 30jährigen Krieg ist von imposanter Größe, für sein Alter vergleichsweise gut erhalten und das einzige Haus seiner Art, das so weit im Norden noch Einflüsse der fränkischen Fachwerkkunst der Renaissance zeigt. Und es steht seit bald 30 Jahren leer und rottet vor sich hin.

Über die Jahre hat der Landkreis immer wieder versucht das Objekt zu verkaufen, manch Investor legte Ideen auf den Tisch, alle scheuten letztlich aber die Herausforderung. Unter Ex-Landrätin Birgit Keller gab der Kreis das Haus schließlich an die Service-Gesellschaft ab. Durch eine glückliche Fügung ist die inzwischen in der Lage, dem Zahn der Zeit etwas entgegenzusetzen. 2019 erhielt der Freistaat Thüringen eine Rückzahlung aus alten SED-Vermögen. Eine Million Euro des unerwarteten Geldsegens gingen auch auf den Landkreis Nordhausen nieder und wurden hier für die Wiederbelebung des Parks Hohenrode und des Spiegel’schen Hauses eingeplant. In Zusammenarbeit mit der Stadt Ellrich konnte man die 500.000 Euro Mittel über Förderprogramme auf rund 1,7 Millionen Euro hebeln.

Gunnar Reuter: "So etwas darf man nicht verfallen lassen" (Foto: agl) Gunnar Reuter: "So etwas darf man nicht verfallen lassen" (Foto: agl)


Und so ist es nun an der Service-Gesellschaft des Kreises, sich der Herausforderung zu stellen. „So etwas kann man heute gar nicht mehr bauen, das muss man erhalten und kann es nicht einfach verfallen lassen.“, erklärte Gunnar-Reuter, Chef der „Service“ beim Baustellenbesuch am Freitag. Mit im Boot ist das Architekturbüro Gerbothe & Oeller und die Firmen … und …. Das Dach sei in einem besseren Zustand als erwartet, berichteten die Architekten, nach Witterungsbedingten Verzögerungen rechne man damit die Arbeiten an der Westseite bis Ende März abschließen zu können und so das Haus wieder trocken zu legen.

Dem finalen Griff zum Werkzeug waren lange Planungen und Untersuchungen vorangegangen, die Begutachtung des Holzes etwa liegt inzwischen gute acht Jahre zurück. „In der Zwischenzeit ist die Lage sicher nicht besser geworden. Viele Schäden sieht man erst dann, wenn man die Wände aufmacht aber für den Moment sieht es von der Kosten her noch gut aus“, erklärte Architektin Annette Oeller. Völlig unklar ist hingegen noch, welche Überraschungen im Keller warten. Aber bis man in die untersten Etagen kommt, dürfte es noch ein wenig dauern, im ersten Bauabschnitt ist erst einmal das Dach dran. Kostenpunkt: 242.000 Euro, wobei die Service-Gesellschaft noch einmal zehn Prozent Eigenanteil beisteuern muss.

Für die alten Dachabdeckungen hat der Volksmund eindeutige Bezeichnungen: der "Mönch" liegt oben, die zwei "Nonnen" unten (Foto: agl) Für die alten Dachabdeckungen hat der Volksmund eindeutige Bezeichnungen: der "Mönch" liegt oben, die zwei "Nonnen" unten (Foto: agl)

„Uns wird ja immer mal wieder vorgeworfen das wir solche Projekte letztlich über die Kreisumlage finanzieren würden, aber das stimmt schlicht nicht“, erklärte Landrat Jendricke. Vielmehr würde man auf hohe Fördersätze bauen, in diesem Fall immerhin 90%. Im zweiten Bauabschnitt soll die Sanierung der Längsseitigen Fassaden folgen, Abschnitt drei befasst sich mit den Giebelseiten. Ende 2022 könnte man damit fertig werden, schätzen die Architekten, die beiden nutzbaren Etagen im Innenraum mit insgesamt 2000 Quadratmeter umfang hat man da noch gar nicht angefasst. Für die Sanierung des Innenbereichs bedürfe es eines passenden Nutzungskonzeptes bevor auch hier angepackt werden könne, führte Jendricke weiter aus. Erste Überlegungen gebe es dazu in der Service-Gesellschaft bereits, noch sei es aber zu früh um konkrete Vorstellungen auf den Tisch zu legen.

Mit der eindrucksvollen Dachkonstruktion wird man noch eine Weile zu tun haben (Foto: agl) Mit der eindrucksvollen Dachkonstruktion wird man noch eine Weile zu tun haben (Foto: agl)

Abseits des Gebäudes wartet auch im Gelände Arbeit. Der Park des Spiegel’schen Hauses wird in Werna als Versammlungsstätte und Feste gerne genutzt, ist aber durch die Trockenschäden der letzten Jahre im Moment nicht nutzbar. Auch hier will die Servicegesellschaft aktiv werden.

Wenn die Sanierung des Hauses wie geplant fortschreiten kann, dann könnte man (unter Idealbedingungen) gegen Ende 2025 fertig werden, schätzen die Architekten Gerbothe und Oeller, wohlgemerkt mit einem ordentlichen Schuss Optimismus. Ob das klappt steht in den Sternen, die Fördermittel fließen nur Scheibchenweise und mit 1,7 Millionen wird es nicht getan sein. Und so wird man wohl auch in den nächsten Jahren weiter verfahren, wie es Gunnar Reuter umrissen hat: „Wer es eilig hat, soll langsam gehen“.
Angelo Glashagel
Autor: red

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