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Der Corona-Rückblick

Auf der Suche nach dem Weg zurück

Dienstag, 12. Januar 2021, 18:30 Uhr
Auch wir sind "Rot" geworden, sagte heute Landrat Matthias Jendricke mit Blick auf die Infektionszahlen im Kreis. Zwischen weiteren Testmöglichkeiten und der Hoffnung auf mehr Impfstoffe sucht man im Landratsamt den Weg zurück unter die Marke von 50 Neuinfektionen. Die aktuelle Lage im Überblick...



36 Neuinfektionen registrierte das Nordhäuser Gesundheitsamt gestern und in Bleicherode trauert ein Pflegeheim heute um einen Bewohner und einen 65jähriger Mitarbeiter, die beide ihre Corona-Erkrankungen nicht überlebt haben. Die Zahl der Todesopfer ist im Landkreis damit auf 29 gestiegen. 1134 Nordhäuserinnen und Nordhäuser befinden sich in Quarantäne, 291 sind aktuell erkrankt, 39 befinden sich in Behandlung, 13 in intensivmedizinischer Betreuung. Nach größeren Ausbrüchen in zwei Pflegeheimen war es zuletzt ein Wohnheim des Lebenshilfe in der Justus-Jonas-Straße in Nordhausen, welches zum Schwerpunkt des Infektionsgeschehns wurde.

In den Kliniken des Kreises kommen Corona-Patienten von außerhalb hinzu, die vor Ort versorgt werden. Nahm man im Freistaat zu Beginn der zweiten Welle noch Patienen aus anderen Bundesländern auf, ist man inzwischen auch in Thüringen gezwungen, teilweise Patienten anderswo unterzubringen. Mit rund 595 Fällen pro 100.000 Einwohner ist der Kreis Saalfeld-Rudolstadt für den Moment trauriger Spitzenreiter im bundesdeutschen Pandemiegeschehen, auf Platz zwei folgt Hildburghausen.

In Nordhausen ist man von diesen Spitzen noch weit entfernt, aber auch hier hat die 7-Tage-Inzidenz den Wert von 200 jüngst überschritten. "Am Wochenende sind auch wir "rot" geworden", sagte Landrat Matthias Jendricke heute. Nach den Feiertagen sei ein "erheblicher Aufschlag" zu erwarten gewesen, die aktuelle Entwicklung hat die Verwaltung aber nun dazu bewogen, die bereits angelaufene Unterstützung durch die Bundeswehr in Sachen Kontaktnachverfolgung über den Januar hinaus zu verlängern und um zwei weitere Soldaten als Verstärkung zu bitten.

"Wir müssen alle gemeinsam Wege suchen, um mit dem Fallzahlen wieder nach unten zu kommen," mahnt Jendricke. Ein "Sprung nach oben" sei sonst möglicherweise nicht mehr aufzuhalten. Wenn an einem Tag 50 und mehr neue Fälle bekannt werden, wie letzten Freitag geschehen, stelle das die Nachverfolgung trotz personeller Verstärkung vor enorme Herausforderungen. "Akzeptabel ist nur ein Index von 50 oder niedriger. Da wollen wir wieder hin, das ist beherrschbar", so der Landrat.

Gerade Mitarbeiter in sensiblen Bereichen wie Pflegeeinrichtungen müssten sich auch außerhalb des beruflichen Umfeldes "sehr konzentriert" verhalten und Konakte möglichst minimieren um den Virus nicht unversehens in ihre Einrichtungen zu tragen. "Viele sind sehr engagiert dabei und beachten das auch. Aber wir müssen trotzdem noch einmal an alle appelieren mitzuziehen. Das gilt auch bei Kleinigkeiten in der Freizeit oder im Betrieb. Der gemeinsame morgendliche Kaffee oder die Geburtstagsrunde, das sind alles alltägliche Kontaktsituationen, die minimiert werden müssen um Risiken zu vermeiden."

Schneller in die Testfolge
Inzwischen kommen, unter anderem in Pflegeeinrichtungen, sogenannte Schnelltests vermehrt zum Einsatz. Das Landratsamt weist darauf hin, dass im Falle eines positiven Befundes eine offizielle Meldepflicht besteht und ein weiterer PCR Test zwingend nötig ist. "Wir nehmen diese Antigen-Tests sehr ernst und wollen dafür sorgen, das Menschen mit positiven Testergebnissen möglichst zügig in die reguläre Testreihenfolge kommen", erklärte Jendricke. Dazu wird es demnächst weitere Informationen auf der Website des Landratsamtes geben. Betroffene können das Testzentrum des Kreises rund um die Uhr via E-Mail an:

corona-test@lrandh.thueringen.de

erreichen. Außerdem ist das Testzentrum von Montag bis Freitag zwischen 10 und 12 Uhr auch telefonisch unter 03631/911-9201 erreichbar. Man habe das Zeitfenster für telefonische Kontakte bewusst eingegrenzt, damit den Test-Teams genug Zeit bleibt, andere Aufgaben zu erledigen, so Jendricke weiter. Grundsätzlich führe der Weg aber weiterhin über den Hausarzt und die Kassenärztliche Vereinigung, die über 116-117 erreicht werden kann. "Der Hausarzt ist die richtige Adresse. Wir wollen hier aber zweigleisig fahren. Wer das Gefühl hat, auf diesem Weg nicht weiterzukommen, der kann sich beim Testzentrum melden. Wenn die E-Mails bei uns eingehen, sind wir am nächsten morgen parat und führen das in den Ablauf ein." Wichtig sei bei der Benachrichtigung per E-Mail, das Betroffene ihre Telefonnummer als Kontaktinformation angeben.

Testbus und Screening für Betriebe
Der "Testbus" soll in der kommenden Woche losgeschickt werden. Es bestehe dann auch die Möglichkeit für Betriebe, Screenings der eigenen Belegschaft mit doppelter Testfolge anzumelden. Fragen dazu können ebenfalls über die oben genannte E-Mail Adresse gestellt werden.

Die Räumlichkeiten des Kreises in der ehemaligen Grenzkaserne in Rothesütte sollen ebenfalls ab kommender Woche als freiwilliges Quarantänezentrum zur Verfügung stehen. Die Räume verfügen sowohl über WLAN als auch über Fernseher und für den Zeitraum der Quarantäne übernimmt der Kreis die Verpflegung der Isolierten. Fällig wird hierbei allerdings ein Auslageersatz in Höhe von 30 Euro. Das Landratsamt weist daraufhin, dass die Räume in erster Linie für eine geordnete Quarantäne Zeit genutzt werden können und kein Krankenhaus ersetzen. Eine medizinische Betreuung gibt es hier nicht.

Hoffen auf die Impfstoffe
Landrat Jendricke kritisierte erneut die Informationspolitik des Landes zur Impfstoff-Situation. Da die Landkreise hier keinerlei Zuständigkeit haben, verfüge die Verwaltung über keine weiterführenden Informationen. Jendricke kritisierte zudem, dass in Thüringen Hilfsorganisationen wie das Technische Hilfswerk, das Rote Kreuz oder die Johanniter nicht in die Abläufe des Impfgeschehens eingebunden wurden. "Das bemängeln alle Kollegen und wir sehen wie schwer wir in die Gänge kommen.", sagte Jendricke. Mit der Zulassung weiterer Impfstoffe hoffe man aber auf einen baldigen, größeren "Aufschlag", der einen "Sprung" im Frühjahr und Normalität im Sommer ermögliche. Sollte sich herausstellen, dass die Kapazitäten des Impfzentrums in Nordhausen Nord in diesem Fall nicht ausreichen, biete der Landkreis weiterhin die Nutzung des Jugendclubhauses an.

"Wir werden alles tun, um die Zahlen unten zu halten und denen zu helfen, die betroffen sind", unterstrich Jendricke. Alles mit Ausnahmen. Bei den neuen Kontaktregeln, die ein Treffen mit maximal zwei Personen vorsehen, habe man es versäumt, Ausnahmeregelungen für betreuungspflichtige Kinder anzufügen. Die sei "lebensfremd" und gehe an der Alltagsrealität vieler Eltern gerade jüngerer Kinder vorbei. Der Ordnungsdienst, der laut Landrat wie gehabt primär auf Sensibilisierung, nicht sofort auf Strafe setzen soll, werde mit Blick auf Kinder bis 14 Jahre ein Auge zu drücken. Auch die 15-Kilometer Vorgabe sieht Jendricke kritisch, da diese, sollte sie zu einem tatsächlichen Verordnung erhoben werden, in der Realität nicht flächendeckend verfolgen ließe.

Ob mögliche Virusmutationen, wie sie Ende des Jahrese in Großbritannien entdeckt wurden, im Landkreis "unterwegs" sind, ist der Kreisverwaltung nicht bekannt. Dies festzustellen liege an den Laboren, die dafür tiefergehende Analysen durchführen müssten, wozu man technisch nicht überall in der Lage sei.

Im "diffusen" Infektionsgeschehen sieht Jendricke auch einen, leider nicht minder diffusen, Lichtblick: die Infektionsspitzen, die man im Zuge der Feiertage bereits im Vorfeld erwartet hatte, dürfte man im Laufe der Woche erreicht haben. Vielleicht, mit etwas Glück, gehen die Zahlen in den kommenden Tagen wieder etwas herunter. Mit Sicherheit ließe sich das aber nicht sagen.
Angelo Glashagel
Autor: red

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