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Sachsen-Anhalt kippt Medienänderungsstaatsvertrag

Keine Erhöhung der Rundfunkgebühren

Dienstag, 08. Dezember 2020, 13:39 Uhr
Rainer Haseloff, der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, hat heute die Landtags-Abstimmung über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags zurückgesetzt. Damit kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht wie geplant ab Januar neue Gebührensätze einziehen. Darüber sind die GRÜNEN in Thüringen verärgert …

Keine Gebührenerhöhungen für den Öffentlichen Rundfunk (Foto: pashminu) Keine Gebührenerhöhungen für den Öffentlichen Rundfunk (Foto: pashminu)


Haseloff will mit seinem Beschluss verhindern, dass seine CDU-Fraktion im Landtag die Gebührenerhöhung um 86 Cent auf dann 18,36 Euro monatlich und pro Haushalt gemeinsam mit der AfD-Fraktion zu Fall bringt. Der Konflikt drohte in der letzten Woche die Koalition aus CDU, SPD und GRÜNEN in Magdeburg zu sprengen und Haseloff entließ bereits seinen Innenminister, den CDU-Landesvorsitzenden Holger Stahlknecht, weil der sich mit großen Teilen der Fraktion weigerte, der Gebührenerhöhung zuzustimmen.

Trotz der Ankündigung, die Koalition zu verlassen, wenn den Forderungen von ARD und ZDF nicht zugestimmt wird, bleiben sowohl SPD wie auch GRÜNE nun doch in der Regierung. Pikant an der Angelegenheit ist, dass beide Parteien sich im Koalitionsvertrag für eine Beibehaltung der bisherigen Rundfunkgebühren ausgesprochen hatten. Jetzt sind sie empört, dass die CDU-Abgeordneten mit der AfD stimmen will, die prinzipiell gegen eine Erhöhung der Beiträge ist.

Die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten haben inzwischen angekündigt, bis zum Bundesverfassungsgericht für die Erhöhung zu klagen.

Auch in Thüringen sind es vor allem die GRÜNEN, die auf der von einer eigens dafür geschaffenen Kommission beschlossenen Erhöhungen trotz der allgemeinen Belastungen im Corona-Jahr bestehen. Madeleine Henfling, medienpolitische Sprecherin der Thüringer Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, äußerte sich verärgert: „Der heutige Entschluss des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, den ersten Medienänderungsstaatsvertrag zurückzuziehen, ist nicht nur eine Regierungskrise in einem benachbarten Bundesland. Es ist vielmehr eine Krise der CDU in Ostdeutschland, die den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk im Stimmenkampf mit der AfD opfert.“

Auch die Thüringer CDU-Mitglieder des Ausschusses für Europa, Kultur und Medien hatten am vergangenen Freitag dem Thüringer Landtag keine Empfehlung zur Zustimmung für den ersten Medienänderungsstaatsvertrag gegeben.

„Wir als Grüne haben uns immer zum unabhängigen öffentlichen Rundfunk bekannt. Um diese Unabhängigkeit zu wahren, wurde ein Verfahren festgelegt, dass dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk garantieren soll, auch finanziell vor politischer Einflussnahme geschützt zu sein. Eine bockige Verweigerung der KEF-Empfehlung beschädigt das demokratische Verfahren.“, sagte Frau Henfling weiter. „Das Agieren der CDU zu diesem Thema ist unredlich und antidemokratisch“, bewertet Madeleine Henfling schließlich das Handeln der CDU.

Bei der Frage des Rundfunkbeitrages wurde ein Verfahren festgeschrieben, dass der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) unter anderem die Aufgabe zuschreibt, über die Beitragsentwicklung zu wachen und Empfehlungen auszusprechen.

update: 15.10 Uhr - DIE LINKE
"CDU betreibt das Geschäft der Rechtsextremen"

„André Blechschmidt, Sprecher für Medienpolitik der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag kommentiert die Entscheidung haseloffs folgendermaßen:
"Die heute gefallene Entscheidung, den von 16Ministerpräsidenten unterzeichneten Medienänderungsstaatsvertrag nicht zu ratifizieren, ist eine Bankrotterklärung der Sachsen-Anhaltinischen CDU und der dort regierenden Kenia-Koalition. Ministerpräsident Haseloff hat nicht nur seinen Laden nicht im Griff, er setzt mit dieser Entscheidung auch die Axt an einen qualitativ hochwertigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Damit betreiben er und seine CDU-Fraktion das Geschäft der Rechtsextremen, denen objektive Berichterstattung und aufgeklärte Bürger ein Dorn im Auge sind.“
 
„Die jetzigen Kapriolen können daher nur als Anbiederung an die AfD und übelste Wahlkampfposse dieser Trümmertruppe bezeichnet werden“, so Blechschmidt.
 
Nun müsse die Thüringer CDU zügig klären, ob sie dem Beispiel aus Sachsen-Anhalt folgen wird oder ob sie aus dem Tabubruch der Zusammenarbeit mit der AfD im Februar gelernt hat und den Weg frei macht für die Zustimmung zur moderaten Beitragserhöhung durch Thüringen, wie es von der KEF empfohlen wurde.

 "Wir als LINKE im Thüringer Landtag stehen auch weiterhin für einen qualitativ hochwertigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und werden dies in der Abstimmung zum Medienstaatsvertrag am 16. Dezember 2020 im Thüringer Landtag dokumentieren“, so der LINKE-Politiker Blechschmidt abschließend.

update: 15.50 Uhr - SPD
"Haseloff liefert Saboteuren eine Steilvorlage"

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag,Matthias Hey, gibt ein klares Bekenntnis zur Rundfunkgebührenerhöhung und reagiert mit Unverständnis auf Haseloffs Entscheidung: „Haseloff liefert den Saboteuren eines gut geeinten Vertrages eine unnötige Steilvorlage – SPD steht klar hinter Erhöhung des Rundfunkbeitrags“
 
Ferner führt der Sozialdemokrat aus: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine tragende Säule unserer demokratischen Öffentlichkeit. Der von Haseloff selbst mit ausgehandelte Staatsvertrag unterstreicht das. Umso unverständlicher ist deshalb, dass Haseloff jetzt den Vertrag zurückzieht. Damit liefert er den Saboteuren eines gut geeinten Vertrages eine unnötige Steilvorlage“, so Hey.
 
Die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag bekennt sich klar zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und trägt die geplante Beitragserhöhung mit. Gerade der anstehende Reformprozess setze eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung voraus.
Autor: red

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