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Die Sieben Wunder Nordhausens

Der erste Streich

Mittwoch, 04. November 2020, 22:01 Uhr
Die große Enthüllung musste abgesagt werden, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen: unter dem strahlenden Theodosius-Stein kam man heute in kleiner Runde zusammen, um das Werk wenigstens ein bisschen hoch leben zu lassen. Und der „goldene Theo“ war vielleicht nur der erste Streich…

Für den "goldenen Theo" gab es heute wenigstens eine kleine, feierliche Enthüllung (Foto: agl) Für den "goldenen Theo" gab es heute wenigstens eine kleine, feierliche Enthüllung (Foto: agl)


Dieses Jahr kennt so manches „Eigentlich“. Eigentlich hätte es ein Rolandsfest geben sollen. Eigentlich hatte die Stadt- und Gästeführergilde vorgesehen, den alten Theodosius-Stein am Rathaus schon zum Fest in frischen Farben strahlen zu lassen. Eigentlich hatte man gehofft dieses „Wunder“ der Stadt wenigstens in dieser Woche im angemessenen Rahmen präsentieren zu können. Aus all diesen Plänen wurde nichts, aus den bekannten Gründen.

Den anhaltenden Widrigkeiten zum Trotze kam man heute in kleiner Runde zusammen, um das Ende der sechswöchigen Sanierung kurz und knapp zu begehen. Michael Garke, den meisten Nordhäusern als Roland wohl bekannt, enthüllte mit der Unterstützung von Oberbürgermeister Kai Buchmann und Enkel Lysander nicht den Stein selbst, sondern eine kleine Info-Tafel am Eingang zum alten Rathaus. Über die tatkräftige Hilfe des Nachwuchses freute er sich besonders. „Für solche Strolche machen wir das doch überhaupt“, sagte Garke und ergänzte an den OB gewandt: „das bisschen Rest-Rathaus müssen Sie dann übernehmen“. Gerade um die beiden Inschriftensteine auf der Rückseite des Rathauses müsse man sich dringend kümmern.

Bei der Enthüllung gab es tatkräftige Unterstützung vom Nachwuchs (Foto: agl) Bei der Enthüllung gab es tatkräftige Unterstützung vom Nachwuchs (Foto: agl)


Der Theo strahlt wieder
Sicher, der Anlass hätte einen anderen, größeren Rahmen verdient gehabt. Der Blick auf den Stein selbst lässt einen die Enttäuschung aber schnell vergessen, das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen. Wo man mindestens ein gutes Jahrhundert lang schon genau hinsehen musste um Prunkhelm und Wappen überhaupt zu erkennen, prangt die Heraldik der alten Reichsstadt jetzt in leuchtendem Gold auf royalem Blau.

Restauratorin Suzy Hesse sah ihr Werk heute zum ersten Mal aus ohne Gerüst und zeigte sich zufrieden. „Das war mal etwas anderes, eine tolle Arbeit die viel Spaß gemacht hat“, freute sich Hesse. Farblich sei man so nahe am Original wie möglich, dafür hatte sie die gefundenen Pigmente extra noch einmal genauer untersucht. Das Blattgold werde nicht verwittern, müsse lediglich hin und wieder gereinigt werden. „Die nächsten 100 Jahre sollte das schon halten“.

Für das Ehepaar Sourell gab es eine besondere Flasche Nordhäuser Schnaps (Foto: agl) Für das Ehepaar Sourell gab es eine besondere Flasche Nordhäuser Schnaps (Foto: agl)


Möglich wurde die Sanierung auch Dank der Unterstützung der Stadtverwaltung und allen voran der Familie Sourell. Das Ehepaar erhielt zum Dank die 77. Flasche „Feiner Alter Theodosius“, eine zum feierlichen Anlass in der Traditionsbrennerei abgefüllte Sonderedition des Nordhäuser Korns.

Kanonen auf Schloss Wernigerode (Foto: Michael Garke) Kanonen auf Schloss Wernigerode (Foto: Michael Garke)


Der zweite Streich?
Der „erste Streich“ ist damit getan, Nordhausen hat eines seiner fast vergessenen „Sieben Wunder“ wieder. Der zweite Streich folgt wahrscheinlich nicht sogleich, ist aber in Planung denn Michael Garke würde gerne ein weiteres Wunder auferstehen lassen: den „Lindwurm“. Das aufwendig gearbeitete Geschütz ging schon im Siebenjährigen Krieg verloren, da kann auch Restauratorin Hesse bei aller Kunst nicht viel ausrichten.

Einen "kleinen Lindwurm" gibt es in Nordhausen schon (Foto: Michael Garke) Einen "kleinen Lindwurm" gibt es in Nordhausen schon (Foto: Michael Garke) Aber: das nur zwei Jahre jüngere „Schwesterngeschütz“, die „Schöne Treiberin“, existiert noch, befindet sich im Besitz des Fürsten zu Stolberg-Wernigerode und könnte als Vorlage für eine Rekonstruktion dienen. Gerne hätte sich Garke die „Schöne Treiberin“ einmal näher angesehen, doch das hat bisher noch nicht geklappt. Corona ist in diesem Fall nicht der Schuldige, eher logistische Probleme.

Das er es Ernst meint mit dem Lindwurm hat Garke schon einmal untermauert: auf einem Fest in der Pfalz Tilleda konnte er als Roland einen "kleinen Lindwurm" taufen, der eigentlich Albrecht Uhlmann aus Nordhausen gehört. Ob, wie und wann ein „großer Lindwurm“ die Stadt wieder zieren könnte, steht noch in den Sternen. Aber wer weiß, im kommenden Jahr wird man vielleicht, wenn alles gut geht, doppelt Rolandsfest feiern können um das größtenteils verkorkste Jahr 2020 ein wenig vergessen zu machen. Und dafür bräuchte es dann ja ein passendes Highlight. Eigentlich.
Angelo Glashagel
Autor: red

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