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Warnstreik bei Eaton

Wir wären lieber im Werk

Donnerstag, 15. Oktober 2020, 14:58 Uhr
Ende August platzte bei Eaton die sprichwörtliche Bombe: Ende des Jahres soll das Werk zugemacht und die Produktion nach Polen verschoben werden. Die Empörung über die Vorgehensweise der Konzernleitung ist ungebrochen groß, heute probte die Belegschaft den Aufstand…

Warnstreik bei Eaton (Foto: agl) Warnstreik bei Eaton (Foto: agl)

„Wir wären lieber im Werk und das noch viele Jahre“, ruft Betriebsrat Karsten Hahn den rund 120 Kollegen, die sich nach draußen getraut haben. Die Stimmung im Werk ist gespalten, wird er am Rande des Warnstreiks berichten, viele wollen kämpfen, manch andere hätten resigniert. Immerhin: der Streik bringt fast die Hälfte der Belegschaft auf die Straße, mehr als man gedacht hatte.

Der Betriebsrat hat sich juristischen Beistand geholt um arbeitsrechtliche Aspekte bearbeiten zu können und auch die IG Metall ist mit im Boot, wenn in der kommenden Woche die Gespräche zur Zukunft des Werkes beginnen sollen. Die Gewerkschaft gab sich in Person von Alexander Scharff kämpferisch, man werde ein Gegenkonzept entwickeln mit dem man der Geschäftsleitung Wege aufzeigen will, wie es in Nordhausen weiter gehen kann. „Das Haus brummt, die Aufträge sind da, das Werk ist ausgebucht“, sagt Scharff, der Konzern plane die Verlegung nach Polen aus reiner Profitgier.

Betriebsrat Karsten Hahn kritisierte die "Abwicklung in Rekordzeit" scharf (Foto: agl) Betriebsrat Karsten Hahn kritisierte die "Abwicklung in Rekordzeit" scharf (Foto: agl)


Dabei verstoße man gegen die eigens postulierten ethischen Grundsätze, meint der Gewerkschafter und zitiert aus entsprechenden Dokumenten. Scharff wirft auch einen Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der Firma, die 2018, ebenfalls nach eigenen Angaben, „ein gutes Jahr“ gehabt habe und große Beträge an seine Aktionäre ausschütten konnte.

Ob der Aufschrei in Nordhausen gehört wird bleibt fraglich. Die Büros der Werksleitung mögen nicht fern sein, aber hier hat man nicht viel Handlungsspielraum. Die Entscheidungen werden anderswo getroffen, in Turin und in den USA. Hier scheint man nicht zum Gespräch bereit. Zur Zeit laufen Tarifverhandlungen, der eigentliche Grund warum man heute zum Warnstreik rufen konnte ohne Repressalien fürchten zu müssen. Schon hier habe sich die Konzernleitung nicht gesprächsbereit gezeigt, obwohl die Arbeitnehmerseite zahlreiche Ideen und Vorschläge eingebracht habe, sagt Scharff. Stattdessen flatterte die Hiobs-Botschaft der geplanten Werksschließung ins Haus. Die Entscheidung des Konzerns sei, im Lichte der eigenen Grundsätze, der wirtschaftlichen Entwicklung der Firma und Angesichts der Corona-Pandemie, „absolut nicht nachvollziehbar“.

Unterstützung erfuhr die Belegschaft heute auch durch Landrat Matthias Jendricke und Oberbürgermeister Kai Buchmann, die in ungewohnter Einigkeit auftraten. Finanzielle Ressourcen könnten zwar weder der Kreis noch die Stadt aufbringen, erklärte der Landrat, aber: „an dieser Stelle stehen wir zusammen für unsere Region und unsere Stadt“, sagte Jendricke und rief die Streikenden dazu auf, öfter solche Bilder wie die heutigen zu produzieren und so auf sich aufmerksam zu machen.

Die regionale Politik könne zwar nicht mit Millionensummen helfen, aber an anderer Stelle für die Interessen der Belegschaft werben. Landkreis und Stadt planen für die kommenden Woche Gespräche mit dem Thüringer Wirtschaftsministerium, der Landesentwicklungsgesellschaft und der IG Metall um mögliche Herangehensweisen zu diskutieren. Denkbar seien etwa Investitionen in moderne Produktionsverfahren, mit denen das Nordhäuser Werk in Sachen Wirtschaftlichkeit mit dem Standort Polen gleich ziehen könnte.

Wohin die Reise geht ist nicht abschließend geklärt, ob man sich in Italien und den USA Dialogbereit zeigt müssen die nächsten Wochen zeigen.
Angelo Glashagel
Autor: red

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