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Algen an der Talsperre Kelbra

Montag, 03. August 2020, 00:53 Uhr
Am Stausee Kelbra haben wir jetzt wieder ein riesengroßes Algenproblem, so Frank Gabriel im Auftrage des Vorstandes des KAV Sangerhausen in einer Meldung...


Das ist die Folge einer restlosen Entleerung, wie wir sie schon 40 Jahre lang hatten (von Anfang der 70 er Jahre bis 2010 bzw. 2011). Einige Fotos als Anlage.

Damals gab es immer Algen, mal mehr, mal weniger. 2014 nach drei Jahren kleinem Winterstau gab es fast keine Algen und 2019 ( auch nach drei Jahren Winterstau) gab es in der Talsperre überhaupt keine Algen mehr. Wie wichtig Muscheln, Insektenlarven, Wasserschnecken und andere Kleinlebewesen auch im Hinblick gegen ein unkontrolliertes Algenwachstum sind, lernt jeder angehende Angler in den Vorbereitungslehrgängen zur Fischerprüfung. Ob solche Zusammenhänge einer grünen Umweltministerin und den Verantwortlichen im LAU bekannt sind? Die restlose Entleerung der Talsperre am 22.02.2020 und die Vernichtung dieser wichtigen algenfressenden Kleinlebewesen dürfte eine der Ursachen für das jetzige Algenwachstum sein.

Auch das die Talsperre im Frühjahr 2020 nicht voll wurde (es gab ja im Harz keine Schneeschmelze, da kein Schnee vorhanden war) ist aus unserer Sicht eine weitere Ursache. Auch die aufgeführten "Vogelschutzgründe", weshalb die Talsperre ja abgelassen wurde, sind nicht haltbar. Es gab in diesem Frühjahr augenscheinlich bedeutend weniger Wasservögel an der Talsperre. Was sollen diese Wasservögel auch fressen - außer Algen? Fische, Muscheln, Wasserschnecken und Insektenlarven als Vogelfutter wurden ja erst einmal durch die restlose Entleerung "beseitigt".

Algen an der Talsperre Kelbra (Foto: Frank Gabriel) Algen an der Talsperre Kelbra (Foto: Frank Gabriel)

Im Spätsommer und Herbst werden sich die Algen zersetzen und zusätzlichen Sauerstoff verbrauchen. Auch dass lernt jeder Angler in den Vorbereitungslehrgängen. Man kann die Talsperre dann nicht rechtzeitig entleeren, ohne das Ökosystem Helme z.B. durch Sauerstoffmangel zu schädigen. Dann werden sich wieder die Kranichschützer und der NABU Sachsen-Anhalt beschweren. Dabei ist das Problem seit Jahren bekannt. Außerdem sind durch das Ablassen am 22.Februar 2020 offenbar alle Kiesbänke mit den Bachforelleneiern so geschädigt worden, dass wir z.Z. keine jungen Bachforellen in der Helme haben. 2018 und 2019 gab es eine nachweisbare natürliche Reproduktion von Äschen, Barben und Bachforellen in der Helme. Bachforellen sind übrigens auch Wirtsfische für verschiedene Muschelarten.
In wie weit die Äschen- und Barbenbestände durch die Sedimente geschädigt wurden, werden die weiteren Untersuchungen zur EU-Wasserrahmenrichtlinie zeigen. Welche Folgen Sedimente für die kieslaichenden Flussfischarten generell hat, kann jeder ernsthaft Interessierte bei Wikipedia nachlesen.

Algen an der Talsperre Kelbra (Foto: Frank Gabriel) Algen an der Talsperre Kelbra (Foto: Frank Gabriel)

Außerdem gab es durch die restlose Entleerung eine Flut von für die Äschenregion untypischen "Teichfischen". Wenn man in der Helme jetzt Zander, Barsche, Schleien, Giebel und auch vermehrt wieder Karpfen und Hechte fängt, sagt das alles. Den "normalen" Angler freut es. Einen verantwortungsvollen Naturschützer aber nicht. Diese Fischarten sind ja vor allem Nahrungskonkurrenten und teilweise untypische Prädatoren für die schon stark geschädigten typischen Flussfischarten der Helme.

Vor all diesen Folgen (Algen, Verschlammung der Kiesbänke, untypische Prädatoren) hatten wir die Verantwortlichen gewarnt. Aber wir sind ja nur Angler und Naturschützer vor Ot und keine "studierten Leute" aus Halle, Steckby oder Magdeburg.

Ohne eine verantwortungsvolle Lösung des "Fremdkörpers Talsperre Kelbra" wird es auch keine befriedigende Lösung für das FFH-Gebiet Helme geben. Nur wenn man alles im Zusammenhang sieht, kann man auch entsprechende Lösungen für alle Seiten (Vogelschutz, Fischartenschutz und Tourismus) an der Talsperre und der Helme finden. Das setzt aber bei einigen Verantwortlichen auch ein Umdenken voraus. Man kann sicherlich auch teure Ingenieurbüros beauftragen. An den positiven Erfolgen in der Praxis (Winterstau von 2017 bis 2019) werden sie aber auch nicht vorbei kommen.

Was man in der Vergangenheit aber positiv bewerten muss, ist die konsequente Nutzung des Umfluters, wodurch wenigstens im Sommer keine Algen in die Helme gelangten und ein ausreichender Sauerstoffgehalt in der Helme garantiert wurde. Es ist nur bedauerlich, dass man 360 Tage an der Talsperre Kelbra in den letzten Jahren alles richtig gemacht hat und dann innerhalb von 5 Tagen (im Februar 2020) so viel Schaden für die "Flusslandschaft Helme" angerichtet hat. Aber einzelne, wenige Leute wollen "Gott" spielen und meinen, so aus der Talsperre einen Vogelpark machen zu können. Aber Natur lässt sich nicht vergewaltigen. Das ist unsere feste Überzeugung.

Das Bild Kormorane am Bauwerk 1 ist vom 14.10.2018 und zeigt, wie Kormorane und Möven Fische jagen nach einem Jahr erfolgtem kleinen Winterstau von 1,5 mio m³. Das Bild Stausee ohne Wasservögel ist vom 9.5.2020 und zeigt die Talsperre Kelbra aus der selben Perspektive - aber ohne Wasservögel. Wie gesagt, was sollen sie auch fressen? Können einige Leute auf so ein "Ergebnis" für den Vogelschutz stolz sein? Wir als Mitglied in einem Naturschutzverband sind es jedenfalls nicht. Uns ist es auch viel lieber, wenn die Kormorane im Stausee Giebel und Barsche jagen und dafür die wenigen Äschen Bachforellen und Barben in der Helme verschonen.

Noch ein Wort zum Hochwasserschutz und dem Winterstau. Die Helme wurde in den letzten Jahren auf 50 m²/sec. für ein hundertjähriges Hochwasser ausgebaut. Wir sprechen von einem Winterstau von 1,5 bis 2 Mio m³. Diese Wassermenge kann bei 50 m³/sec. innerhalb von 10 bis 11 Std. theoretisch abgelassen werden (50m³ x 60 sec x 60 min x 11 Std = 1,98 Mio m³).
Darüber sollten alle Verantwortlichen ernsthaft nachdenken und ob diese 10 Stunden es wert sind, das Ökosysteme Helme und das Vogelschutzgebiet Stausee Kelbra zumindest zeitweise, so zu schädigen, wie im Februar 2020.

Text und Foto: Frank Gabriel
im Auftrage des Vorstandes des KAV Sangerhausen
Anmerkung der Redaktion:
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Autor: khh

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