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Nachgefragt

Hinter den Kulissen

Montag, 06. Juli 2020, 09:00 Uhr
Im kommenden Jahr geht die erste Intendanz von Daniel Klajner am Nordhäuser Theater zu Ende. Seit 2016 ist der Schweizer sowohl für die künstlerische als auch für die strategische Ausrichtung des Theaters und des Loh-Orchesters verantwortlich. Kein einfacher Job, vor allem weil es Störfeuer aus der kommunal-politischen Richtung gibt, das mit einem gewissen Geschmäckle verbunden ist...

Hinter den Kulissen (Foto: nnz) Hinter den Kulissen (Foto: nnz)
Man kann und soll über die Arbeit von Daniel Klajner geteilter Meinung sein. Oder man hat von Kunst und Kunstbetrieb nicht all zuviel Ahnung. Dann sollte man die "Klappe" halten. Ich persönlich gehöre zu dieser Kategorie, entweder gefällt mir eine Inszenierung oder eben nicht. Und es ist mir egal, ob sich ein Musiker mal verspielt oder ein Ton von Sängerin oder Sänger nicht optimal getroffen wird.

Aber, was hinter den Kulissen des Kunstbetriebes abläuft, das interessiert mich und vielleicht auch die Öffentlichkeit schon. Immerhin wird das Theater zu mehr als 90 Prozent aus öffentlichen Geldern (rund 10 Millionen Euro pro Jahr) finanziert.

Personalangelegenheiten sind so eine Sache, meist gehen sie der Öffentlichkeit nichts an, doch bei herausgehobenen Stellungen machen wir mal eine Ausnahme, der "Buschfunk", auf den wir noch zurückkommen werden, der funktioniert im be- und überschaulichen Nordhausen perfekt. Es geht um zwei Personalien direkt. Die des Intendanten und die eines Aufsichtsratsmitgliedes: Matthias Mitteldorf.

Bis zum vorigen Jahr war Matthias Mitteldorf von der Stadt Nordhausen als Mitglied in den Aufsichtsrat entsandt worden, seit dem vergangenen Jahr nun als Kreistagsmitglied. Als Anfang dieses Jahres über die Zukunft des Intendanten (seine erste "Amtszeit" läuft 2021 ab) unter den Gesellschaftern und Aufsichtsräten diskutiert wurde, soll Matthias Mitteldorf Klajner nicht nur kritisiert haben, sondern soll versucht haben - so ist es einem Schriftwechsel zu entnehmen - die Abberufung des Intendanten durchzusetzen.

Matthias Mitteldorf, darauf angesprochen, verweist auf die Vertraulichkeit der Aufsichtsratssitzungen und sagte der nnz, dass es Abstimmungen über die Verlängerung des Vertrages mit Herrn Klajner weder im Aufsichtsrat noch in einem anderen Gremium gegeben habe.

Dennoch sollte der Aufsichtsrat für die Abberufung von Klajner sorgen und dringend einen neuen Intendanten ausschreiben. "...und so Herrn Klajner wieder in seine künstlerische Freiheit überführen", habe Mitteldorf in einer Mail Anfang Januar 2020 ausgeführt. Begründet wurde dieses Ansinnen mit einem angeblich "offenbar" gestörten Vertrauensverhältnis, mit zurückgehenden Zuschauerzahlen oder mit Nachrichten aus dem "Theater-Buschfunk".

Nun kennt Matthias Mitteldorf als Schauspieler wie kein anderer die schönen, aber auch die weniger schönen Seiten dieses Kunstbetriebes und man fragt sich schon, warum er mit der Arbeit des Klajner nicht einverstanden war und - vermutlich als einziger im Aufsichtsrat - permanent "Breitseiten gegen den Intendanten" abgefeuert habe, wie es Teilnehmer der Sitzungen bestätigen.

Bei der Recherche zur Beantwortung dieser Frage musste die nnz-Redaktion weit zurückgehen. Und zwar in das Jahr 2017. Da war Daniel Klajner ein Jahr offiziell im Amt. In einem Brief soll Matthias Mitteldorf sich bei Klajner beklagt haben, dass ihm mehrfach Gage entgangen sei. Kurz um: Mitteldorf wünschte sich einen Job am Nordhäuser Theater und soll in dem Brief auch einen Ausflug in die Geschichte des Nordhäuser Theaters gewagt haben, ohne die Leistungen seiner Familie unerwähnt zu lassen.

Aus dem Februar 2017 wird Mitteldorf folgendermaßen zitiert: "Auch die jetzige Thüringer Landesregierung fand anfangs die alte CDU-Idee praktikabel, das Nordhäuser Theater zu schließen, um die Millionen Landesförderung auf die anderen Häuser zu verteilen. Gerade bei Tietjes Berufung nach Schwerin 2015 war dies bei Beamten (nicht bei der Politik!) ein Thema, um 'schmerzarm' die Abwicklung zu vollziehen. Katinka (Frau Mitteldorf - d. Red.) hat in Erfurt unser Theater gerettet."

Und weil das auch ein gewisser Hoff in Erfurt nicht bestreiten würde, sollte "die Loyalität zu Dir, Deinem Team und dem Theater nicht immer nur eine Einbahnstraße sein", heißt es in dem Brief weiter. Und überhaupt, Familie Mitteldorf wollte sich ein Haus bauen...

Auf der letzten Seite dieses Briefes bittet Matthias Mitteldorf direkt um Arbeit, "wofür ich nicht nur Geld haben, sondern selbst dafür arbeiten will." Weiter unten, so berichten es Insider, beschreibt Mitteldorf nicht nur seine Qualifikationen, sondern benennt die Höhe des zu erwartenden Honorars und schlägt seinen künftigen Titel vor: "Künstlerisch-technischer Mitarbeiter ZBV", wobei ZBV für "zur besonderen Verwendung des Intendanten“ bedeutet.

Wir wissen nicht wie Daniel Klajner damals reagierte, ein Statement gegenüber der nnz lehnte er ab. Ein von der Redaktion mit dieser Gemengelage konfrontierter Jurist schüttelte nur mit dem Kopf und meinte, dass sich der Intendant, hätte er der Bitte von Herrn Mitteldorf nachgegeben, korruptiven Verhaltens verdächtig gemacht hätte, weil es keinen Beschäftigungsbedarf zu diesem Zeitpunkt in der GmbH gegeben habe. Mehr noch, Klajner hätte sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch der Untreue schuldig gemacht.

Bekannt geworden ist, dass Klajner, der diesen Vorgang lange "mit sich herumgetragen hatte", Anfang dieses Jahres das Thema und den damit verbundenen Schriftverkehr dem Aufsichtsrat und den vier Gesellschaftern zur Kenntnis gegeben haben soll. Die Attacken des Herrn Mitteldorf seien einfach nicht mehr auszuhalten gewesen, soll er mitgeteilt haben.

Daniel Klajners Vertrag wurde durch die Gremien (Aufsichtsrat und Gesellschafter) nicht verlängert. Musste er auch nicht, denn der Aufsichtsrat kann den Geschäftsführer/Intendanten nur berufen und abberufen. Eine Abberufung sei nie in Erwägung gezogen worden, wurde der nnz berichtet. Und so gehen das Nordhäuser Theater und das Loh-Orchester mit Daniel Klajner ab 2021 gemeinsam in die nächsten fünf schwierigen Jahre. Zusammen mit ihrem Publikum. Und Matthias Mitteldorf: der ist weiter Mitglied des Aufsichtsrates der GmbH.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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