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Ausschuss und Bürger diskutierten zu SWG-Plänen

Parkhaus oder nicht, ist das hier die Frage?

Dienstag, 16. Juni 2020, 08:00 Uhr
Braucht die Nordhäuser Innenstadt ein neues Parkhaus? Und wenn ja, wo soll es hin? Die städtische Wohnungsbaugesellschaft legte gestern Pläne für einen Bau auf dem August-Bebel-Platz vor. In der Bevölkerung scheint die Idee bis jetzt nicht auf viel Gegenliebe zu stoßen… Update: Weitere Visualisierungen der SWG

So könnte das neue Parkhaus auf dem August-Bebel-Platz aussehen (Foto: Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Nordhausen) So könnte das neue Parkhaus auf dem August-Bebel-Platz aussehen (Foto: Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Nordhausen)

In einer nicht-repräsentativen Umfrage der nnz hatte sich die übergroße Mehrzahl der 1778 abgegebenen Stimmen gegen das Vorhaben gewandt.

Auch einige Anwohner wollten sich im Vorfeld der gestrigen Präsentation in der Nachbarschaft umhören und starteten eine kleine Umfrage. Das Ergebnis: 150 Zettel verteilt, 80 zurück erhalten, 80 mal Nein - bitte kein Parkhaus auf dem Bebel-Platz.

Dem Bürgerinteresse wollte man zur gestrigen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung Rechnung tragen, sowohl im Lesesaal wie auch im Foyer der Bibliothek hatte man Sitzplätze und Übertragungstechnik eingerichtet, Gäste sollten zudem die Möglichkeit erhalten, SWG-Chefin Inge Klaan direkt im Anschluss an ihre Ausführungen zu befragen, was üblicherweise nur den Stadträten erlaubt ist.

Das stellt sich die SWG vor

Die Faktenlage rund um das Bebel-Parkhaus war bis dato eher dünn. Einen älteren Plan, der neue Parkmöglichkeiten neben dem Kino zwischen Weberstraße und Töpferstraße vorsah, wurde von der SWG zurückgezogen, bisher ohne klare Angabe von Gründen. Erste Entwürfe hatte man im vergangenen Jahr bereits präsentiert, dass die Wahl nun auf den August-Bebel-Platz fallen soll, kam für manchen überraschend.

Wer die Stadtgeschichte ein wenig kennt, der weiß das der „Platz“ einmal ein Teich war, eine Lehmgrube um genau zu sein. Das Gewässer fand bereits im 14. Jahrhundert Erwähnung und soll rund 110 Meter lang und 75 Meter breit gewesen sein. Anfang des 19. Jahrhunderts begann man den Teich zuzuschütten, 1890 wurde schließlich der „Neumarkt“ eröffnet, der seitdem die Jahrmärkte der Stadt beherbergt.

SWG-Chefin Inge Klaan stellte die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie im Ausschuss vor (Foto: agl) SWG-Chefin Inge Klaan stellte die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie im Ausschuss vor (Foto: agl)
Warum nun ausgerechnet hier ein neues Parkhaus entstehen soll, dass versuchte SWG-Chefin Inge Klaan darzulegen. Die Pläne für die Weberstraße habe man nach näheren statischen Untersuchungen aufgeben müssen, die Baugrundverhältnisse seien zu schlecht gewesen und eine Wirtschaftlichkeit sei, bei Kosten von 26.000 bis 28.000 Euro pro Stellplatz, nicht mehr gegeben.

Es habe nahegelegen sich in der Folge mit dem Bebel-Platz zu beschäftigen, da dieser nicht nur genügend Raum biete, sondern auch die meiste Zeit des Jahres nicht vollumfänglich genutzt wird. Maßgabe der Überlegungen sei stets gewesen, dass eine Mehrfachnutzung weiterhin möglich sein müsse, dass also auch Jahrmarkt und Zirkus weiterhin auf dem Bebel-Platz stattfinden können.

Den Planern schwebt ein Parkhaus über drei Ebenen vor, welches mit einer Größe von 2940 Quadratmetern (inklusive Zufahrten) rund ein Drittel des vorhandenen Platzes einnehmen würde. Die verbleibenden 6.000 qm böten ausreichend Platz für die gewohnten Veranstaltungen. Das Gebäude soll möglichst weit in Richtung Kützingstraße verschoben werden und somit einen Abschluss der Töpferstraße und der innerstädtischen Großbebauung bilden. Der heute schon vorhandene Grünstreifen bliebe nach diesem Plan unangetastet.

Das neue Parkhaus würde nach jetziger Planung rund ein Drittel des Platzes einnehmen (Foto: agl) Das neue Parkhaus würde nach jetziger Planung rund ein Drittel des Platzes einnehmen (Foto: agl)

Das neue Parkhaus würde 186 Stellplätze von je 2,5 Metern Breite bieten und könnte eine Art Lamellenverkleidung erhalten, die eine Außenbeleuchtung unnötig macht, da allein die nötige Innenbeleuchtung für das entsprechende „Nachtbild“ sorge, erklärte Klaan. Die Dachfläche wird geschlossen geplant und soll über Photovoltaik-Anlagen einen Teil des Eigenstrombedarfs decken. Zudem könne das Gebäude technisch so ausgerüstet werden, dass diese auch für Veranstaltungen auf dem Rest des Platzes genutzt werden könnte.

Die Beschaffenheit des Baugrunds wäre auch hier schwierig, würde aber in der Gesamtbetrachtung weniger problematisch ausfallen, als das Vorhaben Weberstraße/Töpfertor. Ein Streifenfundament soll, nach entsprechender Vorbereitung des Untergrunds, die Lasten des Gebäudes abfangen, die Kosten pro Stellplatz würden dann bei etwa 15.000 bis 17.000 Euro liegen.

Bei ihren Berechnungen hat die SWG vor allem den Bedarf der eigenen Mieter betrachtet. Durch die Sanierung des Theaters sind 54 Parkplätze entfallen, die jetzige Nutzung des Platzes liegt im Schnitt etwa bei 100 Plätzen. Die 30 zusätzlichen Plätze, die das Parkhaus schaffen würde, sind „Luft nach oben“. Wobei der Rest des Platzes außerhalb der Veranstaltungen weiterhin als Parkraum genutzt werden könnte. „Die dichte innerstädtische Wohnbebauung ist ein Pfund für Nordhausen“, sagte Klaan, eines das man auch in Zukunft erhalten müsse. Die neuen Stellplätze wären demnach ein Weg, das Wohnen in der Innenstadt attraktiv zu machen, was wiederum Mitnahmeeffekte für das Gewerbe des Areals bedeuten würde.

Die vorgestellten Pläne sind keinesfalls final, der Entwurf bilde vielmehr den Auftakt einer Diskussion, nicht deren Ende. „Wir möchten Sie einladen mit uns in den Diskurs zu gehen um gemeinsam zu einer guten Lösung zu kommen“, schloss die SWG-Chefin.

Quo vadis, Bebelplatz


Von der Möglichkeit machten einige Gäste denn auch gleich Gebrauch und brachten Kritik und Alternativvorschläge an. Grundsätzlich infrage gestellt wurde der Mehrbedarf an Parkflächen in der Innenstadt. Die Parkfläche sei heute in der Regel nicht ausgelastet und viele Anwohner, gerade ältere Mitbürger, nicht auf weitere Stellplätze angewiesen. Andere Besucher wollen Alternativen in den Blick nehmen, wie das frei werdende Gebäude der Berufsfeuerwehr am Hohekreuz-Sportplatz.

Einig war man sich lediglich in einem Punkt: am August-Bebel-Platz muss etwas passieren. „Die Anwohner wünschen sich einen anderen Bebel-Platz“, sagte Alexander Scharff, der ebenfalls hier wohnt und Oberbürgermeister Buchmann in Vertretung die Umfrage der Anwohner übergab. Scharff schwebt eine Begrünung vor, wie sie der Platz in seiner ursprünglichen Form einmal aufwies. Machbar sei das theoretisch, entgegnete Klaan, unabhängig vom Bau eines Parkhauses werde man die Sanierung des Platzes gesondert betrachten müssen. Will man die jetzige Hauptnutzung erhalten, also Jahrmarkt und Zirkus, dann habe man aber angesichts der Bodenverhältnisse nicht viele Optionen. Metallpflöcke im Boden oder tonnenschwere Fahrgeschäfte macht nicht jeder Untergrund mit, schon gar nicht bei den „Besonderheiten“ des August-Bebel-Platzes.

Die Causa „Parkhaus“, das hat sich gestern Abend gezeigt, hat viele Facetten. Mit der heutigen Auftaktveranstaltung liegt der Ball nun wieder im Feld der Stadtverwaltung, die für die kommenden Wochen weitere Bürgerbeteiligung in Sachen Bebel-Platz verspricht. Dabei sollte man sich nicht scheuen grundsätzliche Fragen zu klären. Betrachtet man die Diskussion des gestrigen Abends in der Breite, dann lautet die erste Frage nicht: Parkhaus - ja oder nein. Sie lauten: was soll aus dem August-Bebel-Platz werden? Brauchen wir überhaupt mehr Parkplätze in der Innenstadt? Gibt es andere Möglichkeiten Raum zu schaffen?

Man darf gespannt sein, wie SWG und Stadtverwaltung hier Antworten im Dialog mit den Bürgern finden wollen und wie diese ausfallen. Ein Parkhaus und alles andere bleibt wie es war, eine Teilbegrünung ohne Parkhaus, eine Tiefgarage statt eines postmodernem Leuchtkubus, vielleicht sogar eine Wiedergeburt des Töpferteiches als grünes Naherholungsgebiet - denkbar ist vieles. Machbar nicht alles.
Angelo Glashagel

Update: Die SWG hat heute eine eigene Pressemitteilung herausgegeben und weitere Visualisierungen angefügt, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen


Die Pressemitteilung der SWG im Wortlaut findet sich
hier .
Autor: red

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