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BETRACHTET: MIT DEM WOLF LEBEN

Jäger Felix Findeisen, allergrößten Respekt!

Freitag, 05. Juni 2020, 17:00 Uhr
Der Wolf ist da. Und kommt uns immer näher. Das erfuhr anschaulich Familie Doreen und Felix Findeisen. Vier der sechs Schafe der Familie riss er unweit der Sägemühle. nnz informierte unter „Canis Lupus im Südharz“. Wer nun aber glaubte, der Besitzer der Schafe würde in den Chor derer einstimmen, die das Raubtier als „Viehzeug“ titulierten und der „Bestie“ den Tod wünschten, sah sich eines Besseren belehrt...


Felix Findeisen meldete sich einen Tag später in dieser Zeitung zu Wort. In „Mit dem Wolf leben“ merkt er an.“ Ich finde es zwar schade um unsere Schafe, jedoch bin ich selbst in der Forstwirtschaft tätig und ich bin auch Jäger. Daher stehe ich auch für Artenreichtum sowie für die Arterhaltung und deren Schutz“.

Für diese seine Auffassung zolle ich dem Mann uneingeschränkten Respekt, dem Jäger Findeisen Anerkennung für seinen Mut der offenen Worte. Die Weidmänner, die ich kenne und mit denen ich über das Thema Wolf sprach, gaben mehrheitlich dem Tier kein Bleiberecht. „Weg mit ihm!“ Das sagte mir auch ein bekannter Mann in politischer Funktion, der auch die Flinte schultert. Auch nicht auf einem ehemaligen einsamen Truppenübungsplatz? Wie zur Bekräftigung: Weg! Weg! Weg!

Ihm täte es zwar Leid um seine Schafe, schreibt Findeisen. Als ein Mann, der die Natur liebt, stehe er für ihre Bereicherung. Die nächste Zeit, fügt er an, werde zeigen, ob es ein Einzeltier war oder ob sich die Wölfe hier ansiedeln. Dies wäre schön, um die Art zu erhalten, erfordere aber von der Land -und Forstwirtschaft sowie den vielen kleinen Viehhaltern ein Umdenken. So müssten Betriebe Herdenschutz-Hunde ausbilden, höhere Zäune kaufen oder womöglich Herdenschutz-Esel, die den Wolf angehen, in die Schafherden integrieren.

Komme hierzulande der Wolf, werde sich in der Forstwirtschaft und den Jagdbezirken einiges ändern, ist sich der Tierfreund sicher. Das Wild werde sich vorsichtiger verhalten, Rudel bilden, die dann auch die Äsungszyklen so legten, um während der „Jagdzeit“ des Wolfes in sicherer Deckung zu sein. Zum Wohl der restlichen Schafe, aber auch für alle Tiere auf dem Grünland seiner Familie, wie Pferde und Schweine, werde man die Sicherheit erhöhen.

„Wir brauchen mehr Jäger, um mehr Wild zu schießen“, fordert Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband. Man habe zuviel, weshalb mehr erlegt werden müsse. Müsste da nicht dem Wolf als natürlichen Regulierungsfaktor erst recht ein Bleiberecht zukommen? Der Anblick eines vom Wolf gerissenen blutigen und zerfleischten Tiers mag bei manchen Menschen Emotionen auslösen, die dann den Räuber verdammen. Der Wolf indes tötet nicht aus Lust, er tötet, um zu leben.

Lese ich Kommentare, die dem Beitrag „Canis Lupus im Südharz“ folgten, könnte man meinen, morgen schon einen blutverschmierten Kinderwagen irgendwo ohne Inhalt zu finden. Oder eine Hundeleine ohne Tier. Man müsse sogar Angst haben, künftig nachts vor die Haustür zu treten, um nicht vom Bösewicht Wolf angefallen und zerfleischt zu werden. Doch die überwiegend realistisch geprägten Kommentare kamen der Meinung Felix Findeisens nahe oder entsprachen ihnen.

Angst vor dem Wolf? Seit 1950 wird in Italien, der Schweiz, in Polen und Slowenien exakt Statistik geführt. Nicht den geringsten Angriff auf Menschen habe es gegeben. Wohl aber zahlreiche von Hunden, die Menschen anfielen und töteten. Unter ihnen Kinder. Hat man je irgendwo gelesen: Weg mit dem Viehzeug Hund?

Professor Wolfgang Ullrich war Zoologe, Tierfilmer, Tierbuchautor und Direktor des Dresdener Zoos. In seiner beliebten Fernsehsendung über Brehms Tierleben veranschaulichte er: Nicht das Raubtier ist eine Bestie, wenn es andere Tiere tötet. Es muss es, um zu Leben. Nie aber rottete es andere Arten aus. Menschen töten um Macht und Einfluss. Millionenfach. Der Mensch nehme sich das Recht, zu bestimmen, was neben ihm zu leben habe und was nicht. Er sei auf dieser Erde das größte Raubtier.

Tod Luchs und Wolf! So tönte es einst aus deutschen Wäldern. Bis zur Ausrottung jagte sie der Mensch. Weg mit Seeadlern, Habichten, Uhus, Falken und allem, was krumme Schnäbel hat, war man ebenfalls der Meinung. Der Verstand setzte erst ein, als es schon fast zu spät war und Schutzmaßnahmen griffen.

Wird der Wolf dauerhaft in jedem Waldgebiet heimisch? Das wird er nicht. Verschiedene Untersuchungen und Modelle zeigen, dass es immer Gegenden geben werde, in denen Wölfe nicht dauerhaft leben können. Vorhanden sein müssten genügend Wild, Rückzugsräume und weitläufigere Gebiete. Ansonsten sind es Durchzügler.

Ich möchte den Wolf nicht in den Himmel heben, aber die zwei Seiten einer Medaille betrachtet wissen. Nicht mit Hass und Vorurteilen. Es macht Sinn, abzuwägen, was gut und richtig, aber auch notwendig ist, wenn sich eine Entnahme erforderlich machen sollte.
Kurt Frank
Autor: psg

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