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Offen unsolidarisch

Dienstag, 12. Mai 2020, 07:00 Uhr
Arbeitet die Nordhäuser Linke mit Marxisten zusammen? Ein Aufruf zum 8. Mai hat das vor kurzem nahe gelegt, aus Sicht des politischen Gegenübers ist die Sache klar. Wir haben bei der Linken nachgehakt wie es um das Verhältnis zur MLPD steht…


Zum Tag der Befreiung am 8. Mai hatte die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) zu einer Kundgebung vor das Rathaus geladen. Auf der Ankündigung stand auch der Name eines Parteimitgliedes der Nordhäuser Linken, der im Vorstand des Stadtverbandes aktiv ist.

Ob Thomas Heuser tatsächlich an der Veranstaltung teilgenommen hat wisse man nicht, ist aus dem Kreisverband der Linken zu erfahren, was einzelne Mitglieder der Partei als Privatpersonen unternehmen, könne und wolle man nicht vorschreiben. Fest stehe aber, dass es für die Linke keine Zusammenarbeit mit der MLPD gebe. „Die Partei ist kein Partner für uns und niemand von uns wird in der Funktion als Parteimitglied oder als Amtsträger bei Veranstaltungen der MLPD auftreten“, sagte Martin Heucke, Kreisvorsitzender der Linken.

Herr Heuser habe den Stadtvorstand über seine Kontakte zur MLPD in Bezug auf die Kundgebung unterrichtet, woraufhin sowohl der Stadt- wie auch der Kreisvorstand sich per Beschluss klar von gemeinsame Aufrufen distanzierten. Das Herr Heuser dennoch mit seinem Parteiamt auf dem Flyer der MLPD genannt wurde, habe man erst aus einer Online-Publikation erfahren und in der Folge eine entsprechende Richtigstellung veröffentlicht, sagte Heucke.

In der Nordhäuser Linken sieht man die Marxisten kritisch, die MLPD habe sich in der Vergangenheit „offen unsolidarisch“ gezeigt und immer wieder versucht, Veranstaltungen anderer Organisationen für sich einzunehmen. So geschehen etwa im vergangenen Jahr, als das Bündnis gegen Rechtsextremismus zur Demonstration aufgerufen hatte. Das „BgR“ richtet sich nicht allein an linke Kräfte, sondern wirbt für einen breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen rechtsextreme Tendenzen. Dazu gehört, dass Parteifahnen und Werbematerial auf den Demonstrationen nichts zu suchen haben. Vertreter der MLPD, die damals ebenso zugegen waren, wollten sich an diese seit Jahren übliche Absprache nicht halten und ließen, auch nach vielen Bitten und über einer Stunde Wartezeit, nicht mit sich reden.

Ähnliches Verhalten hatte man zuvor bereits auf Veranstaltungen der „Fridays for Future“-Bewegung oder der „Extinction Rebellion“ erleben können. Beide Gruppierungen verstehen sich eigentlich als parteiunabhängige Protestgruppen, die roten Fahnenschwenker wurde man in Nordhausen, allen Vorgaben zum Trotz, aber nicht los.

Auch Abseits dieser Erfahrungen scheint es nicht viel Liebe zwischen der Nordhäuser Linken und der MLPD zu geben. In einer Erklärung der Linksjugend ist unter anderem zu lesen, dass sich im Programm der Marxisten Positionen finden, „die klar gegen die Werte einer emanzipatorischen Linken verstoßen“. So beziehe sich die Partei in ihrem Grundsatzprogramm positiv auf Mao Zedong und Josef Stalin. Eine Partei, die solche Positionen vertrete, könne niemals an der Seite der Linken stehen, heißt es weiter im Text.

Für das große Ganze wird das Skandälchen aus der Provinz kaum mehr als ein Tropfen aus dem kleinen Teich der Lokalpolitik sein. Für die Nordhäuser Linken aber kann aus derlei Vorkommnissen ein Imageproblem erwachsen. Wie der Name des Herrn Heuser samt Parteifunktion auf dem Flyer der MLPD gelandet sei, werde man jetzt intern prüfen, sagte Heucke. Und die Linksjugend hat bereits den Rücktritt aus dem Stadtvorstand gefordert.
Angelo Glashagel
Autor: red

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