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Demonstration in Nordhausen

Solidarität sollte nicht an der Landesgrenze enden

Freitag, 24. April 2020, 20:00 Uhr
Seit zwei Tagen sind Demonstrationen in Thüringen wieder gestattet. In Nordhausen wurde die gelockerte Regelung heute genutzt, um auf die Lage innerhalb und außerhalb des Landes aufmerksam zu machen...

Demonstrieren unter Corona auf dem Nordhäuser Rathausplatz  (Foto: Angelo Glashagel) Demonstrieren unter Corona auf dem Nordhäuser Rathausplatz (Foto: Angelo Glashagel)

Es war schon ein seltsames Bild, das die Demonstration heute auf dem Rathausplatz bot. Knapp 30 Personen, alle mit Mundschutz und ausreichend Abstand hatten, sich versammelt um ihren Protest kundzutun. Zwischen den Transparenten und Plakaten machte einer der Organisatoren die Runde, und nahm Kontaktdaten auf. Für den Fall der Fälle.

Nichts ist wirklich normal in diesen Tagen, auch nicht die Versammlungsfreiheit. Dabei steht man in Deutschland noch gut da, erzählt Maira Nothing, die geholfen hat die Demo kurzfristig zu organisieren. "Wir haben Platz um Abstand zu halten, wir haben sanitäre Anlagen, Schutz- und Hygienematerial. Und wir üben Solidarität in einem Maße wie ich es noch nicht erlebt habe. Das ist wunderbar. Aber wie will man Zuhause bleiben wenn man kein Zuhause hat? Unsere Solidarität sollte nicht an den Grenzen aufhören und auch hier gibt es noch Menschen, denen besser geholfen werden könnte."

Die Demonstranten blicken an die Außengrenzen der Europäischen Union, auf die Situation in den Lagern auf den griechischen Inseln, Lager wie das inzwischen berüchtigte "Moria" auf Lesbos. In den Einrichtungen, die eigentlich nur für ein paar tausend Personen ausgelegt sind, drängen sich zehntausende auf engstem Raum. Hier einen Sicherheitsabstand einzuhalten oder adäquat medizinisch versorgt zu werden sei "illusorisch", sagt Nothing, die Lage auf den Inseln sei bisher schwierig gewesen, jetzt sei sie akut. "Wenn es hier zu einem Ausbruch kommt, erleben wir eine absolute, humanitäre Katastrophe".

Es läge auch in der Verantwortung Europas und der Bundesrepublik dies zu verhindern. Generell sollten die Lager evakuiert, zumindest aber diejenigen in Sicherheit gebracht werden, die besonders vom Virus bedroht sind. So sich die Bundesregierung zum Handeln entscheiden würde, sollten sich Gemeinden wie Nordhausen als "sicherer Hafen" anbieten und Geflüchtete aufnehmen, fordern die Demonstranten.

Neben dem Blick auf das Außen schaute man auch nach Innen, trug Berichte aus Flüchtlingsunterkünften vor und wies auf die Situation wohnungsloser Menschen, etwa in Berlin, hin. Es gäbe ausreichend Wohnraum, sicheres und menschenwürdiges Wohnen müsse jetzt vor Massen- und Sammelunterkünften stehen.

Und man war auch zusammengekommen um auf die Grundrechtsfragen rund um die Corona-Krise aufmerksam zu machen. Bis dato seien die Vorgaben sehr restriktiv gewesen. Die heutige Demonstration sei überhaupt erst möglich geworden, weil man andernorts im Lande Klagen an den Verfassungsgerichten angestrengt hatte. Die Behörden müssten ihre Spielräume nutzen, um den Bürgern die Ausübung ihrer Grundrechte zu ermöglichen.
Angelo Glashagel
Autor: red

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