nnz-online
Corona-Epidemie:

Bayerns Kurorte in höchster Existenznot

Montag, 06. April 2020, 17:17 Uhr
In Bayerns Heilbädern und Kurorten herrscht Alarmstufe Rot. Die Corona-Krise trifft sie noch viel härter als die übrigen Städte und Gemeinden im Freistaat. Ausgerichtet auf die meist älteren Gäste und Patienten haben sie eine kosten- und personalintensive Gesundheits-Infrastruktur zu finanzieren, bei aktuell praktisch null Einnahmen...

Beispiel: Europas meistbesuchter Kurort Bad Füssing mit normalerweise 140.000 Tages- und Übernachtungsgästen im Monat. Deutschlands weitläufigste Thermenlandschaft ist hier leer, die aufwendig gepflegten Kurparks sind verwaist. "Für Bad Füssing entwickelt sich die Corona-Krise zur finanziellen Katastrophe", sagt der Bürgermeister Alois Brundobler.

Bayerns Kurorte sind im Normalbetrieb eine Wirtschaftsmacht im Stillen und Quelle sprudelnder Steuereinnahmen: mit 100.000 Arbeitsplätzen überwiegend in industrie- und wirtschaftsarmen ländlichen Regionen und 4,5 Milliarden Euro Jahresumsatz. Touristisch sind sie Schwergewichte: Jede vierte Touristenübernachtung im Freistaat wird in einem der Heilbäder gebucht.

Bad Füssing im Herzen des Bayerischen Golf- und Thermenlands gilt mit 2,4 Millionen Übernachtungen pro Jahr als Deutschlands mit Abstand größter Kurort. Heute aber ist Europas weitläufigste Thermenlandschaft menschenleer, 16.000 Gästebetten sind verwaist und die mit Millionenaufwand gepflegten weitläufigen Kurpark-Anlagen blühen still vor sich hin.

"Wir erwirtschaften mit dem Kurbetrieb in normalen Zeiten jährlich 450 Millionen Euro Umsatz, also ein Zehntel aller bayerischen Heilbäder. 4.500 Arbeitsplätze hängen direkt davon ab. Hinzu kommen Tauende in den Zulieferbetrieben", sagt Alois Brundobler. "Jetzt steht alles still. Alle dringend notwendigen und beauftragten Baumaßnahmen wurden, so gut es geht, gestoppt. Aber alleine in der Gemeinde haben wir eine halbe Million Euro Lohnkosten monatlich", so der Bürgermeister. "Da droht die Zahlungsunfähigkeit."

Corona-Schutzschirm: Nicht für die Heilbäder
Seine Kritik an der Politik: Die besondere Belastungssituation der Heilbäder, auch resultierend aus ihrer Aufgabe als Zentren für Prävention und Krankheitsvermeidung, werde bei der Verteilung von staatlichen Fördermitteln aus den Corona-Schutzschirmen bisher völlig ignoriert. Dabei würden die Reha-Kliniken der Kurorte gerade jetzt als Puffer zur Aufnahme von Corona-Patienten dringend gebraucht. "Damit die Heilbäder ihre Aufgabe als wichtige Bausteine im deutschen Gesundheitssystem auch künftig erfüllen können, brauchen wir ein klares Bekenntnis der Bayerischen Staatsregierung zur Bedeutung der Heilbäder für die bayerische Wirtschafts- und Gesundheitspolitik. Wir brauchen vor allem schnelle Liquidität und langfristig eine der Sonderrolle der Kurorte angemessene Anpassung der Schlüsselzuweisungen", sagt Brundobler.

Dessen ungeachtet wartet auf die bayerischen Heilbäder eine zumindest mittelfristig ungewisse Zukunft: In den Kurorten mit ihren natürlichen Heilmittelvorkommen suchen traditionell vor allem Menschen älterer Bevölkerungsgruppen Heilung von ihren Gesundheitsproblemen. Bei den Corona-Erkrankungen gehören die über 70-Jährigen aber zur Hauptrisikogruppe. Es ist völlig offen, wann diese wieder uneingeschränkt reisen dürfen.
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de