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Die Pflanze von nebenan (12)

Viola collina - das Hügel-Veilchen

Donnerstag, 26. März 2020, 15:50 Uhr
In der Reihe „Die Pflanze von nebenan“ stellte Bodo Schwarzberg heimische Pflanzenarten vor. Nach acht Jahren Pause soll sie nun in unregelmäßiger Folge weitergeführt werden. Mit neuen Kapiteln über unsere heimische, im Gebiet um Nordhausen teilweise noch relativ artenreiche Pflanzenwelt...

Blaue Veilchen gehören oft verschiedenen Arten an
Das sprichwörtliche Blau der Veilchen trifft nicht auf alle Arten der Gattung Viola zu.

In Thüringen kommen bzw. kamen laut der Flora von Thüringen 12 in verschiedenen Blautönen blühende Veilchenarten im engeren Sinne vor (1,3).

Die Stiefmütterchen, die ebenfalls der Gattung Veilchen (Viola) zugeordnet werden, sind in dieser Zahl nicht enthalten. Veilchen können in ihren Merkmalen recht stark variieren und sich mit nahe verwandten Arten kreuzen, was die Bestimmung erschweren kann.

Mitunter blühen Veilchen mit üblicherweise blauen oder rötlichen Blüten auch komplett weiß. Bei einigen blau blühenden Arten sind Teile der Blüten zudem weiß oder gelblich. Das Zweiblütige Veilchen (Viola biflora) mit gegenwärtig nur einem Thüringer Vorkommen blüht rein gelb. Von den für Thüringen nachgewiesenen Veilchen i.e.S. gelten drei als ausgestorben.

Zur Nordthüringer Flora gehören drei seltene und deutschlandweit stark gefährdete Veilchenarten (i.e.S.):
das Niedrige Veilchen (Viola pumila), das Sand-Veilchen (Viola rupestris) und das Hügel-Veilchen (Viola collina), wobei letztere beiden auch in der Umgebung von Nordhausen zu Hause sind. Im Nordhäuser Stadtgebiet ist besonders häufig das sehr früh im Jahr blühende März-Veilchen (Viola odorata) zu beobachten.

Das Hügel-Veilchen in einem Naturschutzgebiet des Landkreises Nordhausen. Gut erkennbar sind der weißliche Sporn und die tief eingeschnittenen Blätter, -beides Merkmale der seltenen und stark gefährdeten Art. (Foto: Bodo Schwarzberg) Das Hügel-Veilchen in einem Naturschutzgebiet des Landkreises Nordhausen. Gut erkennbar sind der weißliche Sporn und die tief eingeschnittenen Blätter, -beides Merkmale der seltenen und stark gefährdeten Art. (Foto: Bodo Schwarzberg)

Das Hügel-Veilchen in einem Naturschutzgebiet des Landkreises Nordhausen. Gut erkennbar sind der weißliche Sporn und die tief eingeschnittenen Blätter, -beides Merkmale der seltenen und stark gefährdeten Art. Foto: Bodo Schwarzberg

Genauer möchte ich Ihnen heute jedoch das Hügel-Veilchen (Viola collina) vorstellen. Sein Name gibt einen kleinen Hinweis auf mögliche Fundstellen: Es besiedelt mitunter tatsächlich wärmebegünstige Hügel bzw. etwas aus der Umgebung herausgehobene Landschaftsteile.

Im Gegensatz zu anderen Veilchenarten blüht es schon sehr zeitig im Jahr. An einigen wenigen Stellen entfaltet es ganz aktuell seine tief blauen Blüten. Das nahe verwandte, aber deutlich häufigere Behaarte Veilchen (Viola hirta) besiedelt durchaus ähnliche Biotope wie das Hügel-Veilchen, blüht aber meist erst ca. 14 Tage später.

Allerdings bevorzugt das Behaarte Veilchen Trocken- und Halbtrockenrasen und findet sich nur gelegentlich in Gebüschen und lichten Gehölzen.

Das Hügel-Veilchen (Viola collina) (Foto: Bodo Schwarzberg) Das Hügel-Veilchen (Viola collina) (Foto: Bodo Schwarzberg)

Zudem unterscheiden sich die Blüten des Hügel-Veilchens in weiteren Merkmalen von denen seines nahen Verwandten: durch einen recht auffallenden weißlichen Schlund und einen weißlichen Sporn (= ein nach hinten gerichteter Fortsatz). Zudem befinden sich zwei winzige Vorblätter am Blütenstiel beim Hügel-Veilchen oberhalb oder in der Stielmitte, beim Behaarten Veilchen unterhalb. Nicht zuletzt duften die Blüten im Gegensatz zu denen des Behaarten Veilchens leicht.

Das wichtigste Merkmal ist schwer zu erkennen
Um das entscheidende Merkmal für die Bestimmung eines Hügel-Veilchens zu prüfen, muss man zumindest auf die Knie fallen und eine einzelne Pflanze mit der Lupe ganz genau betrachten: Jeder Blattstiel verfügt an seinem Grunde über zwei langgestreckt-schmale bis eiförmig-lanzettliche Nebenblätter: Haben diese auffallend lange Fransen und sind diese Fransen noch einmal mit kleinen, abstehenden Härchen besetzt, dann haben Sie sehr sicher ein Hügel-Veilchen vor sich (siehe auch 1).

Leider scheint die stark gefährdete Art im Raum Nordhausen nur selten zu blühen (siehe Gefährdungsursachen). Viele Exemplare treiben nur die rundlich-herzförmigen, sich typisch weich anfühlenden und am Grunde tief eingeschnittenen Blätter.

Das Hügel-Veilchen (Viola collina) (Foto: Bodo Schwarzberg) Das Hügel-Veilchen (Viola collina) (Foto: Bodo Schwarzberg)

Vorkommen (1):
„Lichte Laubmischwälder, Trockengebüsche und deren Säume auf mäßig trockenen, meist kalkhaltigen nährstoffarmen Lehm- und Löß- und Gipsböden wärmebegünstigter Lagen.“

Verbreitung:
Das Hügel-Veilchen verfügt über ein sehr großes Verbreitungsgebiet mit zwei geschlossenen Teilarealen (Teile von Mittel- und Osteuropa bzw. in Ostasien, (5). Weitere, meist einzelne Funde sind aus vielen Ländern in Europa und Asien bekannt.

Die Bestände im Raum Nordhausen zählen zu den nördlichsten in Mitteleuropa. In Deutschland konzentrieren sich die Vorkommen auf die Ost-Frankenalb, auf die Alpen bzw. Bayern südlich der Donau und Hegau. Sehr selten und vielfach verschwunden ist Viola collina in der südlichen Schwäbischen Alb, sie kommt weiterhin in Oberschwaben, der N-Oberrheinebene und auf auf dem Kaiserstuhl vor (b). In Thüringen sind Funde vom Südharzer Zechsteinrand, aus dem Kyffhäusergebiet, dem Ohmgebirge, dem Thüringer Becken, der Rhön und dem Gebiet Werrabergland-Hörselberge bekannt (1).

Gefährdung in Deutschland und Europa:
Das Hügel-Veilchen ist aus sieben Bundesländern bekannt (a). Aus allen, mit Ausnahme von Baden-Württemberg, liegt eine gesicherte Gefährdungsangabe vor. In Niedersachsen und Bremen sowie in Sachsen-Anhalt gilt die Art als ausgestorben, in Thüringen und Rheinland-Pfalz als stark gefährdet, in Hessen als „extrem selten“ und in Bayern als gefährdet.

Die aktuelle Rote Liste von Deutschland führt Viola collina als „stark gefährdet“. Dort ist außerdem ein langfristig betrachtet starker Rückgang der Art ausgewiesen (4).

Im Landkreis Nordhausen ist das Hügel-Veilchen zumindest aus aus zwei Naturschutzgebieten bekannt (in einem wurde es erst vor einigen Jahren wieder entdeckt), an einem bekannten Fundpunkt konnte es jedoch schon seit einigen Jahren nicht mehr aufgefunden werden konnte.

Wegen seiner Ähnlichkeit insbesondere mit dem häufigeren Behaarten Veilchen könnte es gelegentlich auch übersehen werden.

Rückgangsursachen und Schutzmaßnahmen:
Da das Hügel-Veilchen lichte Waldstrukturen bevorzugt, ging es mit der Aufgabe der Waldweide und der Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung im 20. Jahrhundert in Deutschland stark zurück. Dies dürfte neben der allgemeinen Eutrophierung von Böden z.B. durch Stickoxidimmissionen die Hauptrückgangsursache sein.

Da bei den Vorkommen im Landkreis Nordhausen schon länger eine gewisse Blühfaulheit beim Hügel-Veilchen beobachtet wurde, könnte mit Auflichtungsmaßnahmen versucht werden, diese zu steigern. „Förderung lichter Waldstrukturen“ wird ausdrücklich empfohlen (1). Der BUND-Kreisverband Nordhausen wird derartige Maßnahmen in Absprache mit Unterer Naturschutzbehörde und Eigentümern prüfen.
Bodo Schwarzberg

Literatur und Quellen:
  • 1: ZÜNDORF, H.-J., GÜNTHER, K.-F., KORSCH, H., WESTHUS, W.: (2006): Flora von Thüringen. Weissdorn-Verlag Jena.
  • 2: BARTHEL, K.-J., PUSCH, J. (1999): Flora des Kyffhäusergebirges und der näheren Umgebung. Ahorn-Verlag Jena.
  • 3: KORSCH, W., WESHUS, W, ZÜNDORF, H.-J. (2002): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens. Weissdorn-Verlag Jena.
  • 4: Metzing, D.; Garve, E. & Matzke-Hajek, G. (2018): Rote Liste und Gesamtartenliste der Farn- und Blütenpflanzen (Trachaeophyta) Deutschlands. – In: Metzing, D., Hofbauer, N., Ludwig, G. & Matzke-Hajek, G. (Bearb.): Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 7: Pflanzen. – Bonn (Bundesamt für Naturschutz). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (7): 13–358.
  • 5:H. MEUSEL; E. J. JÄGER (Hrsg.) Vergleichende Chorologie der Zentraleuropäischen Flora, Band III. Mit Beiträgen von S. BRÄUTIGAM; H. D. KNAPP; S. RAUSCHERT (†); E. WEINERT. Unter Mitarbeit von D. SEIDEL und J. STÖLZER und Fachwissenschaftlern aus 20 Ländern. In zwei Teilen: Textband: 333 S.; Kartenband; Karten, Literatur und Gesamtregister, 688 S., Gustav Fischer Verlag, Jena, 1992.

Links:
a)www.floraweb.de
b)www.blumeninschwaben.de
Autor: red

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