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Spätfolgen des Entleerens werden jetzt sichtbar

Wasserleichen am Stausee Kelbra

Donnerstag, 19. März 2020, 17:37 Uhr
Nach der kurzzeitigen Entleerung der Talsperre Kelbra treiben immer mehr tote Fische am Ufer der Talsperre an - offenbar wurde nun das erklärte Ziel mit dem Alleinstellungsmerkmal einer völligen „Fischfreiheit“ der 600 ha großen Talsperre erreicht...

Tote Fische (Foto: F.Gabriel) Tote Fische (Foto: F.Gabriel)
Fünf verendete und teilweise verwesende Karpfen von etwa 50 – 60 cm Länge am Bauwerk 1 in der Talsperre Kelbra

Nach dem Ende Februar 2020 die Talsperre Kelbra auf Anweisung des grünen Umweltministeriums kurzzeitig entleert wurde, treiben jetzt immer mehr Fischkadaver an der Talsperre am Ufer an. Der Kreisanglerverein Sangerhausen hatte im Vorfeld mehrmals das Umweltministerium auf dieses zu erwartende Problem hingewiesen. Ohne Erfolg. Die 600 ha große Talsperre selber lässt sich nicht restlos entleeren, da immer einige Senken mit Wasser gefüllt bleiben. Dort sammeln sich beim Ablassen einige Fische. Während die kleinen Fische von Graureihern, Haubentauchern und Möwen gefressen werden, haben größere Fische keine Chance. Sie durften qualvoll sterben, um die Talsperre aus „Vogelschutzgründen“ fischfrei zu machen.

Eine restlosen Entleerung hatte das „Landesamt für Umweltschutz“ welches das Ministerium berät, bereits im Oktober 2019 in Kelbra bei einer Veranstaltung zum „vorläufigen Betriebsplan“ der Talsperre vorgestellt. Dort hatte man von der Notwendigkeit einer 3-4 wöchigen jährlichen Restentleerung aus Vogelschutzgründen gesprochen, mit dem Ziel, eine weitgehende Fischfreiheit des Stausees, insbesondere von großen Raubfischen, aber auch Karpfenfischen, zu erreichen. Die Fische würden den Wasservögeln das Futter wegfressen, so die Begründung.

Dass eine völlige Entleerung einigen Wasservögeln nutzen könnte, dazu hat weder das Ministerium noch das Landesamt für Umweltschutz bis heute exakte Zahlen vorlegen können. Immerhin wurde die Talsperre bis 2011 jeden Herbst entleert. Danach gab es mehrmals einen kleinen Winterstau von 1 – 2 Millionen Kubikmetern, welcher den Hochwasserschutz nie gefährdete. Im Gegenteil, der Kreisanglerverein hat an Hand von Zahlen des NABU Nordhausen dem Ministerium und dem Landesamt für Umweltschutz im Dezember 2019 nachgewiesen, wie wichtig ein kleiner Winterstau für Vögel von „gesamteuropäischer Bedeutung“ wie z.B. dem Kranich, der Löffelente, der Saatgans oder dem Schwarzhalstaucher ist. So überwinterten teilweise 2.500 bis 8.000 Kraniche im Winter, wenn etwas Wasser in der Talsperre blieb.

Dass bei einer völligen Entleerung auch die wichtige Nahrung vieler Wasservögel, wie Wasserschnecken, Insektenlarven oder Muscheln sterben, ist im Ministerium und im Landesamt für Umweltschutz in Sachsen-Anhalt anscheinend unbekannt. Diese Kleinlebewesen sind wichtig für die Algenfreiheit der Talsperre. 2019 gab es erstmals seit 50 Jahren keinerlei Algen in der Talsperre Kelbra, sicher auch durch die vielen algenfressenden Kleinlebewesen, welche die letzten Jahre in einem kleinen Winterstau überlebten. Ob man diesen „Erfolg“ 2020 wiederholen kann? Oder will man auf moderne Art einfach nur die Angler, Segler und Naherholungssuchende von der Talsperre Kelbra vertreiben? Dazu passt auch die Meinung des Staatssekretärs Rehda (B90/GRÜNE) am 8.März in MDR aktuell. Dort sagte er wörtlich nach einer Tagung vom „Kranichschutz Deutschland“ im Biosphärenreservat Roßla: „Segeln und Angeln kann man auch woanders.“

Die Angler haben schon länger den Eindruck, dass bei einigen grünen Politikern und insbesondere in Sachsen-Anhalt, der Naturschutz an der Wasseroberfläche aufhört. Man hat es nicht nötig, sich mit ehrenamtlichen Naturschützern vor Ort ernsthaft zu unterhalten und gemeinsam nach den besten Lösungen für die Natur an der Talsperre Kelbra und der Helme zu suchen. Dafür gibt es anscheinend besser bezahlte Leute in Halle oder Magdeburg.

Mit der völligen Entleerung der Talsperre Kelbra hat man nicht nur Fische in der Talsperre selbst verenden lassen, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch das Naturschutzgebiet in Martinsrieth und den Fischlaichbezirk in Bennungen in der Flusslandschaft Helme nachhaltig geschädigt. Dort hatte das vorherige CDU -Umweltministerium gemeinsam mit den Anglern die Kiesbänke unter Schutz gestellt, damit Bachforellen, Barben und Äschen als Leitfischarten der Helme bessere Laichbedingungen finden. Diese Kiesbänke sind zur Zeit mit Schlamm der Talsperre gefüllt. Ob diese Kiesbänke sich bis zur Laichzeit der Äschen und Barben im April wieder selber reinigen, bleibt abzuwarten. Die Fischeier der Flussfischarten werden genau wie die geschützte Bachmuschel im jetzt vorhandenen Schlamm keine Überlebenschance mehr haben und voraussichtlich absterben. Auch dies würde dann für die „Kompetenz“ der handelnden Personen im grünen Umweltministerium und im „Landesamt für Umweltschutz“ in Sachsen-Anhalt sprechen, so die Angler.
Autor: red

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