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28. CDU-Aschermittwoch

Antworten und Korrektur - Aufbruch und Erneuerung

Mittwoch, 26. Februar 2020, 22:33 Uhr
Das Timing hätte insgesamt nicht besser sein können zu dieser 28. Ausgabe des politischen Aschermittwochs der Thüringer CDU in der Apoldaer Vereinsbrauerei. Hier endete eine Ära und hier startete eine (vielleicht) neue Zeitrechnung der deutschen Christdemokratie...

Friedrich  Merz (Foto: nnz) Friedrich Merz (Foto: nnz)
Lange vor den Turbulenzen der zurückliegenden Wochen waren die Einladungen gedruckt und verteilt. Der Gast des Politischen Aschermittwochs der Thüringer CDU heißt Friedrich Merz, der seit gestern feststehende Kandidat für den Vorsitz der Bundespartei.

Entsprechend hoch waren die Erwartungen der rund 1.500 Zuschauer in der großen Festhalle in Apolda. Zumindest die, die Merz nicht im Oktober vorigen Jahres in Nordhausen erlebt hatten, wurden nicht enttäuscht. Die Delegation aus dem Landkreis Nordhausen und Nordthüringen indes hörte vieles von dem, was Merz damals schon in Nordhausen predigte: ein besseres Verhältnis zu Russland, den Rechtsstaat stärken, wer hier leben will, der muss sich an unsere Regeln halten oder Außengrenzen schützen.

Doch teilweise war ein anderer Merz als in der Rolandstadt zu hören. So zum Beispiel kritisierte der Sauerländer heute Abend noch deutlicher die "fatale Energiepolitik" der Bundesregierung(en). Wie man die Transformation der Industrie in eine Klimaneutralität schaffen wolle, wenn man gleichzeitig Atom-, Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke abschalte, das bleibe wohl das Geheimnis derer, die das beschlossen haben. Noch sei hier Zeit für eine Korrektur und die sei notwendig, wenn Deutschland nicht seine Wirtschaftskraft und damit den Wohlstand verlieren solle.

Trotz der tektonischen Verschiebungen innerhalb der Thüringer und der Bundes-CDU, mahnte Friedrich Merz zur Gelassenheit, forderte allerdings mehrfach einen neuen Zusammenhalt innerhalb der Partei und ein neues Denken in der Bundesspitze, schließlich "sind wir hier nicht in Berlin-Kreuzberg, sondern in der Mitte Deutschlands“. Hinsichtlich der Landtagswahlen arbeitete sich der "Kandidat" am einstigen und vielleicht auch nächsten Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ab und beschrieb sein Verhalten nach der Landtagswahl, die RRG schlicht und ergreifend verloren habe, und vor der Wahl zum Ministerpräsidenten als "arrogant und überheblich".

Ramelow präsentiere sich in Thüringen und darüber hinaus als "Biedermann", doch innerhalb der Linken würden Teile wie die Gruppierung Marx 21 vom Verfassungsschutz beobachtet, auch zum Beispiel jene Linken, die für die Zustände in Leipzig-Connewitz verantwortlich seien. Merz: "Die Linke will eine anderer Republik!"

Die wollten auch die Feinde von Rechtsaußen, also die AfD, mit der es keine Zusammenarbeit geben dürfe. Gab es bei vielen Sätzen von Merz nahezu frenetischen Beifall, so war an dieser Stellen die Bekundungen per Klatschen deutlich verhaltener. Aufbrausenden Beifall gab es für Merz, als dieser verkündete, dass er, wenn er am 25. April gewählt werde, auch ein Team haben werde, zu dem Laschet und Spahn auf jeden Fall dazu gehören sollten.

Ein einziges Mal nahm Merz den Namen der Bundeskanzlerin in den Mund und dankte ihr für ihre Arbeit. Das klang mehr nach Verabschiedung der Frau aus der Uckermark und nicht nur dafür war ihm die Mehrheit der Gäste mit minutenlangem Beifall dankbar.

Mike Mohring (Foto: nnz) Mike Mohring (Foto: nnz)
Dankbar zeigte sich zuvor auch Mike Mohring, der so eine Art Abschiedsrede hielt, von seinen und den Fehlern anderer sprach. In der Reflektion auf die zurückliegenden Tage und Wochen wünsche er niemandem so etwas zu erleben, was er in den vergangenen Monaten durchmachen musste. Und dabei ging es nicht um seine überstandene Erkrankung.

Er hätte sich gerade von der Berliner CDU-Zentrale mehr Vertrauen und Zutrauen gewünscht und in Anspielung von denunzierenden Anrufe aus Thüringen zur Entlassung von Christian Hirte als Ostbeauftragten in Berlin sagte Mohring: "Wenn ich bei Merkel angerufen hätte, da hätte ich andere auf der Liste gehabt, die zu entlassen gewesen wären."

Blick in die Festhalle der Apoldaer Vereinsbrauerei (Foto: nnz) Blick in die Festhalle der Apoldaer Vereinsbrauerei (Foto: nnz)
Was schon bei der Vorstellung der Gäste an diesem Mittwoch-Abend deutlich wurde, bei Mohrings Heimspiel trat es klar hervor: Mit Berlin hatte der überwiegende Teil der Gäste "abgeschlossen", statt dessen gab es schon am Anfang dieses Abends stehende Ovationen beim Aufruf des Namens von Christian Hirte und bei Mohring ohnehin.

Das, was die 1.500 Gäste bei Freibier sowie Hering und Salzkartoffeln erlebten, das war ein Abschied des Mike Mohring, den Friedrich Merz jedoch ein ganz klein wenig korrigierte, denn das sei "nur ein Abschied auf Zeit."
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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