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Ein Haus für die Zukunft

Freitag, 21. Februar 2020, 16:00 Uhr
Allein hoch oben auf dem Dach wurden rund 15.000 Nägel ins Holz gehämmert. Hinzu kommen Unmengen an Stahl und Beton - der Neubau des Humboldt-Gymnasiums nahm heute eine wichtige Wegmarke, in der Blasiistraße konnte mit zahlreichen Besuchern Richtfest gefeiert werden...

Richtfest am Humboldt-Gymnasium Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel) Richtfest am Humboldt-Gymnasium Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel)

Das eine Schule komplett neu gebaut wird, das gibt es nicht alle Tage. Im Landkreis Nordhausen liegen derlei Ereignisse noch im vergangenen Jahrtausend. In deen 90ere Jahren hatte man die Grundschulen in Niedersachswerfen und Bleicherode neu errichtet.

Das Projekt, das man sich im Herzen der Kreisstadt vorgenommen hat, ist um einige Nummern größer. Der Neubau des Oberstufengebäudes des Humboldt-Gymnasiums schlägt mit rund 13,7 Millionen Euro zu Buche, nimmt man die noch anstehenden Aufgaben rund um Schulhof, Sporthalle und Mensa hinzu, wird man am Ende gut 25 Millionen Euro in die Zukunft der Nordhäuser Gymnasiasten und die Modernisierung der Innenstadt gesteckt haben.

Und modern soll es werden, das alte, gute 160 Jahre alte Traditionsgebäude, das für den Neubau trotz ursprünglich anderslautender Pläne weichen musste, soll aber nicht vergessen werden. In der kommenden Woche erwartet man die Lieferung von 60 (modernen) Fenstern, die denen des ursprünglichen Baus nachempfunden wurden. Die Glasfassade des wie ein Block aus dem "alten" Haupthaus hinaus ragenden Nebengebäudes soll später einmal die historisierende Fassade spiegeln und damit gleichsam visuell in den Hintergrund treten, erläutert Gunnar Reuter, Chef der Service-Gesellschaft, die als Bauherr die Zügel in der Hand hält.

Drinnen warten hohe, lichte Räume auf den Einzug der neuen Schülerinnen und Schüler. Zwischen 70 und 80 Quadratmeter werden die Klassenräume im Durchschnitt groß sein, erklärt Reuter weiter, hinzu kommen Aula, Musik- und Kunsträume, Fachkabinette und alles, was eine moderne Schule sonst noch so braucht. Stolz ist man schon jetzt auf die Belüftungsanlage, die rund 20.000 Kubikmeter in der Stunde umsetzen kann. Auch die Elektriker sind schon im Haus, erzählt Bauleiter Karsten Tölle von der Firma Waresa.

Gunnar Reuter erläutert beim Rundgang den Aufbau des Gebäudes (Foto: Angelo Glashagel) Gunnar Reuter erläutert beim Rundgang den Aufbau des Gebäudes (Foto: Angelo Glashagel)

Im Februar 2021 soll die neue, alte Schule bezugsfertig sein. Der Landkreis wird dann nur als Mieter der Tochtergesellschaft auftreten. Das Modell habe es dem Kreis ermöglicht, auch in schwierigen Zeiten Fördermittel einzuwerben, sagte Landrat Matthias Jendricke, "die Haushaltssicherung ist das Eine. In die Lage zu kommen, trotzdem noch gestalten zu können, das ist das Besondere. Wir wollen hier im Herzen der Stadt Zukunft schaffen, über den Bau und über die Technik".

Möglich wurde das alles auch, weil man sich auf die Unterstützung aus dem Land verlassen konnte. Unter den Gästen weilte auch die jetzige Landtagspräsidentin Birgit Keller, die zuvor sowohl als ehemalige Nordhäuser Landrätin wie auch als Ministerin für Infrastraktur immer nah dran war am Thema "Humboldt". Es sei ein guter Tag, sagte Keller. Und es müsste mehr solcher Tage wie heute geben, und keine wie den gestrigen. "Eine Schule wie diese ist auch ein Ort, an dem Humanismus nicht nur gelehrt, sondern auch gelebt wird. Deswegen ist das der schönste Tag, den man für die Zukunft der Kinder haben kann."

Damit es weitergeht, auch mit Blick auf die Arbeiten und Projekte, die noch anstehen, brauche es wieder eine handlungsfähige Regierung in Erfurt, unterstrich der Landrat. Eine Regierung, die dafür sorgt das dass, was Bürger und Unternehmen erarbeiten, dort ankommt, wo man für die Menschen des Landes ein Hoffnungszeichen setzen kann, ein Zeichen das es vorangeht.

Auch Oberbürgermeister Buchmann war zum Richtfest gekommen, bedankte sich vor allem bei den vielen Gewerken die für das Gelingen des Rohbaus gearbeitet haben und bekräftigte die aktive Unterstützung der Stadt für das Projekt. "Der Stadtrat wird bestimmt noch einmal über fünf Millionen Euro Investitonsmittel entscheiden müssen. Aber ich weiß, das wir da mitziehen werden", sagte Buchmann, der Lückenschluss bis hinab zum Spendekirchhof genieße Priorität.

Das Richtfest fand reichlich interessiertes Publikum (Foto: Angelo Glashagel) Das Richtfest fand reichlich interessiertes Publikum (Foto: Angelo Glashagel)

Der langen Reden war damit Genüge getan, mann konnte zur Tat schreiten. Landtagspräsidentin, Landrat, Oberbürgermeister und die beiden Schulleiter des Gymnasiums, Ralf-Gerhard Köthe und sein Stellvertreter Volker Vogt, folgten unter Beisein des Zimmermanns Peter Wisse die Tradition. Schnaps, dann Scherben, dann Hammer und Nagel.

Weit unten hatte sich da zahlreiches Publikum gesammelt. Wer das Fest verpasst hat, der hat am kommenden Samstag in der Domstraße die Chance, das Großprojekt noch einmal aus erster Hand erläutert zu bekommen. Das Humboldt-Gymnasium lädt dann nämlich zum Tag der offenen Tür und präsentiert sich potentiellen neuen Schülern und ihren Eltern.
Angelo Glashagel

Addendum
Das Landratsamt hat noch ein paar Zahlen und Fakten zum Bau beigesteuert, die wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten wollen:
  • Gesamtkosten: rund 13,7 Mio. Euro (5 Mio. Euro Förderung vom TMIL)
  • bisher vergeben: rund 8 Mio. Euro
  • Beginn der Arbeiten: Anfang November 2018
  • größte Ost-West-Ausdehnung: 46 m
  • größte Nord-Süd-Ausdehnung: min. 18 m, max. 51 m
  • 18 Klassenräume, Technikräume, Pausenraum 215 m², Aula 170 m², Vorbereitungs- und Verwaltungsräume
  • Geschossflächen (brutto): ca. 5.950 m²
  • umbauter Raum: ca. 23.000 m³
  • interaktive Boards/Tafeln
  • alles Barrierefrei, mit Liegendaufzug


Bisherige Bauleistungen:
  • beim Abbruch 15.000 m³ umbauter Raum, 250 Tonnen Holz, 3.000 Tonnen Bauschutt, 980 Tonnen Kies in Big Bags entsorgt wegen Sulfatbelastung (bei 13 Tonnen pro LKW kamen beim Abbruch 306 LKW-Ladungen zusammen)
  • 1.800 m2 Baugrubensohle, 7.200 Tonnen Erdaushub
  • 300 Meter Entwässerungsleitungen
  • 2.500 m² Mauerwerk, Kalksandstein
  • 650 m³ Beton-Bodenplatte, 500 m³ Wände, 1.200 m³ Decken
  • rund 2.400 m³ Stahl, 240 Tonnen Bewehrungsstahl
  • an Gewicht (Abbruchmengen, Beton, Mauerwerk, Stahl) wurden bis dato bewegt: ca. 20.000 Tonnen
  • im Vergleich zu einem typischen Einfamilienhaus hat das neue Humboldt-Gymnasium das Volumen von knapp 32 Einfamilienhäusern
  • würde man den im Humboldt-Gymnasium verbauten Betonstahl als Einzelstahl (Durchmesser 14 mm) hintereinander legen, so würde sich dieser Stabstahl von der Humboldt-Baustelle in Nordhausen bis nach Halle ins Zentrum und wieder zurück (ca. 210 km) erstrecken
  • alle Baupläne ergeben ausgedruckt eine Fläche von rund 70 m²
  • bislang wurden rund 2.000 Seiten Leistungsverzeichnisse veröffentlicht
  • bislang wurden 64 Baustellenprotokolle mit rd. 350 Seiten und 1.300 Protokollpunkten erstellt
  • bis dato waren rund 100 Personen auf der Baustelle im Einsatz, mit dem beginnenden Innenausbau wird sich die Zahl verdoppeln


Größenvergleich: der Kölner Dom (mit einem umbauten Raum von rund 400.000 m³) ist etwa 17mal größer als das neue Humboldt-Gymnasium

Baukostenvergleich: die Elbphilharmonie wurde mit Kosten von ca. 7.000 Euro je m2 (866 Mio. €/125.000 m²) gebaut, das Humboldt-Gymnasium bewegt sich im geplanten Kostenrahmen – rund 13,7 Mio. €/5.950 m² mit 2.300 EUR/m² (etwa 1/3 der Kosten je m²).
Autor: red

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