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Talsperre Kelbra soll jetzt „Fischfrei“ werden

Dienstag, 11. Februar 2020, 00:05 Uhr
Dazu die Presseerklärung des Kreisanglervereines Sangerhausen in ihrem Wortlaut..Aber das Thema sollte auch Thüringen interessieren!.Mit Update...

Die Talsperre Kelbra soll jetzt als erstes Gewässer in Sachsen-Anhalt „Fischfrei“ werden. Verstößt Landesregierung jetzt gegen die eigene Natura 2.000 Verordnung und plant vorsätzlich ein Fischsterben im Stausee Kelbra? Die Angler befürchten auch irreparable Schäden an seltenen Fischarten und der Bachmuschel in der Flusslandschaft Helme.

Die Mitglieder unseres Kreisanglervereines verstehen die Welt nicht mehr. Entgegen dem vorläufigen Betriebsplan und der Natura 2.000 Verordnung soll jetzt die Talsperre Kelbra noch kurzfristig im Februar 2020 restlos entleert werden. Ziel des „grünen“ Umweltministeriums ist es, die 500 ha große Talsperre Kelbra als erstes Gewässer in Sachsen-Anhalt fischfrei zu machen. Die Begründung ist mehr als abenteuerlich: „Die Fische können Wasservögel fressen und die Fische fressen den Wasservögeln das Futter weg.“

Dies hatte bereits im März 2019 die Umweltministerin, Frau Dalbert, dem Vorstand des Kreisanglervereines in einem Gespräch im Ministerium erklärt. In einer „Prioritätenfestlegung“ des Landesamtes für Umweltschutz wurde dies den Anglern auch schriftlich mitgeteilt. Beweise in Form von weniger gezählten Wasservögeln am Stausee konnte man aber bis heute nicht vorlegen. Auch sagte die Ministerin wörtlich: “Sie hält Angeln, insbesondere am Stausee Kelbra, für nicht mehr zeitgemäß.“
Die Bedenken von Umweltschützern werden mit der völligen Entleerung ignoriert. Mehr noch, die Ministerin als oberste Tierschützerin des Landes provoziert ein Fischsterben in der Talsperre und an den Ablaufgräben selbst. Bereits 2014 und 2016 wurde die Talsperre restlos entleert, um Reparaturarbeiten durchzuführen. Trotz größter Bemühungen der Angler gab es zehntausende tote Fische, da sich die Kiemen mit Schlamm aus dem Stausee am Ende der Entleerung zusetzten. Wenn es jetzt wieder ein Fischsterben gibt, wird ein Staatsanwalt entscheiden müssen, ob ein vernünftiger Grund für die Massentötung von Fischen nach § 17 Tierschutzgesetz vorliegt oder ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss.

Die Entleerung ist auch ein Verstoß gegen den eigenen vorläufigen Betriebsplan – dieser sieht eine Entleerung bei ausreichender Wasserqualität ausschließlich im Dez. bzw. Januar vor. Die von der Landesregierung verabschiedete Natura 2.000 Verordnung wird ebenfalls ignoriert. Dort ist beim Stausee Kelbra als Schutzzweck festgelegt:

Talsperre Kelbra soll jetzt „Fischfrei“ werden (Foto: Archivfoto kn) Talsperre Kelbra soll jetzt „Fischfrei“ werden (Foto: Archivfoto kn)

Archivfoto: kn
„Der Schutzzweck gemäß Kapitel 1 § 4 Absatz 4 dieser Verordnung umfasst: u.a. ….die Erhaltung der Wasserfläche des Stausees Kelbra,…“
Mit dem Ablassen des Stausees Kelbra jetzt im Februar besteht außerdem die Gefahr, dass im Frühjahr nicht mehr ausreichend Wasser zur Verfügung steht, da im Einzugsgebiet zur Zeit keinerlei Schnee liegt und der Grundwasserspiegel nach den extrem heißen und trockenen Sommern 2018 und 2019 noch nicht wieder aufgefüllt wurde. Damit werden voraussichtlich die Schilfbestände und die Nistmöglichkeiten vieler seltenen und geschützten Vogelarten im Jahre 2020 trocken bleiben. Ohne Wasser und damit ohne Nahrung ist der Stausee Kelbra auch für den Vogelzug im Frühjahr als Rastplatz wertlos!

Was will das „grüne“ Umweltministerium also, wenn ein Ablassen sogar den Wasservögeln schadet? Dafür gibt es für uns Angler nur eine Erklärung: Man will Angler, Segler und Touristen von der Talsperre Kelbra fernhalten. Die Angler als Pächter werden nicht mehr Angeln, da keine Fische im Stausee sind. Die Segler können voraussichtlich nicht Segeln, da der Wasserstand zu niedrig ist und die Touristen und Badegäste bleiben fern, da durch Niedrigwasser eine schnellere Erwärmung erfolgt und Algen sich viel besser entwickeln können. Am Ende ist es eine moderne Enteignung der Angler und der Stadt Kelbra.

In der Helme wird außerdem der Schlamm aus dem Stausee wieder die Kieslaichplätze der Flussfischarten zerstören. Millionen von Euros des Landes Sachsen-Anhalt für das Schutzgebiet Helme, ausgegeben von den vorigen Regierungen, werden dann wertlos. Wir Angler und Naturschützer sehen es so, dass man jetzt ohne vernünftigen Grund 20 Jahre ehrenamtliche Naturschutzarbeit zur Verbesserung der Biodiversität an der Helme mit Füßen tritt. Es gibt nicht wenige Angler welche in der Vergangenheit „grün“ gewählt haben. Mit der Entscheidung, die Talsperre im Februar abzulassen, disqualifiziert sich die grüne Umweltministerin selbst und viele Angler werden ihre Wahlentscheidung in Zukunft überprüfen.

(1) Der Schutzzweck gemäß Kapitel 1 § 4 Absatz 4 dieser Verordnung umfasst:
1. die Erhaltung der Wasserfläche des Stausees Kelbra, ausreichender Ufer- und Flachwasserbereiche sowie Schlammflächen einschließlich der angrenzenden extensiv bewirtschafteten Grünländer und als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung mit herausragendem Wert für eine Vielzahl an Wasservogelarten zur Brut- und Zugzeit insbesondere für die landesweit bedeutsamen Brutbestände des Schwarzhalstauchers und des Wachtelkönigs sowie als bedeutendstes Kranichrastgebiet Sachsen-Anhalts, einschließlich der bemerkenswerten Rastbestände von Saatgans, diversen Enten, Tauchern und Limikolen,
Prioritätensetzung im Vogelschutz am Helmestausee

Anfrage kn

Was sagen eigentlich die weiteren Anlieger des Stausee Kelbras, das Landratsamt Kyffhäuserkreis und des Landratsamt Nordhausen und das Land Thüringen zur gesamten Situation? Auch wenn der Anteil Thüringens am Stausee nur gering ist, sollten deren Belange doch wohl gehört werden.

Antwort aus dem Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN)

Grünes Licht aus Thüringer Ministerium
Autor: khh

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