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Stadt, Kreis und Private müssen zusammenarbeiten

Wer rettet das IFA-Museum?

Sonnabend, 28. Dezember 2019, 15:00 Uhr
Es wurden viel geschrieben und gesprochen übers das private Museum in der Traktorenstraße. Viele honorige Besucher gaben sich hier schon die Klinke in die Hand und kluge Ratschläge zur Finanzierung. Die Besucherzahlen übertreffen die städtischer Museen bei weitem und dennoch droht in drei Tagen das nahende Aus. Die nnz hat erneut nachgefragt…

IFA-Museum (Foto: oas) IFA-Museum (Foto: oas)
Vereinsvorsitzender Hans-Georg Franke (2.v.r.) empfängt im Wahlkampf FDP-Politiker und erläutert das ambitionierte Projekt IFA-Museum

Schon der Thüringer Ministerpräsident hat es im Sommer den ehrenamtlichen Museumsbetreibern ins Stammbuch geschrieben: Geld kann es für dieses Projekt nur über die beantragende Kommune geben. Parteiübergreifend setzen sich die Fraktionen des neu gewählten Stadtrates für eine Lösung ein. Besucher aus Japan schrieben in der heimatlichen Fachzeitschriften über die Exposition, nach Siegmund Jähn besuchte auch der russische Kosmonaut Victor Afanasiev das Museum. Dessen knapp 6 000 Besucher im letzten Jahr kamen zu 88 Prozent nicht aus Nordhausen. Aus dem Nordhäuser Rathaus war zu hören, dass „gemäß Beschlussfassung durch den Stadtrat die Stadtverwaltung bis zum 31.12.2019 konkrete Vorschläge für das IFA-Museum zu erarbeiten hat.“ Dazu gab es inzwischen im Stadtrat eine erste Lesung am 11. Dezember, konkrete Vorschläge aber keine.

Wenn der Mäzen des Museums, Helmut Peter, seine Drohung wahr macht und sich an den Betriebskosten von jährlich rund 60 000 Euro ab 2020 nicht mehr beteiligt, so gehen in Kürze die Scheinwerfer im Technikpark und den Ausstellungsräumen aus.

In der nnz haben wir in den letzten Monaten die Entwicklung dieser brisanten Auseinandersetzung verfolgt und wenn Sie, geneigter Leser dieser Zeilen, in unserer Suchleiste einmal „IFA-Museum“ eingeben, dann erscheinen allein für das ausklingende Jahr über dreißig relevante Beiträge zum Thema. Kurz vor Weihnachten haben wir noch einmal in der Stadtverwaltung, dem Landratsamt und beim Tourismusverband zum Stand der Dinge nachgehakt.

Dem Stadtrat liegt ein Antrag der Fraktionen CDU, Die Linke und SPD vom 27.11.2019 zu einer Kooperationsvereinbarung IFA-Museum vor, bestätigte uns Stadtsprecher Lutz Fischer und fügte an: „Der Antrag befindet sich weiterhin im demokratischen Abstimmungsprozess des Stadtrates und seiner Ausschüsse und wird durch die Stadtverwaltung entsprechend dem vorgenannten Mai-Beschluss bearbeitet. Alle finanziellen und personellen Beschlüsse stehen natürlich unter dem Vorbehalt der Haushaltsgenehmigung durch die Rechtsaufsicht. Wie für alle freiwilligen Aufgaben gilt, dass in der vorläufigen Haushaltsführung, keine Auszahlungen erfolgen können.“

Der Haushalt ist auf den Weg gebracht und für das letzte Jahr bestätigten die Wirtschaftsprüfer, dass die Stadt Nordhausen schwarze Zahlen geschrieben hat. Ein Zuschuss für das IFA-Museum wurde in 2019 aber nicht gewährt, was Pressesprecher Fischer folgendermaßen begründet: „Dafür fehlen schlichtweg die gesetzlichen Grundlagen sowie der Antrag des Vereins, um den Einsatz von Steuermitteln an Dritte zu rechtfertigen.“

Des Weiteren verweist er darauf, dass Ministerpräsident Bodo Ramelow bei seinem Besuch im IFA-Museum eine Lösung in der Region verlangt habe. Zwischenzeitlich, so Fischer weiter, hätte es aus diesem Grund bereits auf Ebene des Landratsamtes ein Gespräch mit den Vertretern des IFA-Museums und des Vereins unter Einbeziehung der Stadt Nordhausen gegeben. Und abschließend empfiehlt die Kreisstadt „zur Etablierung neuer synergetischer Netzwerke auch das Kulturentwicklungskonzept der Landkreise Nordhausen und Kyffhäuser zu Rate zu ziehen.“ Dort wurden Kooperationen zwischen einzelnen Objekten und Projekten angemahnt und sogenannte „Kulturtandems“ vorgeschlagen.

Victor Afanasjev (Foto: G.Hebestreit) Victor Afanasjev (Foto: G.Hebestreit)
Dr. Steinmetz vom IFA-Museum Nordhausen erläutert dem Kosmonauten Victor Afanasiev (links) Exponate. Foto: Gunther Hebestreit

Grundsätzlich liege die Kulturhoheit aber bei den Städten und Gemeinden, kontert das Landratsamt. „Eine Unterstützung eines Landkreises für (nichteigene) kulturelle Einrichtungen wäre nur im Einvernehmen mit allen Kommunen des Landkreises möglich“, teilte uns Jessica Piper mit, die als Sprecherin die Verwaltung des Landkreises vertritt. Und Frau Piper macht für eine Unterstützung Nordhäuser Projekte einen weiteren Hinderungsgrund aus: „Hierzu wäre die Voraussetzung, dass die Stadt Nordhausen nicht fortlaufend Widerspruch gegen die Kreisumlage einlegt und dabei jede Ausgabe des Landkreises an die Gemeinden rügt.“

Die Unterstützung des eingetragenen Vereins im IFA-Museum erfolge bereits umfangreich durch das Jobcenter des Landkreises für Beschäftigungsmaßnahmen, um die personelle Besetzung des Museums abzusichern,stellt Frau Piper klar und ergänzt: „Dazu werden auch die neuen Möglichkeiten des Teilhabechancengesetzes genutzt.“ Dieses regelt die längere Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen in einer geeigneten Maßnahme und wird vom Landratsamt finanziell mitgetragen.

Dem Landratsamt liegt bereits ein konkret untersetzter Antrag des Schul- und Kulturausschusses zur weitergehenden institutionellen Förderung des IFA-Museums mit einer jährlichen Summe von 20 000 Euro vor. Diesen wird der Kreistag im Zuge der Haushaltsberatungen im Januar diskutieren.

Bleibt der Tourismusverband Südharz Kyffhäuser zu untersuchen, in dem das IFA-Museum Mitglied ist. Hier wird die Einrichtung entsprechend in den Publikationen des Verbandes wie beispielsweise einer Museumsbroschüre vorgestellt. Auf der Internetseite, auf Reisemessen (wie der Grünen Woche in Berlin) oder in der Imagebroschüre, die gerade überarbeitet wird, ist das IFA-Museum fester Bestandteil der regionalen Museenlandschaft.

Eine Finanzierung über die Umsetzung des Kulturentwicklungskonzeptes oder eine institutionelle Förderung ist anders als von der Stadtverwaltung gefordert aber nicht möglich. Der Tourismusverband ist ein reiner Marketingverband und unterhält selbst keine Infrastruktur, die touristische Partner mitfinanzieren könnte. Die Mitgliedsbeiträge der Verbandsmitglieder fließen nahezu komplett in Marketingprojekte und unterstützen die beiden Landkreise bei der touristischen Vermarktung der Region. Fazit also: Der Tourismusverband kann das IFA-Museum nur wie andere touristische Leistungsträger in der Region in der Marketingarbeit unterstützen und damit einen Beitrag leisten. Geld fließt keins.

Es wird also nur zusammen gehen, wenn ein fünftes Museum in der Stadt erhalten werden soll und es wird weiter eines gewissen Mäzenatentums privater Geldgeber bedürfen. Die Stadtverwaltung muss sich nominell, personell und finanziell zum Museum bekennen und das Landratsamt seine Unterstützung weiter gewähren. Dann, aber auch nur dann, werden sich weiterhin Geldgeber wie zuletzt die Stiftung der Kreissparkasse finden, die das Gedenken an den einstigen Technikstandort Nordhausen mit ihren Beiträgen hochhalten. Verdient haben das die Frauen und Männer des Vereins um Hans-Georg Franke schon allein durch ihre bisherige aufopferungsvolle Arbeit. Der wachsende Imagegewinn und die touristische Funktion für die Stadt Nordhausen sind längst an den steigenden Besucherzahlen abzusehen und sollten alle beteiligten anspornen, eine befriedigende Lösung zu finden.
Olaf Schulze

Die Stadtverwaltung Nordhausen hat folgende "Richtigstellung" zum obigen Beitrag erbeten:

Gemäß Beschlussfassung (BV/1366/2019) durch den Stadtrat hat die Stadtverwaltung bis zum 31.12.2019 konkrete Vorschläge für das IFA-Museum zu erarbeiten (keinen Beschluss zu erwirken). In diesem Sinn liegt dem Stadtrat ein Antrag der Fraktionen CDU, Die Linke und SPD vom 27.11.2019 zur "Kooperationsvereinbarung IFA-Museum" vor, der in der Stadtratssitzung vom 11.12.2019 plan- und geschäftsordnungsmäßig wegen seiner zu erwartenden finanziellen Auswirkungen "in erster Lesung" behandelt wurde. Der Antrag befindet sich weiterhin im demokratischen Abstimmungsprozess bzw. Geschäftsgang des Stadtrates und seiner Ausschüsse, der von der Stadtverwaltung durchgeführt und aktiv begleitet wird. Alle finanziellen und Personal betreffenden Beschlüsse stehen unter dem Vorbehalt der Haushaltsgenehmigung durch die Rechtsaufsicht im Landratsamt Nordhausen. Wie für alle freiwilligen Aufgaben gilt bis dahin, dass in der vorläufigen Haushaltführung ab 01.01.2020, keine Auszahlungen erfolgen können."
Autor: osch

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