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Landtagswahl 2019

"Fühle mich zu konservativen Werten hingezogen"

Mittwoch, 23. Oktober 2019, 12:00 Uhr
Den 47jährigen explizit vorzustellen, ist in Nordhausen wohl nicht sonderlich nötig. Nicht nur in Salza ist er bekannt “wie ein bunter Hund”, auch im bescheidenen Rest der Kreisstadt. Nach Jahren der kommunalpolitischen Erfahrungssammlung, will sich Steffen Iffland nun in die Landespolitik einmischen…

Will für die CDU in den Landtag: Steffen Iffland (Foto: nnz) Will für die CDU in den Landtag: Steffen Iffland (Foto: nnz)
nnz: Herr Iffland, ist Ihre CDU denn überhaupt noch eine Volkspartei?

St. Iffland: Ich mache die Definition einer Volkspartei nicht an Umfragewerten fest, sondern bei meiner CDU an den Themen und an den Inhalten des Grundsatzprogramms sowie unseres Wahlprogramms für Thüringen. Und da sprechen wir nahezu alle Themen an, die für ein gesellschaftliches Miteinander heute und morgen wichtig sind. Ich kann den Wählerinnen und Wählern nur die Empfehlung geben, sich mit deren Inhalten auseinanderzusetzen. Meine Partei hat eben nicht nur ein Kernthema, wie das aktuell in Mode zu kommen scheint, sondern will alle Menschen mitnehmen und um ihre Stimme werben. Und dafür stehe ich mit meiner Mitgliedschaft, meinem Parteibuch, obwohl mir meine Partei das in den zurückliegenden Jahren nicht immer einfach gemacht hat. Vor allem die Bundespartei hatte in den zurückliegenden fünf Jahren einige Fehler gemacht, wenn ich da nur an die unkontrollierte Einwanderung von Flüchtlingen denke.

nnz: Wo würden Sie sich innerhalb der CDU einordnen?

St. Iffland: Ich bin Mitglied der Werte-Union und sehe mich fest in den christlichen Werten wie Menschlichkeit, Humanismus und Soziales verankert. Aber: es muss in der Welt, in der wir alle leben wollen, Gesetze, Regeln und rote Linien geben. Anders funktioniert Zusammenleben nicht. Ich fühle mich deshalb auch zu den konservativen Werten hingezogen, erlebe aber zunehmend, dass konservativ sein, dass dieses Denken und Handeln mit rechtsradikal gleichgesetzt wird. Dieser infamen Unterstellung müssen wir in der Union - von der Bundesspitze bis hinunter zur Parteibasis - energisch entgegentreten.

nnz: Herr Iffland, warum treten Sie erst jetzt für den Thüringer Landtag an, warum nicht schon fünf Jahre zuvor, als sie auch schon im Gespräch waren? Muss man sich in der Politik immer noch schön brav hinten anstellen und warten, bis man dran ist?

St. Iffland: Ich stelle mich nicht hinten an. Meine Partei hatte bis 2014 eine gute Politik gemacht. Sie war nicht fehlerfrei, wer ist das schon, aber ich konnte sie vertreten. Und wir hatten damals eine gute Kandidatin. Mit der rot-rot-grünen Regierung, die dann gewählt wurde, kam über uns eine Politik, die für mich zum Teil unerträglich war. Ich erinnere an die unsägliche Gebietsreform, an den Großkreis Nordhausen-Kyffhäuser, und als das noch nicht genug war, an den Vorschlag, das kleine Sondershausen zur Kreisstadt zu erklären. Ich verweise auf die zurückgehenden Landeszuweisungen und eine falsche Förderpolitik. Es kann doch nicht sein, dass Millionen für die Sanierung des Theaters fließen sollen und gleichzeitig seitens der Aufsichtsbehörden in Erfurt und Weimar verlangt wird, Museen zu schließen, weil sich Nordhausen zu viele freiwillige Aufgaben leistet.

nnz: Im Wahlkampf wird immer versprochen, und davon eine Menge. Wenn Sie aus ihren Versprechungen nur eine einzige umsetzen könnten und dies auch gelingen würde, welche wäre das?

St. Iffland: Da setze ich den Fokus ganz klar auf die Bildung. Ich weiß, dass politische Arbeit meist aus kleinen Schritten besteht, der ganz große Wurf gelingt selten. Und im Bereich der Bildung habe ich es als gewählter Abgeordneter in der Hand, an den notwendigen Stellschrauben zu drehen. So sollten sich schnellstens die Einstellungsverfahren für Lehrer in unseren Thüringer Schulämtern ändern, sie müssen einfacher werden. Wir müssen ein Mitspracherecht der Schulen bei Einstellungen aktivieren und dafür sorgen, dass der Beruf des Lehrers attraktiver wird. Lehrer sein muss “fetzen”. Auch über Berufsausbildung mit Abitur muss nachgedacht werden, ebenso wie über ein duales Studium. All das ist Ländersache und an diesen Veränderungen möchte ich nicht nur mitarbeiten, ich will sie vorantreiben.

nnz: Stellen Sie sich vor: Sie hätten fünf Bausteine mit Politikfeldern: Wirtschaft - Soziales/Bildung - Tourismus - Kultur - Sport. In welcher Rang- und Reihenfolge würden Sie die Themen platzieren?

St. Iffland: Ganz vorn würde bei mir “Bildung und Soziales” stehen, gefolgt von Wirtschaft, Sport, Kultur und Tourismus.

Steffen Iffland stellt sich vor
nnz: Ein aktuell politischer Hype ist der Ruf nach mehr E-Mobilität. Springen Sie auf diesen Zug auf?

St. Iffland: Nein. Als Kandidat für die Stadt Nordhausen muss ich doch konstatieren, dass wir mit der Straßenbahn zwischen den Stadtteilen schon elektrisch unterwegs sind und unsere Menschen von Nordhausen-Nord bis nach Ilfeld mit dem einzigartigen Combino Duo fahren können. Die Stadt Nordhausen ist einfach zu klein, um die E-Mobilität völlig auszureizen. Hier kann sich nur punktuell etwas tun. Und wer sagt denn, dass der Akku als Energiequelle das Non-Plu-Ultra sein wird? Wir sollten an die Umstellung auf Elektromobilität technologieoffen herangehen, zum Beispiel auch in Richtung Wasserstoff denken. Statt die E-Busse im Kreis anzuschaffen, plädierte ich dafür die Dieselflotte im ÖPNV lieber auf die neuesten Technologien umstellen. Die werden nämlich noch zehn Jahren durch den Landkreis und die Stadt fahren. Ich bin mir sicher, dass die Dieseltechnologie noch sauberer werden wird und wir uns nicht Hals über Kopf davon verabschieden müssen.

nnz: Thema Gips.

St. Iffland: Da bleibe ich bei meiner Meinung: keine Neuverritzung in der Rüdigsdorfer Schweiz, andere Abbaugebiete dafür mit Augenmaß ausweiten und ausbauen. Und ganz wichtig: Eine Proaktive und ehrliche Öffentlichkeitsarbeit seitens der Firmen und der lokalen Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Das ist das A und O bei dieser hochsensiblen Thematik. Selbstverständlich ist ebenfalls eine hochwertige Re-Naturierung in Abstimmung mit den Bürgern notwendig. Diese Re-Naturierung muss weit über eine Nachmodellierung der Ursprungslandschaft hinausgehen. Dazu bedarf es finanzieller Mittel für unsere Region, und genau dazu hat gerade unsere Rot-Rot-Grüne Landesregierung versagt. Thüringen ist das einzige Bundesland, das im Kohleausstiegsvertrag fehlt! Wirtschaftsminister Tiefensee und Ministerpräsident Ramelow haben an dieser Stelle keine Forderungen aufgemacht, obwohl Ostthüringen mit dem Altenburger Land und der Norden mit dem Gipskarst vom Kohleausstieg betroffen sind. Auf Seite 86 des Kohleausstiegsvertrages ist verankert, dass der Wegfall des Rea-Gips durch „umweltfreundlichen Abbau“ von Naturgips ausgeglichen wird. Damit ist, neben Süddeutschland, auch unsere Region gemeint! Und da hätten wir auch von den Milliardenschweren Strukturhilfen profitieren können, welche die Bundesregierung zur Verfügung stellen. Jetzt müssen wir versuchen, über den Bundestag das Papier für Thüringen zu erweitern. Und das wird nicht so leicht.

Unsere Region leidet noch heute durch die Schließung der Kaliindustrie und anderen Unternehmen in den 1990er Jahren. Ein Drittel der Beschäftigten waren abgewandert.

Solche Mittel brauchen wir zum Beispiel auch für unsere Hochschule. Mit ihr haben wir die einmalige Möglichkeit, parallel nach Alternativen zum Gips zu forschen. In der Baubranche wird dieses Produkt gerade beim Brandschutz, allein schon was seine Feuerfestigkeit anbelangt, sehr geschätzt.

nnz: Wenn Sie Aladins Wunderlampe für kurze Zeit besitzen würden und hätten einen einzigen politischen Wunsch frei, den Ihnen der Dschinn erfüllen könnte, welcher wäre das?

St. Iffland: Ich würde mir die fehlenden Lehrer herwünschen und diese gerechter entlohnen. Es wäre der einzige Wunsch, weil die Bildung der Grundstock für das weitere Leben ist.

Das Gespräch führte Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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