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Landtagswahl 2019

Erst am Anfang eines Prozesses

Freitag, 11. Oktober 2019, 07:52 Uhr
Am 27. des Monats könnte die politische Landschaft in Thüringen neu bestimmt werden. Wir stellen die Kandidaten vor, die in den Landtag wollen. Heute: Andreas Leupold, Alternative für Deutschland (AfD).


Andreas Leupold (Foto: privat) Andreas Leupold (Foto: privat) Andreas Leupold ist katholischer Theologe und Lehrer. Der 28-Jährige kandidiert für die AfD für den Thüringer Landtag

nnz: Herr Leupold, was führte Sie als studierten katholischen Theologen und Lehrer zur AfD, obwohl Ihre Amtskirche die Partei „verteufelt“?

Andreas Leupold: Erstmals bin ich 2014 zur AfD gestoßen, weil ich als junger und politisch denkender Mensch die Nase voll hatte von einer Politik der vermeintlichen Alternativlosigkeit. Alles, was den Bürgern im Zuge der Eurokrise und der Energiewende politisch zugemutet wurde, verkaufte die etablierte Politik als vermeintlich unumgehbar. Dies gipfelte 2015 in der Migrationskrise mit allen heute bekannten Konsequenzen. Für mich stellte die Alternative für Deutschland zu diesem erratischen Politikkurs den einzigen Kontrast dar. Was Ihre Frage nach der Stellung der Kirche zu meiner Partei angeht, möchte ich, wenn Sie gestatten, folgendes feststellen: Einige höhere Kirchenfunktionäre verwechseln aus meiner Sicht gelegentlich ihre geistliche Stellung mit einem politischen Amt. Eigentlich sollten sich die Kirchen um die Verkündigung der frohen Botschaft und um das Heil der ihnen anvertrauten Seelen kümmern, statt tagespolitisch zu agieren. Dies scheint hin und wieder vergessen zu werden.

nnz: Laut aktueller Umfragewerte sieht sich die AfD in Thüringen im Aufwind: Mit 24 Prozent wäre sie momentan nach den Linken zweitstärkste Kraft. Nur eine Momentaufnahme?

Andreas Leupold: Aus meiner Sicht ist dies keine Momentaufnahme, sondern erst der Anfang eines stetig weitergehenden Prozesses. Viele Bürger nehmen uns als unverbrauchte politische Kraft wahr, die tatsächlich gewillt ist, in vielen Bereichen einen fundamentalen Kurswechsel herbeizuführen. Schon allein unser Personaltableau zeigt doch, dass wir die in den Altparteien häufig auftretende Kausalkette "Kreißsaal-Hörsaal-Plenarsaal", welche nichts als Berufspolitiker produziert, durchbrechen. Auf unserer Landesliste finden sich Handwerker, Lehrer, Polizisten, Juristen und andere, die einen bürgerlichen Konservatismus vertreten, immer mit einer verteidigenden Einstellung zum eigenen Volk und der deutschen Nation. Dies sichert unserer Partei im Multikulti-Einerlei der Konkurrenzparteien ein Alleinstellungsmerkmal. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass wir die einzigen sind, die direktdemokratische Elemente in die Politik implementieren und die Amtszeiten von Abgeordneten auf wenige Legislaturen begrenzen wollen, um unsere träge gewordene parlamentarische Demokratie mit bürgernaher Lebendigkeit zu erfüllen.

nnz: Ein Umfragehoch trotz eines umstrittenen Fraktions-Vorsitzenden im Thüringer Landtag. Wie sehen Sie Björn Höcke und die aktuelle Diskussion um ihn?

Andreas Leupold: Björn Höcke ist der demokratisch gewählte Spitzenkandidat unserer Partei. Dies verpflichtet mich aber nicht, in jeder Einzelfrage seiner Meinung zu sein, was ich auch nicht tue. Insgesamt denke ich aber, dass von seiner Person medial ein Zerrbild gezeichnet worden ist, welches nicht viel mit dem wirklichen Björn Höcke zu tun hat. Ich möchte aber nicht so viel über einzelne Personen, sondern eher über unser umfangreiches Wahlprogramm reden, denn dies wird durch Fragen wie eben diese oft verunmöglicht.

nnz:Der AfD wird Populismus vorgeworfen. Sie habe nur ein Hauptthema: Flüchtlinge. Hat sie ein überzeugendes Programm, das geeignet wäre, Wähler dauerhaft zu binden und die Baustellen im Land – soziale Gerechtigkeit, Bildung, Rente, Naturschutz, Fachkräftemangel, innere Sicherheit – helfend zu bereinigen?

Andreas Leupold: Ende August haben wir ein 96-seitiges Wahlprogramm verabschiedet, das zu allen genannten Politikfeldern eine fundierte Problemanalyse und einen ganzen Katalog an Lösungen bietet. Hier sei nur kurz auf einige Kernpunkte hingewiesen. In der Bildungspolitik möchten wir die Regelschule wieder zum Herzstück unseres Bildungssystems machen, um mittelfristig den Fachkräftemangel durch jene zu kompensieren, die in unseren Schulen auf das Erlernen eines Handwerks- oder Ausbildungsberufes vorbereitet werden. Wir leisten uns nämlich seit Jahren den strukturellen "Luxus" der Entkernung unserer Schulformen. Viel zu viele junge Erwachsene erwerben ein durch abgesenktes Niveau weichgespültes Abitur, fast jeder fühlt sich danach berufen zu studieren, am besten zehn Jahre ohne handfesten Abschluss in Sicht. Junge Menschen, die zu einem solchen "Universitätsprekariat" hingeführt werden, würden der Gesellschaft sicher einen besseren Dienst als hochqualifizierte Facharbeiter leisten. In diesem Rahmen sei erwähnt, dass die AfD Thüringen die Meisterausbildung staatlich finanzieren möchte. Der Lehrermangel muss durch ein ganzes Maßnahmenpaket angegangen werden, zum Beispiel durch ein prämiengestütztes Binden junger Lehrer an strukturschwache ländliche Räume, effizientere Onlinebewerbungsverfahren und eine Lohnaufbesserung für Grundschullehrer. Kurz sei auf die innere Sicherheit hingewiesen, die im Zuge der Asylkrise in Mitleidenschaft gezogen wurde: Durch eine "Abschiebeinitiative 2020" wollen wir jene Menschen in ihre Heimat zurückführen, die hier im Rahmen des Asyls kein Bleiberecht haben und unser soziales Gefüge belasten. Transparent müssen die Zahlen auf den Tisch. Nur rund ein Viertel der Eingereisten sind asylberechtigt, die anderen drei Viertel werden allerdings unter R2G nicht abgeschoben. Einer solchen dem Rechtsstaat entgegenstehenden Praxis werden wir konsequent ein Ende setzen. Die anderen Themen kann man hervorragend in unserem Wahlprogramm nachlesen, der Blick hinein lohnt sich (https://www.afd-thueringen.de/thuringen-2/2019/09/wahlprogramm-der-afd-zur-thueringer-landtagswahl-2019/).

Andreas Leupold stellt sich vor


nnz: Wie sehen Sie die Diskussion um den Klimawandel? Hysterie oder doch von Menschen gemacht?

Andreas Leupold: Fakt ist, dass es einen Klimawandel gibt. Ich glaube jedoch nicht, dass wir ihn stoppen können. Schließlich hat sich das Klima im Laufe der Erdgeschichte kontinuierlich zyklisch verändert. Statt die Bürger mit einer irrationalen, hysteriebasierten Verbotspolitik zu gängeln, welche Fahrer von Autos mit Verbrennungsmotoren moralisch an den Pranger stellt und letztendlich mittelstandsfeindlich ist, sollten wir uns wissenschaftlich auf die zu erwartende Erwärmung einstellen. Alles, was die Altparteien unter "Klimaschutz" und Energiewende verkaufen, ist doch unter Ulk zu verbuchen. Hochsichere Atomreaktoren werden zeitgleich mit Kohlekraftwerken abgeschaltet, während nachweisbar nicht grundlastfähige Windkraftanlagen unsere einmalige Kulturlandschaft zupflastern und künftig wohl auch verstärkt in unsere Wälder verpflanzt werden. Dies hat nichts mit einer nachhaltigen, ressourcenschonenden Naturschutzpolitik und Bewahrung der Schöpfung zu tun, für die ich als Mensch mit konservativer und christlicher Grundeinstellung bin. In diesem Rahmen sind auch die CDU-Plakate mit dem Titel "Windradwahn stoppen" als blanker Dummenfang zu bezeichnen. Dem Wähler muss klar sein, dass das soeben in Berlin geschnürte Klimapaket die Deindustrialisierung Deutschlands anbahnt, welche nach Willen der Grünen gerne noch überboten werden könnte. Dem stellen wir unserer dezidiert mittelstandsfreundliche Wirtschaftspolitik entgegen, in deren Rahmen wir in Thüringen eine Willkommenskultur für Unternehmer und Gründer etablieren wollen.

nnz:Im Norden Thüringens ist man sich weitestgehend einig über die Vernachlässigung durch die jeweiligen Landesregierungen? Wie sehen Sie das aus Sicht eines Nordhäusers? Was wollen Sie anders machen als bisherige direkt gewählte Landtagsabgeordnete?

Andreas Leupold: In der letzten Legislaturperiode habe ich leider keine Bemühungen seitens unserer Landtagsabgeordneten wahrgenommen, im Rahmen einer "Kleinen Anfrage" das Anwerbemanagement der Landesentwicklungsgesellschaft bezüglich des Industriegebietes Goldene Aue zu hinterfragen. Auch hat sich Frau Mitteldorf nicht um dringende infrastrukturelle Themen ihres Wahlkreises gekümmert, sondern dabei gerne auf ihre Parteifreundin Keller verwiesen. Frau Mitteldorf war weitestgehend monothematisch politisch unterwegs. Als direkt gewählter Abgeordneter hat man sich primär als Anwalt seines Wahlkreises zu verstehen, vor allem wenn man mit kommunalpolitischen Problemlagen durch entsprechende Mandate vertraut ist.

nnz: Einst wollte die CDU vehement nicht mit den Grünen, die SPD nicht mit den Linken. Die Zeiten änderten sich. Gegenwärtig will keine andere Partei mit der AfD koalieren. Könnte sich auch das ändern?

Andreas Leupold: Momentan sehe ich keinerlei Möglichkeit, mit einer der genannten Parteien zu koalieren. Jedoch wird sich die AfD nie dem ernsthaften Gesprächsangebot verweigern, sofern sich daraus eine Umsetzung einer echten Politikwende ableiten lässt. Dies ist in der parlamentarischen Demokratie ein Imperativ. Ich weiß, dass es in der CDU viele AfD-Sympathisanten gibt, die sich eine Koalition mit uns wünschen. Sollten sich diese Kräfte durchsetzen, kann ich mir mittelfristig eine Koalition mit der Union als Juniorpartner der AfD vorstellen. Vorläufig befürchte ich aber, dass eine dunkelrot-schwarze Koalition den politischen Irrsinn weiter auf die Spitze treiben wird. Wer dies, auch im Sinne einer Kurskorrektur der Union, verhindern will, sollte am 27.10. mit beiden Stimmen AfD wählen.
Das Interview führte Kurt Frank
Autor: red

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