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Landrat kritisiert AfD

Wir sind keine Barbaren

Donnerstag, 12. September 2019, 08:00 Uhr
4.500 Euro pro Kind, pro Monat - soviel kosten unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge den deutschen Steuerzahler. Mit dem Fakt trumpfte gestern die Nordhäuser AfD auf. Im Landratsamt nahm man die Pressemitteilung mit einiger Verstimmung auf, es seien abstruse Vergleiche gezogen worden. Das Gesamtbild sähe indes anders aus, als es die Mitteilung der AfD vermuten lasse...

Kinderheim "Frohe Zukunft" (Foto: nnz-Archiv) Kinderheim "Frohe Zukunft" (Foto: nnz-Archiv)

Zuerst einmal: die Zahlen zu den Kosten der "uMA"s, der unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen stimmen soweit. 4.500 Euro im Monat wendet die öffentliche Hand für jedes Kind auf. In etwa. Für jedes Kind, egal welcher Herkunft, also auch für deutsche Kinder, die sich aus welchen Gründen auch immer, in der Obhut des Staates befinden.

"Es gibt in der Jugendarbeit kein Prinzip nach Nationalität", sagte jetzt Landrat Matthias Jendricke der nnz, die tatsächlichen Kosten hingen vielmehr vom Alter der Kinder und Jugendlichen ab. Je jünger das Kind, desto (kosten-)intensiver die Betreuung. "Bei der Mitteilung der AfD hat man den Eindruck gewinnen können das wir das Geld den uMA's direkt auszahlen würden. Die Kosten ergeben sich aber vor allem aus der Heimunterbringung. Das Geld landet also zum größten Teil als Gehalt in den Händen von deutschen Sozialarbeitern."

Die AfD habe in ihrer Mitteilung teilweise "abstruse" Vergleiche aufgemacht, kritisierte der Landrat weiter. Wolle man die Antworten des Landratsamtes auf Anfragen öffentlich machen, dann sollte man auch so redlich sein nicht die Hälfte wegzulassen. Seinem Unmut hat der Landrat auch gegenüber den Fraktionen Luft gemacht: "Bekanntermaßen sind die Vorgaben der Jugendhilfe für umAs dieselben wie für deutsche Minderjährige und es ist natürlich so, dass der Aufwand einer Heimbetreuung bei weitem teurer ist als die Betreuung in Pflegefamilien oder die üblichen Kosten innerhalb einer Familienstruktur. Aus meiner Sicht ist das gute Prinzip der Jugendhilfe in der Bundesrepublik, dass wir uns um Kinder und Jugendliche kümmern und sie in schwierigen Situationen nicht hilflos alleine lassen, dies ist ein Grundprinzip der christlichen Wertegemeinschaft. Mit dem vorliegenden Artikel hat die AfD-Fraktion durch absurde Vergleiche gezielt versucht, dieses Grundprinzip in Abrede zu stellen."

Gegenüber der nnz wird Jendricke noch deutlicher: "Wir sind keine Barbaren die hilfebedürftige Kinder sich selbst überlassen". An Erwachsene Flüchtlinge könne man andere Ansprüche stellen, bei Kindern und Jugendlichen werde man aber keine Unterschiede machen. Die Jugendarbeit sei gut aufgestellt und werde nicht geändert.

Den 16 unbegleiteten Minderjährigen Nicht-deutscher Herkunft stünden im Landkreis aktuell rund 100 deutsche Kinder gegenüber, die in Heimen betreut werden, weitere einhundert Kinder sind in Pflegefamilien untergekommen. Die Kosten der Jugendarbeit, speziell der Heimunterbringung, sind in den letzten Jahren stetig gestiegen, nicht nur in Nordhausen sondern bundesweit. An dem "uMA"s habe das nicht gelegen, erklärt der Landrat, vielmehr reagierten Gerichte und Jugendämter "sensibler" als in der Vergangenheit und schritten eher ein, wenn sich Probleme zeigten, die ein Eingreifen nötig machen. Das Ergebnis: mehr Heimunterbringungen, mehr Kosten. Die Gründe für die Trennung von Familien seien mannigfaltig, häufige Gründe seien gesundheitliche Probleme der Eltern oder Drogenproblematiken.

Die Betreuung von staatlicher Seite endet in der Regel mit dem erreichen des 18. Lebensjahres, in begründeten Einzelfällen auch erst im 21. Lebensjahr. Das gilt für Deutsche ebenso wie für Migranten. Da die meisten "uMA"'s bei ihrer Ankunft schon 15 Jahre oder älter waren und der Zustrom in den letzten Jahren erheblich abgenommen habe, werde sich die Situation von ganz alleine lösen. "Das wächst sich heraus", sagte Jendricke. Auf den Kosten bleibt der Landkreis derweil nicht sitzen, die übernimmt der Freistaat.
Angelo Glashagel
Autor: red

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