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GEDANKEN ZU BILDERN

Glanz und Gloria, aber auch Wermutstropfen

Sonntag, 04. August 2019, 20:00 Uhr
Die Westseite des Hotels „Handelshof“ aus den 1960er Jahren ist älteren Nordhäusern noch in angenehmer Erinnerung. Rechts vom Haupteingang die großen Fenster, hinter denen sich das Restaurant befand. Davor ein kleiner Biergarten, abgegrenzt durch eine Ziermauer...

Historische Aufnahme (Foto: Archiv Frank) Historische Aufnahme (Foto: Archiv Frank) Ein Bild aus alten Tagen des Handelhofs mit grünem Hochbeet, Springbrunnen. Umweltfreundlich.

Unter dem Blätterdach eines großen Baumes (Bild) verweilten die Gäste gern an heißen Sommertagen. Vor dem Haupteingang ein Hochbeet, bestückt mit flachen Nadelgehölzen. Daneben eine Bank zur Straßenseite. Im Vordergrund ein schmuck eingefasster Springbrunnen. Ein umweltfreundlich anmutendes Bild.

Die Gegenwart (Foto: Kurt Frank) Die Gegenwart (Foto: Kurt Frank) Ein Bild aus unseren Tagen: Glanzvolle Fassade, davor viel Beton.

Daneben ein Motiv aus unseren Tagen. Beton anstelle von Biergarten, Springbrunnen, begrünter Anhöhe. Dafür die glanzvolle Fassade des heutigen Hotels „Fürstenhof“ mit dem Bildnis einer Filmdiva. Was Fensterfront zum Speisesaal war ist heute die Pizzeria.

Neben dem Haupteingang von gestern kann man nun rechts in ein Friseurgeschäft schreiten und sich die Haare schneiden lassen. Beide Objekte wirken wie ein dunkler Anbau und stehen im krassen Kontrast zur hellen Hotel-Fassade im Hintergrund.

Der Glanz der Fassade fällt dem Bahnreisenden, der die Stadt besucht, sofort ins Auge. Wau! Den Blick sollte er hingegen nicht nach rechts richten. Das Grüne Ungeheuer, wie es der Volksmund nennt, wirkt erdrückend und mindert den ersten guten Eindruck des Gastes. Antwort der Pressestelle der Reichsbahn auf nnz-Anfrage: „Das Gebäude hat die Bahn verkauft. Aus Datenschutzgründen können wir den Käufer nicht nennen.“ Punkt.

Betonklotz (Foto: Kurt Frank) Betonklotz (Foto: Kurt Frank) Glanz auf der einen, ein schäbiger Klotz gegenüber auf der anderen Seite.

Eine ehemalige Grünanlage mit Bäumen und Bänken musste dem Schandfleck, der sich dort präsentiert, weichen. Wie weiter? Bei der Stadt hat sich bislang der neue Besitzer noch nicht gemeldet. Weichen musste auch der zeitgemäßen Neugestaltung des Bahnhofsplatzes, wie man es nannte, eine begrünte Anhöhe bei der alten Linde mit Sträuchern und Bänken.

Die Stadt aber plant eine Kur für den Bahnhofsplatz, war zu lesen. Martin Juckeland, Amtsleiter für Stadtentwicklung und Zukunftsfragen, hat Ideen. Die stehen im Zusammenhang mit der Sanierung des einstigen Handelshofs zum 20er-Jahre-Themenhotel „Fürstenhof“. Die Rede ist unter anderem von neuen Lichträumen für finstere Ecken, dem Beleben der Bahnhofstraße als Einkaufsmeile und dem kastenförmigen Beschneiden der Platanen. Ob die Bäume dann noch was hermachen, wenn man sie in ein Korsett zwängt? Ein Baum bindet umso mehr Schadstoffe und Abgase aus der Luft, produziert mehr Sauerstoff, je umfangreicher sein Blattwerk ist.

Wie wäre es, Herr Juckeland, mit einer Reduzierung der Betonflächen? Mit mehr Grün, einen sprudelnden kleinen Brunnen, um auch zunehmenden Hitzeeinwirkungen zu begegnen? Wennschon, dann, mit Verlaub, richtig klotzen. Und sollte auch nicht einmal mit der Bahn ein ernstes Wort gesprochen werden? Die Stadt muss doch ein Interesse daran haben, was aus dem schäbigen Klotz werden soll.

Dem Investor Axel Heck gilt, uneingeschränkt, Dank und Anerkennung. Was er bisher anpackte, hatte Hand und Fuß. Genannt sei nur der Grimmelhof. Nun nahm er sich den „Fürstenhof“ zur Brust. Mit Suiten und Fürstenlounge. Am 22. des Monats wird er mit Glanz und Gloria eröffnet. Die Poliklinik-Ruine verschwand. Männer wie ihn braucht die Stadt. Gleichwohl bleiben Wermutstropfen.
Kurt Frank
Autor: psg

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