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Ausstellung zu Nordhäuser Künstlern

Sieben Künstler, sieben Welten, eine Stadt

Freitag, 05. Juli 2019, 16:00 Uhr
Die Kunst ist unsterblich, der Künstler ist es nicht. Mit "Unvergessen" wirft das Kunsthaus Meyenburg jetzt einen Blick auf sieben Nordhäuser Künstler, die in den letzten Jahren die Bühne des Lebens verlassen haben. Die stilistische Vielfalt der Werke und die Individualität ihrer Schöpfer laden zu einer tour de force durch die Nordhäuser Kunstszene im 20. Jahrhundert...

Sieben Künstler, sieben Welten - im Kunsthaus Meyenburg eröffnet morgen die Ausstellung "Unvergessen" (Foto: Angelo Glashagel) Sieben Künstler, sieben Welten - im Kunsthaus Meyenburg eröffnet morgen die Ausstellung "Unvergessen" (Foto: Angelo Glashagel)

Ars gratia artis - L'art pour l'art, art for art's sake, Kunst um der Kunst willen. Gibt es das heute noch? Von der Kunst leben können die wenigsten, Kunst als Profession rückte in den letzten Jahren vor allem dann ins Bewusstsein der weiteren Öffentlichkeit, wenn es einen weiteren Todesfall zu beklagen gab. Klaus-Dieter Kerwitz und Heinz Scharr, zwei der großen Namen in der Nordhäuser Kunstszene, haben den Pinsel 2017 für immer aus der Hand gelegt. Von Ilsetraut Glock und Günter Groh musste man sich 2015 verabschieden, Lothar Rechtacek ging bereits 2013 den Weg alles Irdischen und Martin Domke verstarb 2005. Sie alle haben für die Kunst gelebt und mancher konnte sogar von der Kunst leben.

Ihnen widmet das Kunsthaus Meyenburg ab morgen die Ausstellung "Unvergessen". Ergänzt wird die illustre Reihe durch einen, der den Nordhäusern sowohl für seine Spitze Feder wie auch für seine Karikaturen bekannt war, dessen künstlerisches Potential aber eher im privaten verblieb: Martin Höfer, gestorben 2017.

Macht sieben Künstler an der Zahl, die unterschiedlicher kaum sein könnten. "Die Werke verbindet vor allem der Ort, nicht so sehr die Zeit oder ein bestimmter Stil", sagt Kunsthausleiterin Susanne Hinsching, "gute Künstler haben immer viele Facetten, die passen nicht in irgendwelche -ismen". Bei der Auswahl der Werke habe man "aus dem vollen geschöpft", die meisten Stücke entstammen der städtischen Kunstsammlung, manches war lange nicht zu sehen, anderes noch nie. Hinzu kommen Leihgaben der Kreissparkasse und der Familien Rechtacek und Höfer.

Jedem Künstler wird mit seinem Werk und einer kurzen Biographie singulär in einem Raum des Kunsthauses präsentiert. Da ist Heinz Scharr, einer der bedeutendsten Künstler der jüngeren Thüringer Geschichte, der das Informelle und das Abstrakte liebte und sich damit nicht immer nur Freunde gemacht hat. Den Werken Martin Domkes, dem Schöpfer der Buntglasfenster in der Blasii-Kirche, sieht man seine Bauhaus Vergangenheit an, Klaus-Dieter Kerwitz hat einen Hang zum surrealistischen während Günther Groh noch ein klassischer "Freiluftmaler" war und seine Heimat in zahlreichen Bilder festgehalten hat. Ilsetraut Glock, die große Mäzenin der Nordhäuser Kunst, hat zwar die meiste Zeit ihres Lebens fernab der Stadtmauern verbracht, ihre Wurzeln jedoch nie vergessen. Als Förderin der Kunst kommt ihr eine ganz eigene Bedeutung zu, aber auch mit ihrem eigenen Schaffen musste sie sich nie verstecken, mal ist sie filigran-abstrakt, mal gegenständlich und immer vielseitig.

Lothar Rechtacek, blieb dem Realismus verhaftet und entführte doch gleichzeitig in fremde Welten, vom tiefsten Dschungel bis in die Heimstatt alter Götter. Rechtacek war zeitlebens ein Tierfreund, ein Kenner der nordischen Mythologie und ein Liebhaber der Weiblichkeit. Alle drei Felder hat er farb- und formgewaltig immer wieder auf die Leinwand gebannt oder in Stahl gegossen. Martin Höfer hat nie ein Blatt vor den Mund genommen, auch nicht wen er den Pinsel schwang. Vielen sind seine Karikaturen bekannt, auch die nnz hat seine bissigen Kommentare in Bildform immer wieder gerne veröffentlicht. Im Kunsthaus darf dieser Teil seines Schaffens nicht fehlen, aber man geht noch einen Schritt weiter und zeigt auch das rein künstlerische Potential Höfer's, weitab von Realismus und Tagespolitik.

Kunsthausleiterin Susanne Hinsching vor zwei Werken von Heinz Scharr (Foto: Angelo Glashagel) Kunsthausleiterin Susanne Hinsching vor zwei Werken von Heinz Scharr (Foto: Angelo Glashagel)

Die Vielfalt der gezeigten Werke und ihre räumliche Trennung ermöglichen eine kleine Weltenreise, man verlässt die Schöpfung des einen Künstler und betritt die des nächsten. Beide haben dasselbe gesehen, dieselbe Stadt, dieselbe Umwelt gekannt, sie aber gänzlich unterschiedliche festgehalten. Von Schwarz zu Weiß zu Grau, zu bunten Farbexplosionen, zu obsessiv gearbeiteten Miniaturen, zu Naturstudien und fragmentarischer Malerei bishin zur Karikatur. Der Interpretation des Beobachters sind Tür und Tor geöffnet und wer in einem Bild nichts finden mag, der muss nur einen Schritt weiter gehen.

Es soll nicht die letzte Ausstellung dieser Art gewesen sein, verspricht Susanne Hinsching, das Repertoire der Nordhäuser Kunst umfassse weit mehr Namen, als diese sieben. Denkbar sei auch eine Ausstellung allein zu den weiblichen Künstlern der Stadt.

Die Ausstellung "Unvergessen" wird morgen um 18 Uhr im Kunsthaus Meyenburg eröffnet und wird bis zum 8. September, Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 17 Uhr zu sehen sein.
Angelo Glashagel
Autor: red

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