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Beziehungen zu Russland

CDU und SPD demontieren sich

Sonntag, 09. Juni 2019, 09:23 Uhr
Die Leute wollen bessere Beziehungen zu Russland: CDU und SPD sagen „nein, Putins Sanktionen sind wichtiger“, Bodo Schwarzberg mit einer Wortmeldung...


Schlechter kann es doch für die ständig von der Realität überrollte Groko gar nicht kommen: Hochrangige CDU-Funktionäre wie Wirtschaftsminister Altmaier und Sachsens Ministerpräsident Kretschmer besuchen Putins Russlands anlässlich einer internationalen Wirtschaftsveranstaltung in St. Petersburg. Sie unterstützen eine Aufhebung der Sanktionen gegenüber Russland. – Und das, glaubt man den Pressestimmen, ohne Rückendeckung führender Parteikollegen.

Denn es hagelt Kritik. Die hochrangigen Reisenden aus Deutschland würden der EU-Linie gegenüber Moskau in den Rücken fallen und die Rechtsverletzungen Russlands in der Ukraine und auf der Krim gewissermaßen legitimieren.

Die Frage, warum sie Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Folter und Mord an Unschuldigen durch US-Militärs weltweit, Trumps Kampf gegen freie Medien und allgemein gegen die Grundwerte von SPD und CDU nicht zu Sanktionen gegen die USA motivieren, bleibt dabei ihr Geheimnis.

Das lässt zudem tief in die Seele von CDU und SPD blicken, angesichts der Gefahren, die beispielsweise aus der einseitigen Aufkündigung des INF-Vertrages durch die Trump-/Bolton-Administration und den vielen anderen seit der amerikanischen Stornierung des ABM-Vertrages 2001 einseitig begonnenen Aufrüstungs- und Destabilisierungsschritte des Westens für die Sicherheit in Europa resultieren. Von der einstigen, auf Ausgleich beruhenden Ostpolitik eines Willy Brandt und eines Egon Bahr ist nichts übrig geblieben.

Denn Brandt und selbst Kohl, Jimmy Carter und sogar US-Präsident Reagen taten eines nicht: Die damalige Sowjetunion auf Grund ihrer kommunistischen, Andersdenkende auch unterdrückende und teils expansive Diktatur nicht als Verhandlungspartner und notwendigen Gesprächspartner für die Erhaltung des Friedens zu akzeptieren. Denn sie wussten: Nichts ist wichtiger in der Welt, als Frieden zwischen den Weltmächten.

Das wird allzu gern und wie mir scheint, im westlichen Europa gezielt vergessen, eben weil der letzte Krieg mit all seinen Schrecken schon 75 Jahre zurückliegt und weil konsequente Friedenspolitik die eigenen expansiv-wirtschaftlichen Interessen untergräbt. Die Angst vor einer Aufwertung des Systems Putins wird, angesichts sinkender eigener Zustimmungswerte, mit der Gefahr des eigenen Machtverlustes gleichgesetzt. Abgrenzung aus egoistischen Motiven heraus aber ist ein denkbar schlechter Ratgeber für die Lösung der vielen globalen Herausforderungen.

Mit der seit 1945 gepflegten, historisch nur schwer belegbaren Angst vor den Russen ignoriert der Westen auch die Hauptlast, die die Sowjetunion bei der Zurückdrängung der deutschen Wehrmacht mit mehr als 20 Mio. Kriegstoten einst getragen hat. Die späteren US-Rosinenbomber sollten im Vergleich dazu weniger gefeiert werden.

Einige führende CDU- und SPD-Vertreter vertiefen mit ihrer Stacheldraht-Haltung gegenüber Russland die politische Spaltung zwischen deutscher Politikprominenz und deutscher Bevölkerung einerseits und zwischen West- und Ostdeutschland andererseits. Denn immer wieder belegen Umfragen den Wunsch der Menschen, die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland zu verbessern.

Zudem ist die traditionell stärker durch Beziehungen zu Russland geprägte ostdeutsche Wirtschaft besonders daran interessiert, mit russischen Unternehmen Handel zu treiben.

Man kann Altmaier und Kretschmer für ihre Initiative nur danken, Kontakte zu Russland konkret zu intensivieren. Denn wer handelt und miteinander redet, der schießt nicht aufeinander. Und das ist, angesichts der Atombewaffnung auf beiden Seiten, die eindeutig bessere Alternative.

Die Groko aber wird sich wohl weiter zerlegen und den 1990 begonnenen Bau einer neuen Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland vorantreiben, wenn sie sich nicht daran erinnert, dass nicht nur der Westen und seine Grundwerte zum Frieden in Europa gehören.
Bodo Schwarzberg
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Autor: red

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