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AUSWIRKUNGEN DES HITZE-SOMMERS 2018

Bäume ohne Leben - Förster im Dauerstress

Sonnabend, 11. Mai 2019, 10:00 Uhr
Unübersehbar sind die Auswirkungen des Hitze-Trocken-Sommers 2018. Auch im Stadtgebiet Nordhausen sind die Spuren, die er hinterließ, allgegenwärtig: Baumleichen, wohin man auch kommt...

Bäume ohne Leben -  Förster im Dauerstress (Foto: Kurt Frank) Bäume ohne Leben - Förster im Dauerstress (Foto: Kurt Frank)

Nordhausen/Bleicherode. Ob Promenade, Parks und Anlagen – man findet sie allenthalben: Abgestorbene Bäume, vorwiegend Fichten und Birken, aber auch Sträucher. Ein detaillierter Überblick liege noch nicht vor, sagt Stadtförster Axel Axt. Bis Ende des Monats werde die Analyse erstellt sein. Liege sie an, werde man sehen, wo die Motorsägen zuerst in Aktion treten. Entfernen wolle man alle Baumleichen auf kommunaler Erde. Bis zu 100 toter Bäumen könnte es sein. Man sei sich der anstehenden Arbeit bewusst, betont der Förster.

Die könnte schon bei der Promenade beginnen. Blattlos ragen die Birken weithin sichtbar in den Himmel. Sind sie gefallen, wäre der Stadtpark an der Reihe. Schade um die alte Fichte, die noch vor zwei Jahren ihre grünen Nadelzweige ausbreitete, heute braun und verdorrt dasteht. Wäre das geschafft, könnte die Motorsäge beim neu gestalteten Sportplatz der Salzaer Sportgemeinschaft neben der Lessingschule Am Salzagraben ihr Werk fortsetzen.

Einst als grünende Umrahmung des Platzes gedacht, sind jetzt die vertrockneten Fichten keine Zierde mehr. Ebenso die nur wenige Meter in südlicher Richtung neben den Gleisen der HSB. Von den Bäumen ohne Leben in der Rautenstraße ganz zu schweigen. Allerdings erfolgten hier schon zahlreiche Nachpflanzungen resistenterer Arten und im Stadtgebiet Neuanpflanzungen, sei das Sachgebiet Park- und Grünanlagen und Förster Axt gelobt.

Die Auswirkungen des Hitze-Sommers 2018 sind auch im Stadtgebiet allgegenwärtig (Foto: Kurt Frank) Die Auswirkungen des Hitze-Sommers 2018 sind auch im Stadtgebiet allgegenwärtig (Foto: Kurt Frank)
Die Auswirkungen des Hitze-Sommers 2018 sind auch im Stadtgebiet allgegenwärtig. Foto: Kurt Frank

Die Trockenheit beschäftigt auch die Wohnungsbaugenossenschaft. Sie bemühe sich um viel Grün auf ihren Flächen, betont Detlev Helbing, Teamleiter Objektmanager. Ermittelt werde, was an Bäumen jeder Art der Hitze und Trockenheit des Vorjahres zum Opfer fiel. In der Gartenbaufirma Sauer habe man einen verlässlichen Partner. Um Lücken zu schließen und Ausfälle durch Sturmschäden oder notwendige Fällungen zu ersetzen, würden 19 bis 23 Bäume Jahr für Jahr gesetzt.

Was grünen und blühen soll, bedürfe der Pflege, unterstreicht der Teamleiter. Ein Paradebeispiel, wie man im Kleinen Großes vollbringen kann, zeige das Ehepaar Horst und Regina Kühlewind. Es habe bei allen Bemühungen auch Insekten und Vögel im Blick. Über 100 verschiedene Pflanzen legte es im Hinterhof der Otto-Ludwig-Straße 5 an. Bienenfreundliche allemal: Schmetterlingsflieder, Roter Ginster, Rhododendron, Hortensien (wir berichteten). Bringt eine Schwalbe schon den Sommer? „Die WBG hat viele Schwalben“, versichert Helbing. Wir werden mit ihm auf Spurensuche gehen.

Auch der Wald litt unter der Glut des Sommers 2018. Und er leidet noch immer, dürstet nach Wasser. Seit Jahresbeginn erfolgte keine nachhaltige Durchfeuchtung des Bodens. Im Vorjahr war das Forstamt Bleicherode vollauf mit der Aufarbeitung von Sturmschäden beschäftigt, weshalb keine nennenswerten Aufforstungen erfolgten. In diesem Jahr aber umfangreich. Forstamtsleiter Gerd Thomsen informiert: Etwa 21000 Pflanzen kamen auf einer 10-Hektar-Fläche in den Boden. Zum größten Teil Wiederaufforstung nach Sturm-, Borkenkäfer- und Dürreschäden. Gesetzt wurden: 11000 Fichten, 3500 Buchen, 2600 Weißtannen, 1000 Douglasien, 1500 Eichen und 1200 sonstige Arten wie Bergahorn, Kirschbaum, Bergulme, Wallnuss.

Zum Schutz der Neuanpflanzungen sind 2000 laufende Meter Zaun gebaut, 1000 Wuchshüllen oder Freiwuchsgitter angebracht worden. Außer der Fichte müssten wegen der hohen Wildbestände alle Bäume geschützt werden. Da man die riesigen Flächen, die durch Borkenkäfer, Sturm und Dürre 2018 entstanden und wohl auch künftig zu erwarten sind, in Zukunft nicht alle einzäunen könne, sei der Forst bei vielen Flächen deshalb auf eine natürliche Verjüngung angewiesen. Überhöhte Wildbestände könnten ein noch größeres Problem für Waldbesitzer werden.

Stürme im ersten Jahresdrittel 2018 und Trockenheit hatten in Thüringens Wäldern etwa 1200 Kahlflächen, über 2000 Hektar stark aufgelichteter Wälder und rund 5000 Hektar mit Einzel-/Nesterbrüchen und eine explosionsartige Vermehrung des Borkenkäfers zur Folge. Die Schadflächen, blickt Forstamtsleiter Gerd Thomsen sorgenvoll voraus, würden sich noch erhöhen. Die zu erwartende Borkenkäferkalamität und deren Folgen sei die größte Herausforderung auch für die Wälder im Forstamtsbereich Bleicherode. Der Chef hat einen großen Wunsch, der sich umgehend erfüllen möge: Regen! Regen! Regen! Tage- und Nächtelang!
Kurt Frank
Autor: red

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