nnz-online
Ausstellung für jung und alt

Abtauchen ins Märchenland

Dienstag, 12. März 2019, 16:00 Uhr
Die Grimm'schen Märchen, ein Sinnbild altdeutscher Tradition, jeder kennt sie, viele lieben sie. So unveränderlich wie man annehmen mag sind die Klassiker der Gebrüder Grimm allerdings nicht, wie man die Geschichten vom Rapunzel, dem gestiefelten Kater oder dem Schneewittchen über die Zeiten gesehen hat, kann man derzeit im Kunsthaus Meyenburg entdecken...

Ausflug in die weite Welt der Grimm'schen Märchen im Kunsthaus Meyenburg (Foto: Angelo Glashagel) Ausflug in die weite Welt der Grimm'schen Märchen im Kunsthaus Meyenburg (Foto: Angelo Glashagel)

Märchen sind kein Kinderkram. Zumindest nicht wenn man sich einmal die Grimm'schen Originale aus dem Jahren 1812 und 1815 zu Gemüte führt. Rabiat, brutal und zuweilen äußerst blutig geht es in den frühen Erzählungen zu, so ganz anders als in der "heilen" Märchenwelt von heute.

"Man muss dazu wissen das die Grimms keineswegs eine schöne Welt für Kinder entwerfen wollten, für sie war das eine Art Erziehungsbuch", erzählt Astrid Lautenschläger, die mit Kunsthauschefin Susanne Hinsching dieser Tage durch die aktuelle Sonderausstellung rund um die Märchen der Gebrüder Grimm in der Kunst führt. "Jede Gesellschaft hat sich die Märchen nach ihren Vorstellungen neu interpretiert, nicht die Mutter setzt die Hänsel und Gretel im Wald aus, sondern die Stiefmutter, aus der grausamen Zauberin wird die böse Hex, und so weiter. Die Märchen sind in ihrer Darstellung und Ausschmückung immer ein Spiegel ihrer Zeit und ihrer Erziehungsmethoden."

Kunst, Kultur, Geschichte - Susanne Hinsching und Astrid Lautenschläger führen durch die Märchenwelt (Foto: Angelo Glashagel) Kunst, Kultur, Geschichte - Susanne Hinsching und Astrid Lautenschläger führen durch die Märchenwelt (Foto: Angelo Glashagel)

Die bildliche Illustration gehört früh zum Volksmärchen, erzählt Susanne Hinsching, wobei die Wilhelm und Jacob Grimm lieber beim reinen Text geblieben wären. In der zweiten Auflage ihrer Märchen aus dem Jahr 1815 haben sie immerhin sieben Radierungen erlaubt, aus der Hand von Ludwig Emil Grimm. "Ludwig Bechstein hat das damals ganz anders gehandhabt und seine Märchen reich illustrieren lassen. In dieser frühen Phase waren seine Geschichten dann auch deutlich beliebter als die Grimm'schen Märchen", erläutert Hinsching. Einige der frühesten Illustrationen stammen denn auch nicht aus deutschen Landen, sondern aus dem Ausland, wo man von Beginn an viel reicher illustriert habe.

Der Text tritt zurück, das Bild rückt nach vorn. In der Ausstellung sind viele Illustrationen zu sehen, vor allem Drucke aus der Zeit des Jugendstils. Geht es um das Leben der Grimms, hält der Realismus des 19. Jahrhunderts Einzug. Zwischendrin findet der aufmerksame Beobachter immer wieder besondere Highlights, naturromantische Radierungen, wuchtige Bildkonglomerate, die ein ganzes Märchen auf einer Seite ohne viel Text erzählen können, Figürchen zum Ausschneiden aus dem späten 19. Jahrhundert oder dunkle Interpretationen aus echter Künstlerhand.

"Die Erklärung der Kunst steht bei dieser Ausstellung diesmal nicht im Vordergrund", stellt Susanne Hinsching klar, man verstehe die Märchenwelt mehr als eine kulturhistorische Erzählung, in der die Kunst ein Teil des Ganzen ist.

Etwas zum zuhören darf beim Thema Märchen freilich nicht fehlen: am 21.3. wird Theaterdramaturgin Anja Eisner zum Buch greifen und den Klassikern Leben einhauchen. Theoretischer wird es bei Dr. Werner Lauer, dem Vorsitzender der Brüder-Grimm-Gesellschaft aus Kassel. Viele der Ausstellungsstücke stammen aus dem Fundus der Kasseller, Dr. Lauer kennt sich also bestens mit der Illustrationsgeschichte der Märchen aus. Den Abschluss der märchenhaften Zeit im Kunsthaus wird man zur Museumsnacht am 6. April feiern.
Angelo Glashagel
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de