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Nicht das Tierheim ist das Problem...

Mittwoch, 20. Februar 2019, 07:57 Uhr
Am Montagvormittag konnte ich bei einem Termin im Nordhäuser Tierheim weilen und berichtete darüber, wie die Übergabe eines Plastikschildes zelebriert wurde. Wie berichtet wurde, sei herablassend und spöttisch...


Das mag vielleicht bei dem einen oder anderen Kommentator so angekommen sein. Mich stört das nicht, Meinungsaustausch gehört nun mal dazu und es wäre schlimm, wenn alle Menschen einer Meinung wären. Betrifft übrigens auch Leser der nnz.

Betroffen macht mich allerdings, dass mir unterstellt wird, ich wäre "irgendwie persönlich gekränkt, dass das Tierheim 250.000 Euro zugesprochen bekommt", wie es der spaßamdienstag formuliert.

Flogni wurde vermittelt (Foto: nnz) Flogni wurde vermittelt (Foto: nnz) Mit Hilfe der nnz konnte im Dezember 2007 auch Flogni vermittelt werden.

Die nnz arbeitet schon rund 15 Jahre mit dem Nordhäuser Tierheim unter verschiedenen Leitungen zusammen. Ich weiß nicht wie oft ich oder Kollegen über die Arbeit der Frauen und Männer berichtet haben. Allein in diesem und im vergangenen Jahr veröffentlichten wir fast 100 Artikel dazu. Auch über deren Probleme informierten wir - meist über Probleme mit dem Geld. Die Vorstellung des Tiers der Woche war vor zehn Jahren vielleicht eine unserer Ideen.

Was mich an diesem Montagvormittag störte, war die Tatsache, wie da auf eine Frau gewartet wurde, die von Erfurt kam, ein Plastikschild mitbrachte, dass sie natürlich nicht selbst trug, sondern ein Mitarbeiter der Frau Ministerin. Ich glaube mich zu erinnern, dass die Frau Werner drei enge Vertraute mitbrachte, den Fahrer des schönen Audi nicht mitgerechnet.

Dann wurden drei blitzblanke Spaten in die Hand genommen und noch so getan, als steche man in die Erde und alle machten mit und freuten sich. Ich hätte mir gewünscht, dass die Frau Werner vielleicht mal "ganz allein" und ohne bestellten Polit-Auflauf zum Holungsbügel gekommen wäre und sich mit Jeniffer Schenk über bestehende Probleme unterhalten hätte. Ein anschließende Pressemitteilung hätte es getan.

Was mich nervt, das ist die Zeremonie, die aus solchen Terminen wie am Montag gemacht wird. Dass es scheinbar ganz normal ist, wenn sich alles, aber auch alles um eine Person dreht, die den Titel Ministerin trägt und die, wie fast all ihre Kolleginnen und Kollegen - nicht nur in Thüringen - vergessen hat, dass Minister eigentlich "erster Diener" bedeutet.

Und gerade ob ihrer Biographie müsste Frau Werner doch wissen, wie es ist, wenn der Eindruck "die da oben und die da unten" entsteht, denn nach dem Abitur absolvierte sie von 1987 bis 1989 ein Praktikum bei der Kreisleitung der FDJ in Zwickau und nahm vermutlich wahr, wie dort wem gehuldigt werden musste.

Aber nein, Frau Werner genoss an diesem Montag zusehends, dass sie für diese eine Stunde der Mittelpunkt der Holungsbügel-Welt war. Und nein, es waren nicht ihre 250.000 Euro, sondern unsere. Es sind unsere Steuern, die wir entrichtet haben.

Und der Verweis, dass die Sorge und Obhut für Tiere eine kommunale Aufgabe ist und hier das Land eben mal aushilft, der ist schon sehr deftig. Vergisst man doch, dass seit Jahren die pflichtigen Schlüsselzuweisungen des Landes an die Städte und Gemeinden zurückgegangen sind. Die Folge ist das Betteln der Kommunen um Bedarfszuweisungen vom Land, mit denen wohlfeil gesteuert werden kann. Je nach Stimmungslage in den Regionen und mitunter auch nach Parteizugehörigkeit von Landräten und Bürgermeistern kann so "ausgeholfen" werden.

Doch ich will nicht abschweifen. Es war die Inszenierung, die mich an diesem Montagvormittag störte, nicht das Tierheim, und schon gar nicht die Hingabe der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter an der Alten Schäferei. Sie verdienen unser aller Anerkennung und sie, ganz normale Frauen und Männer, haben mitunter eine sensiblere Antenne für Situationen. Zwei von ihnen brachten es zum Ausdruck, "das ist ja wie zu Honeckers Zeiten".
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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