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Petersbergschule und Jugendsozialwerk

Die Stärken der Schwächeren hervorheben

Mittwoch, 09. Januar 2019, 16:03 Uhr
Die Vorraussetzungen die Schullaufbahn mit Erfolg abzuschließen sind für alle gleich. Zumindest theoretisch. In der Praxis haben viele Schülerinnen und Schüler mit nicht eben selbst verschuldeten Benachteiligungen zu kämpfen. Das Jugendsozialwerk und die Petersbergschule wollen jetzt gemeinsam daran arbeiten, die Stärken schwächerer Schüler mehr zum tragen kommen zu lassen...

Kooperationsvertrag unterschrieben - v.l.: Ines Jahne, Andreas Weigel, Rüdiger Neitzke, Cornelia Bieles und Christin Bornemann (Foto: Angelo Glashagel) Kooperationsvertrag unterschrieben - v.l.: Ines Jahne, Andreas Weigel, Rüdiger Neitzke, Cornelia Bieles und Christin Bornemann (Foto: Angelo Glashagel)

Die Regelschule auf dem Petersberg und das Jugendsozialwerk (JuSoWe) verbindet eine lange Geschichte. Schon in den 1990er Jahren arbeitete man zusammen, mit dem Umbau des Petersberges im Zuge der Landesgartenschau und der Eröffnung des Kletterturms vor bald 15 Jahren brachte beide Institutionen noch einmal näher zusammen und über die Schulsozialarbeit ist der soziale Träger bis heute an der Schule tagtäglich präsent.

Die gemeinsame Historie wurde heute um ein neues Kapitel erweitert. Mit dem Programm "Bildung und Teilhabe für alle" wollen Schule und Verein insbesondere die leistungsschwächeren Schülerinnen und Schüler besser unterstützen. Die große Überschrift des Programms heißt "Inklusion", oder vielmehr inklusives denken und handeln, nicht nur in der Schülerschaft sondern auch im Kollegium. Gemeint ist damit nicht allein die Beschulung von körperlich oder geistig Benachteiligten Kindern und Jugendlichen, sondern die Teilhabe aller Teile der Gemeinschaft Schule. Für Schülerinnen und Schüler sollen mehr extracurriculäre Aktivitäten angeboten werden, wie etwa die Tanz AG, die seit Ende Oktober des vergangenen Jahres schon einige Auftritte absolvieren durfte.

Für die Lehrerinnen und Lehrer soll es Fortbildungsangebote rund um leichte Sprache, Diversität, Barrierefreiheit und andere Themen geben, die unter den großen Schirm des Inklusionsbegriffs fallen, erklärt Ines Jahne, die mit Kollegin Christin Bornemann das Projekt von Seiten des Jugendsozialwerks betreut. Man habe einen breiten Ansatz im Blick der offen für alle sein werde, sich aber stark auf Benachteiligte Schülerinnen und Schüler konzentrieren werde.

Die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer sei hier nicht immer leicht, es gebe Schüler mit großen Förderbedarf die man auffangen müssen, erläuterte die stellvertretende Schulleiterin, Cornelia Bieles. Vor derlei Herausforderungen hat man auf dem Petersberg indes noch nie zurückgeschreckt. Seit Mitte der 90er Jahre führt die Schule als einzige Einrichtung im Landkreis sogenannte Praxisklassen.

Hier kommen Schülerinnen und Schüler aus dem gesamten Landkreis zusammen, deren Fähigkeiten und Leistungen eigentlich nicht reichen würden, um einen Schulabschluss zu erreichen. Über einen besonderen, praxisorientierten Lehrplan, kleinen Klassen und einem festen Stamm an Lehrern, welche die Stärken und Schwächen der Einzelnen bestens kennen, versucht man diesen Schülern an der Petersbergschule den Weg zum Hauptschulabschluss zu ebnen. So besuchen die Schüler zum Beispiel einmal in der Woche Betriebe im Kreis um Erfahrungen sammeln zu können. "Die Praxisklassen sind keine Endstation, sondern ein Weg, die Tür zum weiteren schulischen Werdegang offen zu halten", erklärt die stellvertretende Schulleiterin.

Mit dem Aufbau der "DaZ" - Klassen hat man sich in jüngerer Zeit weiteren Herausforderungen gestellt. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund lernen hier in zwei verschiedenen Kurse zunächst die Grundlagen der deutschen Sprache, die sie brauchen um am regulären Unterricht teilnehmen zu können. Auch hier kommen Schüler aus dem ganzen Landkreis auf den Petersberg um zu lernen. "Neben dem Sprachunterricht nehmen die Kinder auch am normalen Lehrbetrieb ihrer Stammklassen teil. Wer schließlich den fortgeschrittenen Kurs absolviert kehrt an seine Schule zurück und nimmt voll am regulären Unterricht teil, mit dem gleichen Stoff und denselben Prüfungen, die auch die Einheimischen absolvieren müssen", erläuterte Cornelia Bieles weiter.

Für die Schule und das Kollegium ist es nicht ganz leicht diese zusätzlichen Aufgaben zu schultern. Auch auf dem Petersberg hat man mit dem allgemeinen Lehrermangel zu kämpfen. Man sei zwar eng gestrickt aber noch gut aufgestellt, meint die stellvertretende Schulleiterin, fallen aber Lehrkräfte aus, dann könne es eng werden. Unterstützung ist deswegen gerne gesehen, ob sie nun vom engagierten Förderverein der Schule oder von Partnern wie dem Jugendsozialwerk kommt. Angebote wie die Schulsozialarbeit oder auch das Projekt "Bildung und Teilhabe für alle" könnten und sollten dabei niemals regulären Unterricht ersetzen, meint Schulsozialarbeiter Rüdiger Neitzke, "sozialpädagogisches Wissen ist vor allem eine Ergänzung". Und für die Fachlehrer bedeute die Unterstützung auch: man kann öfter einmal "Luft zu holen", sagt die stellvertretende Schulleiterin.

Das Jugendsozialwerk will sich indes nicht alleine auf die Arbeit am Petersberg beschränken, auch mit anderen Schulen, Einrichtungen wie der Bibliothek, Kindergärten oder Freizeiteinrichtungen seine denkbare Partner, mit dene sich Kleinprojekte durchführen ließen oder bereits durchgeführt worden, meint JuSoWe-Chef Andreas Weigel. Man wolle zwar ein möglichst großes Netzwerk aufbauen, dies müsse aber auch mit Leben gefüllt werden, wo es ein gemeinsames Bestreben gebe, könnten Dinge auch nachhaltig zusammenwachsen. Am Ende will man "alle", oder immerhin möglichst viele Kinder und Jugendliche erreichen, denen es sonst schwer fällt, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Angelo Glashagel
Autor: red

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