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Typische Zivilisationserkrankung

Immer mehr Menschen erkranken an Gicht

Donnerstag, 08. November 2018, 14:45 Uhr
Der Hörsaal war gut gefüllt zum Themenabend über die Gicht. Oberärztin Anke Graß empfing rund 60 Besucherinnen und Besucher in der Helios Klinik Bleicherode und sprach über alternative Therapien und die Notwendigkeit purinarmer Ernährung...

Patientenakademie in Bleicherode (Foto: Janine Skara) Patientenakademie in Bleicherode (Foto: Janine Skara) Das Interesse zum Gicht-Themenabend in der Helios Klinik Bleicherode war groß und sorgte für einen voll besetzten Hörsaal.

Oft scheint es, als sei Gicht eine Nischenkrankheit und beträfe nicht viele Menschen. Die Resonanz der Patientenakademie und die Zahlen der Oberärztin machen jedoch deutlich: Betroffen sind weitaus mehr Menschen, als gedacht. Und die Tendenz weltweit an Gicht erkrankter Menschen steigt!

„Die Gicht ist eine typische Zivilisationskrankheit, die häufig zusammen mit Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und erhöhten Blutfetten auftritt“, sagt Dipl.-Med. Anke Graß, Oberärztin für Orthopädie, Rheumatologie und Osteoporose an der Helios Klinik Bleicherode. Vor gut 250 Jahren wurde Gicht als die „Krankheit der Könige“ bezeichnet, ein Privileg der Reichen. Denn die damalige Ernährung der breiten Bevölkerung war zwangsläufig purinarm und bestand aus Brot, Kartoffeln und Milchprodukten. Gicht auslösende Lebensmittel, wie Fleisch, Fisch und Alkohol konnten sie sich nicht leisten. „Das ist heute anders. Die Erkrankung ist nicht mehr elitär, sondern betrifft mittlerweile die gesamte zivile Bevölkerung“, mahnt Anke Graß.

Hinter Gicht verbirgt sich eine Stoffwechselerkrankung mit rheumatischen Beschwerden. Auslöser ist eine Erhöhung des Harnsäurespiegels. Harnsäure entsteht im menschlichen Körper als Endprodukt des Abbaus von Purinen. Purine fallen während des normalen Zellstoffwechsels an oder werden mit der Nahrung aufgenommen. Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen der Bildung und Ausscheidung von Harnsäure.

Bei geringerer Ausscheidung von Harnsäure oder größerer Entstehungsmenge steigt der Harnsäurespiegel im Körper und kann ab einer bestimmten Konzentration zu Ablagerungen von Harnsäurekristallen in Gelenken und Geweben führen. Fehlernährung durch reichhaltige Mahlzeiten mit viel Fleisch, Fisch oder Innereien begünstigen einen Gichtanfall. Ebenso kann ein starker Gewichtsverlust, zum Beispiel durch Nulldiäten, Fasten oder zehrende Krankheiten sowie exzessiver Alkohol oder körperliche Anstrengung zu einem Gichtanfall führen.

Ein akuter Gichtanfall zeichnet sich durch eine lokale Entzündung ab. Werden Extremitäten plötzlich besonders heiß, schmerzen, strahlen eine Entzündung aus und gehen vielleicht sogar mit Fieber einher, sollten Betroffene unverzüglich zum Arzt gehen und ihre Harnsäurewerte untersuchen lassen. „Hier muss unbedingt abgeklärt werden, was die Entzündung verursacht. Hinter solchen Symptomen können mitunter auch septische Erkrankungen stecken“, sagt Anke Graß.

Bleibt ein Gichtanfall unbehandelt, kann sich dieser mit starken Schmerzen über zwei Wochen hinziehen. Bei wiederholten Anfällen bleiben Gelenkschäden zurück. Um einen Gichtanfall zu diagnostizieren, werden Gelenk, Harnsäure sowie Entzündungswerte untersucht. Chronische Gicht und akute Anfälle können erfolgreich mit Medikamenten behandelt werden. Heilbar ist die Gicht jedoch nicht. Betroffene sind auf Lebzeiten auf Medikamente und einen purinarmen Lebensstil angewiesen.

Dieser empfiehlt viel Gemüse und Milchprodukte, wenig Fleisch, keinen oder wenig Alkohol und wenig Softdrinks. Zusätzlich sollten täglich zwei Liter Flüssigkeit in Form von Wasser, Milch, Kaffee oder Tee eingenommen werden. Bei einer Gewichtsreduktion wird langsames Abnehmen und eine erhöhte Vitamin-C-Zufuhr empfohlen.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung gab die Oberärztin wichtige Tipps zum Umgang mit der Erkrankung sowie alternative Therapien. So gibt es beispielsweise einen Purinrechner in Form einer App, der Betroffenen schnell und verständlich deutlich macht, was und wie viel verzehrt werden darf. „Ein totaler Verzicht bestimmter Lebensmittel ist nicht notwendig“, gibt Anke Graß Entwarnung. Viel wichtiger sei ein bedachter Lebensstil mit besonderer Rücksicht auf die umgestellte Ernährung.
Janine Skara
Autor: red

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