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Ein neuer Gipskompromiss?

Dienstag, 23. Oktober 2018, 22:35 Uhr
Die Ernennung des Winkelberges zum Naturschutzgebiet sei lange überfällig gewesen, meint Bodo Schwarzberg. Trotz der guten Nachrichten bleiben aber weiter Fragen offen...

Eine Menschenkette am 14.12.2014 am Winkelberg gegen die zeitgleich von der Firma Casea nur wenige Meter entfernt durchgeführten Probebohrungen. (Foto: privat) Eine Menschenkette am 14.12.2014 am Winkelberg gegen die zeitgleich von der Firma Casea nur wenige Meter entfernt durchgeführten Probebohrungen. (Foto: privat)
Es wurde Zeit, sehr geehrte Frau Ministerin. Es wurde Zeit, dass Sie als grüne Ministerin etwas präsentieren, dass der gegen den Gipsabbau eingestellten Mehrheit unserer Bevölkerung gefallen dürfte: Einen (allerdings brüchigen) Riegel für den Winkelberg namens Naturschutzgebiet. Eine solche Wohltat für unsere malträtierte Landschaft war überfällig. Und zwar unabhängig davon, ob Sie nun die erste Neuverritzung seit der Wende am Kuhberg verhindern konnten, oder nicht.

Für den außenstehenden Beobachter drängen sich dennoch eine ganze Reihe von Fragen auf:

1.)Thema Gipskompromiss: Dagmar Becker von der SPD behauptete laut nnz-Beitrag, sie habe erst nach dem Jahr 2000 von einem so genannten Gipskompromiss erfahren, der 18 Hektar der Landschaft in der Rüdigsdorfer Schweiz (Raum Winkelberg) der industriellen Verarbeitung überlässt, um den Rest als Naturschutzgebiet Rüdigsdorfer Schweiz zu sichern. Dies kann nicht stimmen, da selbst Personen außerhalb der Politik, die sich schon Mitte der 90er Jahre intensiver mit dem Winkelberg befassten, nachweislich davon Kenntnis hatten. Solche Aussagen wie die von Frau Becker machen Politik nicht glaubwürdiger.

2.)Zu befürchten ist außerdem, dass Frau Siegesmund einen neuen „Gipskompromiss“ zum Teil ihrer Agenda für unsere Landschaft gemacht haben könnte. Mögliche Bezeichnungen für diesen Kompromiss wären zum Beispiel „Kuhberg gegen Winkelberg“, „Himmelsberg gegen Winkelberg“ oder gar „Regionalplan gegen Winkelberg“. Wie stehen Sie dazu, Frau Siegesmund?

Der Winkelberg war und ist ein Politikum. Für die Ruhe am Winkelberg gab es Bürgerinitiativen, Demonstrationen und ein lautes Medienecho. In anderen für die Gipswirtschaft interessanten Ausschnitten der Gipskarstlandschaft ist die Protestkultur eher weniger geräuschvoll. Daraus nähert sich meine Befürchtung für einen neuen „Gipskompromiss“. Einen solchen deutete ja bereits Landrat Jendricke beim Forum zum Regionalplan in Heringen (siehe nnz) an: Mehr Vorrangflächen für die Zerstörung, um „noch Schlimmeres“ zu verhindern. Das aber ist Politik, die die Bevölkerung mit Recht ablehnt.

3.)Ein befürchteter neuer Gipskompromiss könnte vielleicht bedeuten, dass andere Gebiete des Südharzer Zechsteinrandes nicht zu Naturschutzgebieten erklärt, aber dafür perspektivisch zu Steinbrüchen werden, obwohl es auch für diese „Naturschutzgebiete“ schon länger Bestrebungen gibt. Bekanntermaßen befinden sich ja außer dem Winkelberg noch weitere „künftige“ Naturschutzgebiete in der Warteschleife.

4.)Im Beitrag von Herrn Glashagel ist die Rede von Mähwiesen im neuen NSG Winkelberg, - Über diese Formulierung bin ich verwundert und zugleich erfreut. Verwundert bin ich, weil die naturschutzfachlich wertvollsten Teile des künftigen NSG nach meiner Beobachtung wohl eher extensiv mit Rindern beweidet, als gemäht werden (falls ich mich getäuscht habe, umso besser). Erfreulich hingegen wäre es, wenn ganz bestimmte, zumindest kleine Bereiche, tatsächlich nur noch gemäht, statt mir Rindern beweidet werden. Dies wird ehrenamtlich von uns (BUND-Kreisverband NDH) in Abstimmung mit dem Pächter und der Unteren Naturschutzbehörde bereits auf einer kleinen Fläche am Winkelberg praktiziert, um mehrere Rote-Liste-Arten zu erhalten. Wir sind gern bereit, dies im Sinne des Beitrages zum neuen Naturschutzgebiet, auszuweiten.
Bodo Schwarzberg
Anmerkung der Redaktion:
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Autor: red

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