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Künstlerin will Licht nach Neustadt bringen

Wo Licht ist, kann Erkenntnis wachsen

Montag, 03. September 2018, 17:00 Uhr
Ein Licht wird brennen - und zwar in Neustadt. Wahrscheinlich nicht nur eines, sondern viele. Mit einem ungewöhnlichen Projekt soll die Kunst in dem kleinen Kurort Einzug halten. Zwei Monate lang wird die Künstlerin Judith Rautenberg aus Weimar an einer Licht- und Videoinstallation in Neustadt arbeiten und die Neustädter und ihre Besucher auf dem Weg von der Idee zum Erleben mitnehmen...

Judith Rautenberg, Video-Raum-Installation "In the Desert", 2015 (Foto: Judith Rautenberg) Judith Rautenberg, Video-Raum-Installation "In the Desert", 2015 (Foto: Judith Rautenberg)
Video-Raum-Installation "In the Desert" von Judith Rautenberg, 2015. Foto: Judith Rautenberg

Der Mensch fürchtet nicht die Dunkelheit, er fürchtet das Unbekannte, das Ungesehene, das sich darin verbergen mag. Erst wenn ein Licht die Finsternis durchbricht, dann traut der Mensch sich auch voranzuschreiten, neue Wege zu gehen und dem Unbekannten, dem Fremden, entgegenzutreten um am Ende, vielleicht, an Erfahrung zu gewinnen.

Der Schritt ins Unbekannte und die Selbsterkenntniss, die daraus erwachsen kann, sind zentrale Aspekte des künstlerischen Schaffens von Judith Rautenberg. Die junge Künstlerin wird in den kommenden zwei Monaten in Neustadt weilen und hier ein kulturelles Pilotprojekt umsetzen, das Kunst in den ländlichen Raum tragen soll.

Am Ende soll eine Großrauminstallation stehen, die den Betrachter dazu einlädt, sich durch Licht- und Videoinstallationen in ungewohnten Räumen neue Welten und (Selbst-)Ansichten zu erschließen.

Kunst erleben, von der Idee bis zur Umsetzung - v.l: Renate Preinesberger vom Kur- und Fremdenverkehrsverein, Bürgermeister Dirk Erfurt, Künstlerin Judith Rautenberg und Sparkassenchef Wolfgang Asche (Foto: Angelo Glashagel) Kunst erleben, von der Idee bis zur Umsetzung - v.l: Renate Preinesberger vom Kur- und Fremdenverkehrsverein, Bürgermeister Dirk Erfurt, Künstlerin Judith Rautenberg und Sparkassenchef Wolfgang Asche (Foto: Angelo Glashagel)
Wollen erlebbare Kunst nach Neustadt bringen: (v.l.) Renate Preinesberger vom Kur- und Fremdenverkehrsverein, Bürgermeister Dirk Erfurt, Künstlerin Judith Rautenberg und Sparkassenchef Wolfgang Asche.

Wie so oft wenn es um die kulturellen Belange im Landkreis geht war es auch hier wieder einmal die Sparkassenkulturstiftung, die den Ausschlag gab. Nach zahlreichen Ausstellungen, Kabarett-, Kunst-, und Musikabenden schlägt man mit dem zweimonatigen Stipendium neue, experimentellere Bahnen ein. Im Vordergrund stehe die Idee, Kunst nicht nur in den urbanen Zentren zu präsentieren, sondern sie auch in den ländlichen Raum zu tragen, erklärte Sparkassenchef Wolfgang Asche am Vormittag, "wir sind als Sparkasse dort zu Hause wo die Menschen wohnen und wir wollen unseren Beitrag leisten den ländlichen Raum auch kulturell lebenswert zu gestalten".

Neustadt war da bisher eine Art "weißer Fleck" auf der Landkarte des Südharzes, musikalisch könne man zwar einiges vorweisen, meinte Bürgermeister Dirk Erfurt, in der bildenden Kunst hätte man aber durchaus noch Nachholbedarf.

Letztere sollte nach Wunsch der Gemeinde aber nicht im stillen Kämmerlein geschaffen und dem geneigten Publikum erst in finaler Form präsentiert werden, sondern die Neustädter und ihre Besucher auf dem Weg zum fertigen Kunstwerk mitnehmen. Judith Rautenberg plant zu diesem Zweck Tage des "offenen Ateliers" und "Baunachmittage", bei denen das Publikum den Prozess von der Idee zur Umsetzung begleiten oder sogar selbst Hand anlegen kann. "Der Input von außen bringt immer auch einen anderen Blick mit sich und ermöglicht es mir mein eigenes Tun aus einem anderen Winkel zu betrachten. Da können noch einmal ganz neue Türen im Kopf aufgehen", sagt Rautenberg, was am Ende ihrer Arbeit entsteht, bleibt aber in der Hand der Künsterlin.

Ihr eigener Weg zur Kunst verlief nicht geradlinig, ein Studium der Ethnologie, sowie zahlreiche Reisen und letztlich auch ein traditionelles Kunststudium bilden heute das Fundament ihrer Arbeit, erläutert die Weimarerin, die Theorien der Ethnologie zur Erschließung bis dato unbekannter Umgebungen und die eigenen Erfahrungen in der Fremde übersetzt sie in ihre Installationen, versucht dabei aber auch ihre Ideen soweit zu verallgemeinern, das sie auch für den Betrachter und nicht allein für den Künstler zugänglich sind. Sie erzählt Geschichten, geboren aus der eigenen Welterfahrung, aber frei zugänglich, form- und wandelbar, für den Geist, der sich zu öffnen vermag. Anders ausgedrückt: ob man zwischen Licht und Schatten, Farbe, Form und Gestalt auch Erleuchtung findet, muss jeder für sich selbst herausfinden. Sie sei nicht dazu da, die Leute mit Informationen und Interpretationen zu füllen, sondern hofft darauf, im Betrachter eigene Denkprozesse anzustoßen, sagt Rautenberg.

In rund zwei Monaten soll das Pilotprojekt seinen Abschluss mit einem kleinen "Lichtfest" finden, bei dem die Installation erlebt werden kann. Wo und wann genau, das steht noch nicht fest, zunächst müsse sie sich mit dem Ort, seiner Umgebung und seinen Menschen vertraut machen, erklärt die Künstlerin. Auf Tuchfühlung mit den Neustädtern wird sie schon morgen gehen, erste Treffen mit den Vereinen des Ortes sind bereits anberaumt. Wann die "offenen Ateliers" stattfinden wird rechtzeitig bekannt gegeben.
Angelo Glashagel
Autor: red

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