nnz-online
Wacker Fans sorgen für Stimmung beim Hauptausschuss

Herr Buchmann, verhindern Sie nicht das Stadion

Mittwoch, 22. August 2018, 22:30 Uhr
Vor knapp vier Jahren stand man fast an der gleichen Stelle. Der Oberbürgermeister hieß damals Klaus Zeh, die Forderungen der Wackerfans waren die gleichen, die sich der heutige Oberbürgermeister anhören musste. Mehr Unterstützung für den Albert-Kuntz-Sportpark. Endlich klare Ansagen. Doch so einfach ist das nicht. Wie verfahren die Situation aktuell ist, konnte man heute im Hauptausschuss beobachten...

Wacker-Fans vor dem Bürgerhaus (Foto: Angelo Glashagel) Wacker-Fans vor dem Bürgerhaus (Foto: Angelo Glashagel)

Eigentlich könnte sie eine Fallstudie sein, die "Causa AKS", ein Beispiel dafür, wie sich ein an sich einfacher Sachverhalt in kürzester Zeit verkomplizieren kann. Ein Kabelsalat der Kommunalpolitik.

Die Studien

Wir steigen mit unserer Berichterstattung mitten im Spiel ein, die Partie läuft nun schon ein paar Jahre, ihr Ende scheint aber absehbar. Mit zwei frischen Angreifern kam zuletzt neuer Schwung ins Spiel. Gemeint sind zwei Studien zur Machbarkeit eines Umbaus, die vom Rathaus in Auftrag gegeben worden waren und dem bisherigen Konzept der Heringer Firma Habau in vielen Punkten entgegensteht, vor allem bei der zentralen Frage der Kosten. Das Habau-Papier war die Grundlage und vielleicht auch der Strohhalm, an dem man sich über die letzten Jahre geklammert hat. Nun gibt es zwei weitere Studien, die sich mit einem Umbau auf bis rund 5.000 Sitzplätze, einer möglichen Drittligatauglichkeit mit bis zu 10.000 Sitzplätzen und einer "Vision" von der Bundesliga befassen und die der Einfachheit halber zusammengefasst werden. Beide Teile wurden heute dem Hauptausschuss ausführlich von Vertretern der beiden Beauftragten Büros vorgestellt. Der Ball lag gestern bei Habau, heute waren die Mitbewerber dran.

Die Diskussion um die Studien rauschte in den letzten Tagen kräftig durch den analogen und digitalen Blätterwald, viel Neues hatte die heutige Präsentation dem nicht hinzuzufügen. Im baulichen Bereich zeigen sich in der 5.000 Zuschauer-Variante nicht viele Unterschiede zu den alten Habau-Plänen. Man habe ein "kleines Modell" vorgestellt, das in seinem Kern aber durchaus vergleichbar mit Großstadien sei, erklärte Matthias Schöner vom Büro Albert Speer und Partner. Für einen Ausbau auf 10.000 Plätze könnte vergleichsweise einfach angebaut werden.

Matthias Schöner erläuterte die baulichen Vorstellungen der Planungsbüros (Foto: Angelo Glashagel) Matthias Schöner erläuterte die baulichen Vorstellungen der Planungsbüros (Foto: Angelo Glashagel)

Kritisch wird es beim zweiten Teil der Studie, die sich mit der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens befasste. Die "Vision" habe man gar nicht erst weit verfolgt, führte Heinrich Schmidt vom Büro Drees & Sommer aus und selbst die Drittligavariante halte man für unrealistisch. Bleibt der Ausbau auf 5.000 Plätze und hier kommen die großen Diskrepanzen zur alten Studie ins Spiel. Mit Kosten von 15.326.500 Euro würden die Pläne deutlich teurer ausfallen, in mehreren Kostenpositionen wie "Herrichten und Erschließen" oder in den Bereichen "Außenanlagen" und "Baunebenkosten" fallen signifikante Unterschiede auf.

Man habe langjährige Erfahrung im Stadionbau, gaben die beiden Herren zu Protokoll, von der Allianz-Arena bis zum Regionalstadion habe man schon alles gemacht. Die Analyse der beiden Büros stelle eine "belastbare und sichtbare Kostenermittlung dar, die jeder Nachfrage standhält". Man habe "angemessene Qualität" angenommen, von "Prunk" könne keine Rede sein. Die Pläne der Habau seien in vielen Punkten nachvollziehbar, an anderer Stelle aber nicht stichhaltig, so die Kritik der Büros.

Das Rathaus und die Stadträte

Annahme und Pass zu Buchmann. Für den Oberbürgermeister war das Thema AKS mit den Erläuterungen der Büros noch nicht zu Ende. In einem vorbereiteten und ausführlichem Statement legte der OB dem Hauptausschuss noch einmal den Werdegang der Beauftragung und die Aufgabenstellung dar. Er habe dank der "Prinzipstudie" nun endlich belastbare Zahlen, die Habau'schen Erhebungen hätten schon einer kurzen Begutachtung durch das Bauamt nicht standgehalten und seien ein "Wunschkonzert" gewesen. Man könne als Stadt nicht wie ehedem beim Bau der Bibliothek mit unrealistischem Finanzbedarf in das Projekt gehen, das sei dem Bürger nicht mehr vermittelbar, unterstrich Buchmann.

Zwischen den Stadträten und dem OB kriselt es weiter (Foto: Angelo Glashagel) Zwischen den Stadträten und dem OB kriselt es weiter (Foto: Angelo Glashagel)

Sofort nach Eingang der Studien habe er die Fraktionsvorsitzenden und in der Folge auch alle weiteren Beteiligten informiert. Hieran erhitzen sich derweil die Gemüter der Stadträte. Denn im Vorfeld hatte das Rathaus niemanden über die in Auftrag gegebenen Studien informiert, obwohl es mit diversen zuständigen Ausschüssen und einer Stadtratssitzung ausreichend Möglichkeit gegeben hätte für Transparenz zu sorgen. Zudem blieb die zweigeteilte Analyse in beiden Fällen knapp unter der Marke von 25.000 Euro, bei der die Stadträte hätten involviert werden müssen.

Da bleibt zumindest ein schaler Nachgeschmack, auch wenn die Damen und Herren Stadträte heute bekundeten, dass es selbstverständlich einer vernünftigen Zahlengrundlage bedürfe um weiter zu reden.

Ganz so einig wie das schien ist man sich aber wohl doch nicht und das ist der nächste Akt in der "Causa AKS": der Ältestenrat. Hier wurden die Studien besprochen und von hier ging die Informationen, entgegen der üblichen Verschwiegenheit, an die Presse, was wiederum eine veritable Lawine an Artikeln und Kommentaren nach sich zog. Das Ergebnis war inzwischen zu hören: die Wackerfans waren rund eine Stunde nach Beginn des Ausschusses vor dem Bürgerhaus aufgetaucht und machten lautstark auf sich aufmerksam.

Jens Eisenschmidt und Rainer Bachmann sorgten für Ruhe vor dem Ratssaal (Foto: Angelo Glashagel) Jens Eisenschmidt und Rainer Bachmann sorgten für Ruhe vor dem Ratssaal (Foto: Angelo Glashagel)

Ein solcher "Zinnober" sei seine Intention nicht gewesen, beteuerte der OB, er habe mit den Studien auf eine sachliche und fachliche Ebene zurückkehren wollen. Erreicht hat man das Gegenteil, der Nährboden für Gespräche werde immer schlechter, beklagte etwa Holger Richter (Bündnis '90/Die Grünen), hier versuche jemand die Gespräche zu torpedieren, sein Vertrauen in den Ältestenrat sei nachhaltig gestört. Dem schloss sich auch Claus-Peter Roßberg an, er habe sogar eine Zeit lang überlegt sein Stadtratsmandat aus Protest niederzulegen. Der Durchstich aus dem Ältestenrat sei eine "Grenzüberschreitung", Vertraulichkeit müssen in diesem Rahmen die Grundlage der Zusammenarbeit bilden. Das Auftreten der Fans hingegen sein ein Ausdruck gelebten Bürgerwillens und sehr willkommen, so der Tenor im Ausschuss.

Der AKS auf dem Verhandlungstisch

Offensichtliche Querelen und verdeckte Fouls in der eigenen Mannschaft also, kann ein Wechsel auf das Landratsamt das Spiel da noch drehen? Die Idee des Landkreises der Stadt die Bürde AKS-Umbau abzunehmen mag zunächst charmant klingen, aber auch hier laufen die Fäden tiefer in den Knoten hinein. Ein Verhandlungsgespräch zwischen Stadt- und Kreisverwaltung gab es bereits, das war Anfang August. Zu einem zufriedenstellendem Ergebnis habe man dabei nicht kommen könne, führte heute OB Buchmann aus. Auf einen weiteren Termin warte man noch.

Das der besser verläuft als der erste ist derweil nicht ausgemacht. Denn letztlich ist der AKS Verhandlungsmasse. Der Landkreis möchte gerne den Streit um die Kreisumlage vom Tisch haben. Einem Gerichtsurteil aus dem vergangenen Jahr zufolge hatte der Kreis seinen Kommunen über Jahre zuviel Geld abverlangt, inzwischen hat man sich, ohne weitere Verfahren, mit den Kommunen ins Benehmen gesetzt. Lediglich Nordhausen als größte Gemeinde des Kreises fehlt in dieser Reihe noch. Diese spezielle Auseinandersetzung ist nun auch Teil der "Causa AKS", nur knappe zwei Stunden vor der Sitzung sei ein neuer Vertragsentwurf des Landkreises im Rathaus eingegangen, informierte der Oberbürgermeister, er habe schon nach dem lesen des ersten Satzes abbrechen müssen, hiermit müsse sich die Rechtsabteilung noch einmal befassen. Viel Hoffnung auf eine baldige Einigung macht das nicht.

Und das alles ist erst der Anfang. Auch im Kreistag wird man sich demnächst wieder mit dem Thema auseinandersetzen müssen und auch hier habe man "Bauchschmerzen" angesichts der aktuellen Entwicklung, sagte Stadtrat Roßberg, der auch Kreistagsmitglied ist.

Die Fans

Das Spiel tobt weiter hin und her, es gibt reichlich Fouls in den eigenen Reihen und der Schiri hat eigentlich schon die Nachspielzeit ausgerufen. Viel Zeit irgendetwas auf die Beine zu stellen hat man tatsächlich nicht mehr. Das wissen auch die Fans. In Blau und Weiß gekleidet, bewaffnet mit Transparenten, Trommeln und Stadionerprobten Stimmen machten sie heute ihrem Frust Luft, erst vor dem Bürgerhaus, dann vor dem Ratssaal.

Buchmann zu den Wacker-Fans: das sind alte Probleme die endlich gelöst werden müssen (Foto: Angelo Glashagel) Buchmann zu den Wacker-Fans: das sind alte Probleme die endlich gelöst werden müssen (Foto: Angelo Glashagel)

Allerdings nicht in der öffentlichen Sitzung selbst, sondern davor. Für Ruhe vor dem Ratsaal sorgten schließlich Rainer Bachmann, Stadtrat und selber bekennender Wackerfan und Jens Eisenschmidt. Auch das war so ein Bild, das man im November 2014 so ähnlich schon einmal gesehen hatte. Die Fans blieben wie damals friedlich, "wer schreit liegt falsch", hieß es vor dem Ratssaal und Eisenschmidt lobte die Fankultur seines Vereins.

Doch nach vier und mehr Jahren sitzt der Frust tief. Wieder steht man hier und hat die gleichen Fragen. Wie geht es weiter? Was ist da nur in der Stadt los? Warum geht es nicht endlich vorwärts? Man habe es mit alten Problemen zu tun, sagte OB Buchmann als er schließlich vor die versammelten Fans trat, Probleme die zu lange liegen geblieben seien und die nun endlich angepackt werden müssten und zwar bald, sehr bald. Dafür gab es Applaus von den Fans, aber auch das Versprechen zum nächsten Stadtrat am 5. September wieder aufzuschlagen.

Vorwärts!

Das Spiel um den AKS ist noch nicht abgepfiffen, doch die Zeit wird knapp. Man habe nun Zahlen, mit denen man arbeiten könne und müsse, da herrschte weitestgehende Einigkeit im Hauptausschuss. Man müsse "zurück zur Lösung" und zurück zum Gespräch. Der Fahrplan dahin steht immerhin fest, Stadtrat, Kreistag und Ausschüsse werden Anfang September wieder tagen, bis zum November muss dann eine Entscheidung her, oder man läuft Gefahr die Fördermittel aus Erfurt aufs Spiel zu setzen.

Die Stadt, der Verein und seine Fans, sie standen schon einmal an diesem Punkt. Ob sich die Geschichte wiederholt oder doch noch der erlösende Treffer landet, das entscheidet sich in den kommenden Tagen.
Angelo Glashagel
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de