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Ministerpräsident auf Sommerreise

Alte Häuser und neue Müllhalden

Donnerstag, 12. Juli 2018, 21:00 Uhr
Sommerzeit ist Reisezeit, auch für Ministerpräsidenten. Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow war heute in Nordthüringen zu Gast. Auf dem Programm standen ehrenamtliches Engagement und Kulturentwicklung in Heringen und Fragen rund um Rohstoffgewinnung und Abfallverwertung hoch über Nordhausen...

Ministerpräsident Bodo Ramelow zu Besuch am Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode (Foto: Angelo Glashagel) Ministerpräsident Bodo Ramelow zu Besuch am Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode (Foto: Angelo Glashagel)

Rund 911.000 Tonnen Müll fielen in Thüringen im Jahr 2016 an. Im Nordthüringer Raum enden die meisten Abfälle auf dem Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode, idyllisch gelegen auf den Berghängen hinter Steinbrücken, weit ab von den Augen und Nasen der Nordhäuser.

Mit dem Verbot der Brenntage stieg auch hier das Aufkommen an Grünabfall seit 2015 rasant an, im ganzen Freistaat verzeichnete man damals einen signifikanten Anstieg um fast 27.000 Tonnen. Der Landkreis Nordhausen reagierte damals mit der "Grünabfallkarte", für einen moderaten Beitrag konnten Besitzer der Karte ihren Grünabfälle aus Hof und Garten bei den Stadtwerken abliefern.

Es ist eine kleine Erfolgsgeschichte, erst vor wenigen Wochen weihte man bei den Südharzwerken weitere Lagerflächen für den Grünabfall ein, der hier zu natürlichem Dünger weiter verarbeitet und an Besitzer der Karte abgegeben oder an Landwirte verkauft.

Das Modell besah sich heute auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Der befindet sich unter dem Motto "Zukunft Thüringen" gerade auf seiner Sommertour und besuchte neben der Deponie auch den Kyffhäuserkreis und die Gemeinde Heringen. In der Goldenen Aue interessierte man sich für die Entwicklung des Kulturraumes rund um das Heringer Schloss und die Initiative der Stiftung "Goldene Aue", die derzeit dabei ist das alte Landambulatorium im Ort wieder herzurichten. "Das ist ein Kraftakt wie man ihn selten sieht in Thüringen", lobte der Ministerpräsident, es sei spannend zu sehen wie hier eine private Initiative Geld in die Hand nehme, einen Mehrwert für ihren Ort schaffe.

Ministerpräsident Bodo Ramelow zu Besuch am Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode (Foto: Angelo Glashagel) Ministerpräsident Bodo Ramelow zu Besuch am Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode (Foto: Angelo Glashagel)

Um Mehrwerte geht es letztlich auch in Nentzelsrode. Anders als noch bis 2005 üblich wird der Müll hier nicht einfach nur verklappt sondern soweit als möglich weiter verarbeitet. Der Gedanke das man alsbald an einen Punkt kommen werde an dem nichts mehr auf einer Deponie abgeladen werden müsse, habe sich aber als Trugschluss herausgestellt, sagte Dagmar Becker, SPD-Abgeordnete aus Nordhausen. Das Land gehe in der Planung seiner Deponien nicht strategisch genug vor, kritisierte auch Landrat Jendricke, man würde gerne wissen wohin die Reise langfristig gehe, eine Komplettverwertung bleibe unrealistisch.

Tatsächlich nähern sich die zwei aktiven "Polder" der Deponie langsam ihrer Belastunggrenze, in sechs bis acht Jahren könnten die Kapazitäten ausgeschöpft sein, je nach Abfallaufkommen, erklärte Sebastian Huck, Betriebsleiter der Anlage für Restabfallverwertung der Firma Remondis, die auch den Rest der Deponie verwaltet. Dann müsste eine weitere Lagerstätte her, Pläne dafür gab es in den 90er Jahren bereits und an Platz mangelt es nicht, wohl aber am Konsens zwischen den Beteiligten Landkreisen.

Grünabfallverarbeitung am Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode (Foto: Angelo Glashagel) Grünabfallverarbeitung am Abfallwirtschaftszentrum Nentzelsrode (Foto: Angelo Glashagel)

Über den "Altkörpern" der Anlage, in der seit 1969 Müll abgelagert wurde, wächst inzwischen Gras und Buschwerk, einer der Hügel wurde mit Photovoltaikanlagen bebaut. Darunter gärt es weiter, die Abbauprozesse verschiedener Stoffe können sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinziehen.

Um den Schaden für die Umwelt zu minimieren müssen die alten Halden ordentlich abgedeckt sein, ein Problem mit dem auch das Erbe des Bergbaus in der Region behaftet ist. Der beschäftigt immer noch rund 4.500 Bergleute in Thüringen, erläuterte Ministerpräsident Bodo Ramelow, die Frage wie man hier mit Rohstoffgewinnung und Entsorgungskonzepten umgehen wolle werde das Land noch lange begleiten. Den Unternehmen, die noch da sind, dürfe man nicht "die Beine zusammenbinden" indem man zu hohe Anforderungen etwa an die Abdeckung stelle.

Wie hier Lösungen aussehen könnten, darüber will man im Herbst auf einem "Kali-Gipfel" in Sondershausen beraten, kündigte Ramelow an.
Angelo Glashagel
Autor: red

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